1.
Vers 14: „Stehet also fest, eure Hüfte umgürtet mit Wahrheit, und angetan mit dem Panzer der Gerechtigkeit,
V.15: und die Füße beschuht mit der Bereitschaft für das Evangelium des Friedens;
V.16: zu allem ergreifet den Schild des Glaubens, mit welchem ihr alle feurigen Pfeile des Bösen auslöschen könnt;
S. 479 V.17: und nehmet den Helm des Heiles und das Schwert des Geistes, welches das Wort Gottes ist.“
„Eure Hüfte umgürtet mit Wahrheit“, sagt der Apostel. Was heißt denn das? Wir haben es im letzten Vortrag ausgeführt; daß wir nämlich gut gerüstet sein müssen, und daß uns nichts im Laufe behindern darf. - „Und angetan“, fährt er fort, „mit dem Panzer der Gerechtigkeit.“ Gleichwie der Panzer vor Verwundungen schützt, so auch die Gerechtigkeit. Unter Gerechtigkeit aber versteht er hier den allgemein guten und tugendhaften Lebenswandel. Wer einen solchen führt, den wird niemand je zu Falle bringen; so viele ihn auch treffen mögen, so durchbohrt ihn doch niemand, selbst der Teufel nicht. Solche sind sozusagen brustbewehrt mit den Werken der Gerechtigkeit. Von ihnen sagt Christus: „Selig sind, die Hunger und Durst haben nach der Gerechtigkeit, denn sie werden gesättigt werden“1 . Er ist stark gleich einem Panzer. Ein solcher wird nie und nimmer sich vom Zorne hinreißen lassen. - „Und die Füße beschuht mit der Bereitschaft für das Evangelium des Friedens.“ Diese Stelle ist etwas undeutlich. Was meint er? Er versieht uns mit vortrefflichen Beinschienen. Entweder also besagt er das damit, daß wir für das Evangelium begeistert seien, daß wir für dasselbe unsere Füße brauchen, ihm den Weg bahnen und bereiten sollen; oder wenn nicht das, daß wir für unsere eigene Person bereit sein sollen, die Welt zu verlassen. Die Bereitschaft für das Evangelium, was ist sie mithin anderes als ein vollkommener Lebenswandel? Wie es auch bei dem Propheten heißt: „Die Bereitschaft ihres Herzens hat beachtet sein Ohr“2 ; d. h. das Gerüstetsein. -
Er sagt: „für das Evangelium des Friedens.“ Mit Recht. Da er nämlich von Krieg und Kampf gesprochen, zeigt er jetzt, daß wir den Kampf gegen die Dämonen richten müssen; denn das S. 480 Evangelium ist eine frohe Botschaft des Friedens. Jener Krieg hebt einen anderen Krieg auf, den gegen Gott. Wenn wir mit dem Teufel Krieg führen, so leben wir in Frieden mit Gott. Fürchte dich darum nicht, mein Lieber! Eine frohe Botschaft ist es. Schon ist der Sieg errungen. - „Zu allem ergreifet den Schild des Glaubens!“ Er meint hier den Glauben, nicht insofern er die Erkenntnis vermittelt - denn sonst hätte er ihn nicht so weit hintangesetzt -, sondern insofern er Zeichen wirkt. Mit Recht nennt er diesen Glauben einen Schild. Gleichwie nämlich der Schild zum Schutze des ganzen Körper vorgehalten wird, daß er ihn einer Mauer gleich decke, so auch der Glaube; alles muß ihm weichen. - „Mit welchem ihr“, fährt er fort, „alle feurigen Pfeile des Bösen auslöschen könnt.“ Nichts vermag diesem Panzer zu widerstehen. Höre nur, was Christus zu seinen Jüngern spricht: „Wenn ihr einen Glauben habt wie ein Senfkörnlein, so dürft ihr zu diesem Berge sagen: Versetze dich von hier dorthin! und er wird sich versetzen“3 . Wie aber werden wir den Glauben haben? Wenn wir jene Wehr in der rechten Weise anwenden. - Mit den „Pfeilen des Bösen“ aber meint er die Versuchungen und ungeordneten Begierden. „Feurige“ nennt er sie; denn also sind die Begierden beschaffen. Gebietet aber der Glaube den Dämonen, dann um so mehr den Leidenschaften der Seele. -
„Und nehmet den Helm des Heiles“, heißt es, d. h. eures Heiles; denn er schirmt sie von allen Seiten. - „Und das Schwert des Geistes, welches das Wort Gottes ist.“ Entweder er versteht darunter den Heiligen Geist, oder er spricht von dem geistigen Schwerte. Denn durch dieses wird alles durchschnitten, durch dieses wird alles durchbohrt, durch dieses hauen wir sogar dem Drachen den Kopf ab.
S. 481 V.18: „Mit allem Gebet und Flehen“, fährt er fort, „betet allezeit im Geiste und wachet dazu in aller Beharrlichkeit und Fürbitte für alle Heiligen
V.19: und [betet] auch für mich, daß mir [rechte] Rede gegeben werde bei Eröffnung meines Mundes, um mit Freimütigkeit das Geheimnis des Evangeliums kundzutun,
V.20: für welches ich das Botschaftsamt in Banden übe, damit ich hierin Freimut zeige, wie es meine Pflicht ist.“
Gleichwie das Wort Gottes alles vermag, so auch derjenige, welcher die Gnadengabe des Hl. Geistes besitzt. „Denn lebendig ist das Wort Gottes“, sagt der Apostel, „und wirksam und schärfer als jedes zweischneidige Schwert“4 . Beachte die Einsicht unseres Heiligen! Er hat die Seinigen mit aller Sorgfalt und Sicherheit gewaffnet; was erübrigt sich noch? Den König anzurufen und zu bitten, daß er ihnen die Hand reiche. Er sagt: „Mit allem Gebet und Flehen betet allezeit im Geiste.“ Denn das heißt nicht im Geiste beten, wenn einer bloß plappert. - „Und wachet dazu“, fügt er bei, d. h. - seid nüchtern! Denn diese Eigenschaft muß der Gewappnete, der neben dem Könige steht, besitzen: Wachsamkeit und Nüchternheit. - „In aller Beharrlichkeit und Fürbitte für alle Heiligen; und [betet] auch für mich, daß mir [rechte] Rede gegeben werde bei Eröffnung meines Mundes.“ Was sagst du, heiliger Paulus? Deiner Schüler bedarfst du? - Ganz treffend ist der Ausdruck: „bei Eröffnung meines Mundes“. Er war also nicht darauf bedacht, was er reden würde, sondern hielt sich ganz an die Versicherung Christi: „Wenn sie euch überliefern, so kümmert euch nicht darum, wie oder was ihr reden sollt“5 . So tat er alles im S. 482 Glauben, verließ sich bei allem auf die Gnade. - Er fährt fort: „Um mit Freimütigkeit kundzutun das Geheimnis des Evangeliums“; d. h., um dafür in der gehörigen Weise einzutreten. - Du liegst in Banden und bittest andere um Hilfe? Ja, sagt er; denn auch Petrus lag in Banden, aber dennoch ward Gebet ohne Unterlaß für ihn verrichtet6 . - „Für welches ich das Botschaftsamt in Banden übe, damit ich hierin Freimut zeige, wie es meine Pflicht ist“; d. h. damit ich mit großer Freimütigkeit, Mannhaftigkeit und Verständnis Rede und Antwort stehen könne.
V.21: „Damit ihr aber erfahret, wie es um mich steht, wie es mir ergeht, so wird euch Tychikus, der vielgeliebte Bruder und treue Diener im Herrn, alles kundtun.“
