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S. 417 Sage mir, was ist schöner als der Himmel? Was gibt es Schöneres als die Sterne? Du kannst mir keinen Körper nennen, der also leuchtet; du kannst mir keine Augen nennen, die also strahlen. Über ihre Erschaffung staunten dereinst die Engel und staunen auch wir jetzt noch, aber nicht mehr im gleichen Maße wie anfangs. Das ist die Macht der Gewohnheit, sie läßt uns nicht mehr im gleichen Maße erstaunen. Wie viel mehr trifft dies bei der weiblichen Schönheit zu. Kommt dann gar noch eine Krankheit hinzu, so ist mit einmal die ganze Herrlichkeit verflogen. Suchen wir an einer Frau Zuneigung, Bescheidenheit und Milde! Das sind die Kennzeichen der wahren Schönheit. Körperliche Reize aber wollen wir nicht suchen, noch ihr über etwas Vorwürfe machen, was nicht in ihrer Macht steht; oder besser gesagt, wir wollen ihr überhaupt keine Vorwürfe machen - denn das tun nur rücksichtslose Menschen -, keinen Widerwillen und keine Abneigung gegen sie zeigen. - Oder seht ihr nicht, wie viele, die mit reizenden Frauen verheiratet waren, ein klägliches Ende genommen haben, und anderseits wie viele mit nicht besonders schönen Frauen ganz vergnügt bis ins höchste Greisenalter gelebt haben? Die innerlich Flecken laßt uns abwischen, die innerlichen Falten glätten, die Schäden der Seele beheben! Das ist die Schönheit, welche Gott sucht. Für Gott, nicht für uns wollen wir sie schönmachen! - Suchen wir nicht Geld noch äußeren Adel, sondern den Adel der Seele! Niemand erwarte, durch seine Frau reich zu werden! Denn solcher Reichtum ist schmählich und verächtlich. Überhaupt suche niemand hienieden reich zu werden! „Denn die reich werden wollen“, sagt der Apostel, „fallen in Versuchung, in törichte und schädliche Begierden, in Fallstricke, in Untergang und Verderben“1 . Suche also an der Frau nicht Überfluß an Geld, und du wirst alles andere leicht finden. Wer wird denn die Hauptsache S. 418 außer acht lassen und sich um Nebendinge kümmern? Und doch machen wir es leider überall so. Wenn wir einen Sohn haben, so sind wir nicht darauf bedacht, daß er gut werde, sondern daß wir für ihn eine reiche Frau bekommen; nicht daß er wohlgesittet, sondern daß er wohlbemittelt werde. Und wenn wir einen Beruf wählen, so kümmern wir uns nicht darum, daß er uns von Sünden frei bewahre, sondern daß er uns großen Gewinn eintrage. Das Geld geht uns über alles. Deshalb herrscht allgemeine Verderbnis, weil uns diese Liebe zum Geld fesselt.
V.28: „So sollen“ heißt es weiter, „auch die Männer ihre Weiber lieben wie ihren eigenen Leib.“
Was bedeuten diese Worte? Der Apostel geht damit gleichsam auf einen stärkeren Vergleich und ein schlagenderes Beispiel über; nicht allein das: es ist auch näherliegend und einleuchtender und macht einen zweiten Grund namhaft. Denn der frühere war nicht besonders zwingend. [Man konnte dagegen einwenden:] Ja, das war Christus, er war Gott und gab sich selbst dahin. Also geht er im folgenden das Thema in anderer Weise an und sagt: „so sollen sie“. Es steht nicht mehr in ihrem freien Belieben, sondern es ist ihre Schuldigkeit. Und: „wie ihren eigenen Leib“. Warum?
V.29: „Denn niemand hat noch sein eigenes Fleisch gehaßt, sondern man hegt und pflegt es ...“
Das heißt: man trägt dafür angelegentlich Sorge. Inwiefern ist es sein eigenes Fleisch? Höre, was die Schrift sagt: „Das ist nun Bein von meinem Gebein und Fleisch von meinem Fleisch.“ [Denn aus unserem Stoffe ist es geworden.] Und nicht bloß dies, sondern es heißt auch: „Und sie werden ein Fleisch sein“2 . „... so, wie auch Christus die Kirche [geliebt hat].“ Er kommt auf den früheren Vergleich zurück.
S. 419 V.30: „Denn wir sind Glieder seines Leibes, von seinem Fleisch und von seinem Gebein.“
So wie nämlich von Adam, aus seinem Fleisch und Gebein, das Weib gebildet ward. Denn das sind die Hauptbestandteile an uns, Fleisch und Gebein; dieses der Grundlage vergleichbar, jenes dem daraufruhenden Baue. Doch das leuchtet ein; wie aber ist unsere Stelle zu verstehen? Der Sinn ist: Gleichwie dort innigste Verwandtschaft herrscht, so auch hier. - Was heißt: „von seinem Fleisch“? Das heißt: in Wahrheit von ihm. Und inwiefern sind wir so Glieder Christi? Weil wir ebenso geworden sind wie er. Wieso aber „von seinem Fleische“? Das wißt ihr alle, die ihr an den heiligen Geheimnissen teilnehmet; denn dadurch werden wir augenblicklich umgeschaffen. Und wie geschieht das? Höre wiederum den Ausspruch des heiligen Apostels: „Weil nun die Kinder teilhaben an Fleisch und Blut, so nahm er ebenfalls solches an“3 . Aber hier teilt er sich uns mit, nicht wir uns ihm. Wie sind wir also von seinem Fleisch und von seinem Gebein? Einige verstehen dies von dem Blut und dem Wasser4 , aber mit Unrecht. Vielmehr gleichwie Christus ohne ehelichen Umgang vom Heiligen Geiste gezeugt worden ist, dasselbe werden auch wir durch das Taufbad. Beachte die Menge der Beispiele, um diese Art von Zeugung glaubwürdig zu machen! - O des Unverstandes der Irrlehrer! Das schon Gezeugte, aus Wasser gezeugt, wird wirklich Gezeugtes und Körper!? Wie sind dann wir von seinem Fleisch und von seinem Gebein? Auf diese Weise: Aus seinem vollkommenen Wesen wurde Adam gebildet, wurde Christus gezeugt. Wie? Er nahm aus seiner Seite. Bei der Kreuzigung erfolgte die Vernichtung. Auch wir sind des gleichen Wesens mit ihm. Er hat den göttlichen Logos in sich; auch wir.
S. 420 V.31: „Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen und seinem, Weibe anhangen, und die beiden werden ein Fleisch sein.“
