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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In epistulam ad Philippenses Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Philipper (BKV)
Vierte (Dritte) Homilie. *Phil. I, 18—24.*

3.

Dies alles sagt er offenbar den Philippern zum Troste. Glaubet nicht, spricht er, daß ich mit diesem Leben etwas einbüße; habe ich ja sogar bei Lebzeiten nicht dieses Leben gelebt, sondern ein Leben nach dem Willen Christi. Denn sage mir: Wer nichts fragt nach Geld und Gut, nach Üppigkeit, nach Hunger und Durst, nach Gefahren, nach Gesundheit, nach Leib und Leben, lebt ein solcher dieses gewöhnliche Leben? Wer hienieden nichts besitzt, wer zu wiederholten Malen und ohne Widerstreben entschlossen ist, im Falle der Not das Leben in die Schanze zu schlagen, lebt ein S. 50 solcher dieses gewöhnliche Leben? Keineswegs. — Doch ich muß euch das an einem Beispiele klar machen. Angenommen, es besitze jemand großen Reichtum und habe Dienerschaft und Gold in Menge, mache aber von all dem keinen Gebrauch: ist ein solcher bei all diesem Reichtum reich? Keineswegs. (Gesetzt ferner,) er sehe gleichgültig zu, wie seine Söhne das Vermögen zweck- und planlos vergeuden; er kümmere sich um nichts davon; er werde mißhandelt und empfinde keinen Schmerz darüber: werden wir da sagen, er lebe im Reichtum? Keineswegs; und doch ist derselbe sein Eigentum. — „Mir,“ heißt es, „ist das Leben Christus.“ Wenn du mein Leben erforschen willst —: Er ist es. — „Und das Sterben Gewinn.“ Warum? Weil ich ihn klarer erkennen und inniger mit ihm verbunden sein werde; so daß das Sterben vielmehr ein Leben ist. Meine Mörder werden mir keinen Schaden zufügen, wenn sie mich in mein wahres Leben hinübersenden und von diesem, mit dem ich nichts zu tun habe, befreien. — Wie also? Gehörtest du, so lange du hienieden warst, nicht Christus an? — Ganz gewiß.

V. 22: „Wenn aber das Leben im Fleische, wenn dieses fruchtbar für mein Wirken ist, so weiß ich nicht, was ich vorziehen soll.“

Damit nicht jemand einwende: Wenn also im Jenseits dein wahres Leben ist, warum hat Christus dich hier auf Erden gelassen? — so antwortet er: Es ist fruchtbar für mein Wirken. Man kann also auch von dem gegenwärtigen Leben gehörigen Gebrauch machen, wenn man es nicht lebt; damit du nicht etwa meinest, er habe das irdische Leben verlästern wollen. Denn wenn wir hienieden zu gar nichts nützlich sind, warum beseitigen wir uns nicht selbst, töten wir uns nicht? — beileibe nicht, spricht er; wir können auch hienieden Vorteil ziehen, wenn wir nicht dieses irdische Leben leben, sondern das andere (himmlische). — Aber da wird vielleicht einer fragen: Ja, trägt denn dieses dir Frucht? — Ja, lautet seine Antwort. — Wo sind jetzt die Häretiker? Sieh da, das Leben im Fleische, dieses ist fruchtbar für sein Wirken! „Was ich aber jetzt lebe S. 51 im Fleische, das lebe ich im Glauben1.“ Aus diesem Grunde ist es fruchtbar für sein Wirken. — „So weiß ich nicht, was ich vorziehen soll.“ O wie groß war seine Weisheit! Wie verstand er es, die Anhänglichkeit an das irdische Leben über Bord zu werfen, ohne dieses selbst zu verwerfen! Denn durch die Worte: „das Sterben ist mir Gewinn“, dadurch warf er die Anhänglichkeit über Bord; durch die Worte aber: „das Leben im Fleische ist fruchtbar für mein Wirken“, dadurch zeigte er, daß auch das gegenwärtige Leben notwendig sei, wenn wir den rechten Gebrauch davon machen, wenn wir Frucht tragen; denn bleibt es ohne Frucht, so ist es kein Leben mehr. Wir verabscheuen ja auch die unfruchtbaren Bäume wie nicht minder die dürren, und übergeben sie dem Feuer. Das Leben gehört zu den gleichgültigen Dingen, die an sich weder gut noch böse sind; ob gut oder schlecht, das hängt von uns ab. Daher dürfen wir das Leben nicht hassen; denn es steht in unserer Macht, auch gut zu leben. Ja selbst dann, wenn wir einen schlechten Gebrauch davon machen sollten, selbst dann dürfen wir es nicht herabsetzen. Warum? Weil die Schuld nicht an ihm liegt, sondern an dem freien Willen derer, die es schlecht gebrauchen. Denn Gott hat dich ins Leben gerufen, damit du ihm lebest; du aber hast aus Bosheit der Sünde gelebt, trägst also selber dafür die volle Verantwortung. — Was sagst du, sprich? Du weißt nicht, was du vorziehen sollst? — Hier hat er ein großes Geheimnis enthüllt: daß es ihm frei stand, von hinnen zu scheiden; denn sobald wir wählen dürfen, liegt die Entscheidung in unserer Hand. Er sagt: „Ich weiß nicht, was ich vorziehen soll.“ Es steht (also) bei dir? — Ja, antwortet er; wenn ich Gott um diese Gnade bitten wollte.

