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Works John Chrysostom (344-407) In epistulam ad Philippenses Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Philipper (BKV)
Sechste (Fünfte) Homilie. *Phil. II, 1—4.*

2.

An dieser Stelle also schreibt Paulus nur dem einen solche Gesinnung vor. Wenn aber auch der andere, sagt er damit zugleich, dem du so große Ehre angedeihen läßt, ebenso gegen dich gesinnt ist, bedenke einmal, wie (auf diese Weise) die Nachgiebigkeit zu einer doppelten Ringmauer wird. Denn solange du ihm den Vorrang einräumst, und umgekehrt er dir, kann von einer Kränkung nie und nimmer die Rede sein. Denn selbst wenn dies nur von einer Seite beobachtet wird, reicht es hin, jede Reiberei zu verhüten; geschieht es aber von beiden Seiten, wer sollte diese feste Schutzwehr durchbrechen können? Sogar der Teufel nicht. Das ist eine drei- und vier- und vielfach verschanzte Burg.

Denn alles Gute gründet in der Demut. Damit du das einsehest, höre, was der Prophet spricht: „Wenn du Opfer wolltest, würde ich sie gegeben haben; an Brandopfern hast du kein Wohlgefallen. Ein Opfer für Gott ist ein zerknirschter Geist; ein zerknirschtes und gedemütigtes Herz wird Gott nicht verschmähen1.“ (Was Gott will), ist nicht Demut schlechthin, sondern der höchste Grad von Demut. Denn gleichwie ein zermalmter Körper dem festen nicht Widerstand leisten kann, sondern trotz allem, was ihm widerfahren mag, eher selbst zugrunde geht, als daß er den andern angreifen wird: so wird auch eine (zerknirschte) Seele trotz aller erlittenen Unbilden lieber sterben, als sich widersetzen und rächen wollen. — Wie lange noch blähen wir uns in lächerlicher Aufgeblasenheit? Gleichwie wir es lächerlich finden, wenn kleine Kinder sich strecken und gravitätisch einherschreiten, oder auch, wenn sie Steine aufheben und damit um sich werfen: ebenso ist der menschliche Hochmut eine Ausgeburt S. 76 kindlicher Denkungsart und unreifen Sinnes. Denn was erhebt sich Erde und Asche2?“ Du bist stolz, o Mensch? Warum? Sage mir, was gewinnst du dadurch? Und aus welchem Grunde bist du stolz sogar gegen deinesgleichen? Teilst du nicht mit ihnen dieselbe Natur? dieselbe Seele? Hat euch Gott nicht in gleicher Weise geadelt? — Aber du bist ein Weiser? So sollst du danken, nicht aufgeblasen sein. Der Hochmut ist das erste Zeichen von Undankbarkeit; denn er raubt der Wohltat ihren Wert als Geschenk. Wer sich erhebt, gibt damit zu verstehen, daß (die Wohltat) sein eigenes Verdienst sei; wer sie aber als sein eigenes Verdienst betrachtet, ist undankbar gegen den Spender der Auszeichnung. — Du hast etwas Gutes an dir? Danke demjenigen, der es dir gegeben hat! Höre, wie ein Joseph, wie ein Daniel spricht! — Als nämlich der König von Ägypten nach ihm schickte und ihn in Gegenwart des ganzen Hofstaates über eine Sache befragte, deren Lösung die in solchen Dingen besonders bewanderten Ägypter samt und sonders aufgeben mußten; als er daran war, ihnen ihr Alles zu nehmen und weiser zu erscheinen als die Sterndeuter, Wahrsager, Zauberer, Magier und alle damals lebenden Weisen, er, das Kind, aus Gefangenschaft und Sklaverei kommend — auch dieser Umstand trug bei, seinen Ruhm zu erhöhen; denn es ist nicht gleich, ob man als anerkannte Autorität glänzt oder gegen aller Erwartung; daher machte ihn gerade das Unverhoffte um so bewunderungswürdiger — was sagte er nun, da er vor Pharao trat? Sagte er: Ja, ich weiss es? [Keineswegs.] Sondern was? Was spricht er, ohne alle äußere Veranlassung, (einzig) aus großer Bescheidenheit heraus? „Kommt die Auslegung der Träume nicht von Gott3?