V. 23: „Ich werde von beiden Seiten aus gedrängt, da ich das Verlangen habe ...“

Beachte die zärtliche Liebe unseres Heiligen! Auch dadurch sucht er sie zu trösten, wenn sie sehen, daß er die freie Wahl habe, daß dies nicht durch menschliche S. 52 Bosheit, sondern durch göttliche Fügung geschehe. Warum, will er sagen, betrübt ihr euch über meinen Tod? Viel besser wäre es, wenn ich schon längst von hinnen geschieden wäre. „... denn aufgelöst zu werden,“ fährt er fort, „und bei Christus zu sein, wäre um vieles besser;“

V. 24: „im Fleische zu bleiben aber ist notwendiger um euretwillen.“

Diese Worte sind geeignet, sie auf sein künftiges Ende vorzubereiten, damit sie dasselbe standhaft ertrügen; diese Worte sind geeignet, sie die echte Weisheit zu lehren. Gut ist es, sagt er, aufgelöst zu werden und bei Christus zu sein. Denn auch der Tod gehört zu den gleichgültigen Dingen. Nicht der Tod an sich ist ein Übel, sondern nach dem Tode bestraft zu werden, das ist ein Übel; der Tod an sich ist auch nicht ein Gut, sondern nach dem Hinscheiden bei Gott zu sein, das ist ein Gut; was auf den Tod folgt, das ist entweder gut oder böse.

Laßt uns daher nicht die Toten betrauern, bloß weil sie tot sind, noch über die Lebenden uns freuen, bloß weil sie am Leben sind, sondern was? Betrauern wir die Sünder, nicht nur nach dem Tode, sondern auch im Leben! Freuen wir uns über die Gerechten, nicht nur so lange sie leben, sondern auch wenn sie gestorben sind! Denn jene sind auch bei Lebzeiten schon tot, diese dagegen leben auch nach dem Tode; jene verdienen selbst hienieden das allgemeine Mitleid, weil sie mit Gott in Feindschaft leben, diese dagegen sind auch nach ihrem Hingang ins Jenseits glückselig zu preisen, weil sie zu Christus gekommen sind. Die Sünder sind überall, wo sie auch sein mögen, fern von dem Könige und darum beweinenswert; die Gerechten dagegen, ob hienieden, ob drüben, sind stets bei dem Könige, ja drüben noch mehr und noch näher, da sie ihn nicht mehr durch den Spiegel2, nicht mehr durch den Glauben, sondern von Angesicht zu Angesicht schauen.


  1. Gal. 2, 20. ↩

  2. Statt der überlieferten εἰσόδου ist mit Dun. εὶσόπτρου zu lesen. Vergl. zur Stelle 1 Kor. 13, 12 und 2 Kor. 5, 7. ↩

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