“ Beachte: Er gab sogleich dem Herrn die Ehre; deshalb wurde er selbst geehrt. Denn auch das ist nichts Geringes. Daß Gott es ihm offenbarte, war etwas weit Größeres, als wenn er selbst die richtige Deutung erraten hätte; denn es bewies die Glaubwürdigkeit seiner Auslegung und bot das spre- S. 77 chendste Zeugnis für seine innige Beziehung zu Gott. Es gibt ja kein größeres Glück, als mit Gott enge verbunden zu sein. „Denn wenn er durch Werke ist gerechtfertigt worden, so hat er Ruhm“, sagt der Apostel, „aber nicht von Gott4.“ Wenn nämlich derjenige, welcher der Gnade gewürdigt worden, sich in Gott rühmt, daß er (von ihm) geliebt wird, nachdem er Verzeihung erlangt hat, und wenn derjenige Ruhm hat, welcher gute Werke verrichtet, aber nicht vor Gott, wie jener — denn dies verrät große Schwachheit von unserer Seite —: um wieviel mehr verdient wohl der Bewunderung, der sogar Weisheit von Gott empfangen hat? Er hat Gott verherrlicht und ist von ihm verherrlicht worden; denn es steht geschrieben: „Wer mich verherrlicht, den werde ich verherrlichen5.“ — Sodann wieder der Abkömmling dieses Mannes, den niemand an Weisheit übertraf; denn es heißt: „Du bist doch nicht etwa weiser als Daniel6?“. Dieser Daniel also — als alle Weisen in Babylon, gleichfalls wieder Sterndeuter, Wahrsager, Magier, Zauberer, kurz die gesamte damalige Weisheit nicht nur schmählich unterlag, sondern auch vernichtet wurde — und ihre Vernichtung ist ein Beweis, daß sie auch früher Betrüger gewesen waren —, da erschien dieser Daniel (vor dem König), um die Frage zu lösen. Und auch er brüstet sich nicht, sondern schreibt von vornherein das Ganze Gott zu, indem er spricht: „Auch mir ist nicht durch meine Weisheit, als wäre diese größer als die aller Menschen, (dies Geheimnis) geoffenbart worden, o König7!“ Da fiel der König anbetend vor ihm nieder und befahl ein Trankopfer auszugießen8. Siehst du die Demut? Siehst du die Bescheidenheit? Siehst du das anspruchslose Wesen? — Höre, was für eine Sprache auch die Apostel führen! Da heißt es einmal: „Was seht ihr uns an, als S. 78 hätten wir aus eigener Kraft oder Frömmigkeit diesen wandeln gemacht9?“ Dann wieder: „Auch wir sind sterbliche Menschen wie ihr10.“ — Wenn aber jene die ihnen erwiesenen Ehren so von sich abwehrten, sie, die in der Demut Christi und in seiner Kraft größere Wunder wirkten als Christus selbst — denn er sagt: „Wer an mich glaubt, wird noch größere Werke tun als die, welche ich tue11 —: wie elend und armselig sind dann nicht wir, die nicht einmal Mücken verscheuchen können, geschweige denn Teufel? Die nicht einmal einem einzigen Menschen zu helfen vermögen, geschweige denn der ganzen Welt? Und die dabei von so ungeheurem Hochmut besessen sind, wie nicht einmal der Teufel selbst?


  1. Ps. 50, 18. 19. ↩

  2. Ekkli. 10, 9. ↩

  3. Gen. 40, 8. ↩

  4. Röm. 4, 2. ↩

  5. 1 Kön. 2, 30. ↩

  6. Ezech. 28, 3. ↩

  7. Dan 2, 30. ↩

  8. Vgl. ebd. 2, 46. Das μαναὰ der LXX, woraus Chrysostomus die Stelle zitiert, ist die griechische Transskription für das hebräische מִנְחָה֙. ↩

  9. Apg. 3, 12. ↩

  10. Ebd. 14, 14. ↩

  11. Joh. 14, 12. ↩

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Commentaire sur l'épître aux Philippiens Compare
Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Philipper (BKV)
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Einleitung

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