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Works John Chrysostom (344-407) In epistulam ad Philippenses Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Philipper (BKV)
Siebente (Sechste) Homilie. *Phil. II, 5—8.*

5.

Sieh also, wie lächerlich, wie erbärmlich ist es, den über unser Haupt sich erheben zu sehen, den wir mit Füßen treten könnten! Woher aber kommt das? Von uns selbst; je nachdem wir wollen, ist er mächtig oder schwach. Wenn wir uns zusammennehmen und treu zu unserm König halten, dann gibt er klein bei und vermag im Kampfe gegen uns nicht mehr auszurichten als ein schwaches Kind; wenn wir uns von unserm König lossagen, dann schnaubt er Gewaltiges, brüllt, knirscht mit den Zähnen, weil er uns von jenem mächtigen Beistand entblößt findet; denn er kann uns nicht angreifen, wenn Gott es nicht zuläßt. Durfte er es nicht wagen, ohne Zulassung Gottes in eine Herde Schweine zu fahren, um wieviel weniger in Menschenseelen. Gott aber läßt es zu, um uns entweder zu warnen oder zu bestrafen oder unsere Verdienste zu vermehren, wie dies bei Job der Fall war. Siehst du, wie er da nicht angreift, ja sich nicht einmal in die Nähe wagt, sondern von Furcht und Zittern befallen ist? Doch was rede ich von Job? Wagte er es ja nicht einmal, als er sich auf Judas stürzte, denselben ganz und gar in Besitz zu nehmen und in ihn hineinzufahren, bis Christus ihn aus der heiligen Schar ausgeschieden hatte. Vorher setzte er S. 95 ihm zwar von außen zu, getraute sich aber nicht, in ihn hineinzufahren. Sobald er ihn aber von der heiligen Herde losgetrennt sah, da warf er sich auf ihn, grimmiger als ein reißender Wolf, und stand nicht früher ab, als bis er ihn hinweggerafft hatte in einen doppelten Tod. — Dies ist zu unserer Warnung geschrieben. Indes, welchen Gewinn bringt es, zu wissen, daß einer von den Zwölfen zum Verräter geworden? Welchen Vorteil? Welchen Nutzen? — Einen großen. Wenn wir nämlich erkannt haben, wodurch jener zu seinem unheilvollen Entschlusse gekommen ist, so werden wir uns auch selbst in acht nehmen, daß uns nicht das gleiche widerfahre. Wodurch also ist er dazu gekommen? Durch Geiz. Er war ein Dieb. Um dreißig Silberlinge verriet er den Herrn. So ganz und gar erfüllte ihn diese Leidenschaft. Den Herrn der Welt verriet er um dreißig Silberlinge! — Was kann es Ärgeres geben, als solchen Wahnsinn? Denjenigen, dem nichts gleichkommt oder auch nur verglichen werden kann, demgegenüber alle Völker wie nichts zu achten sind1, verriet er um dreißig Silberlinge. — Der Geiz übt eine furchtbare Tyrannei über die Seele aus, er vermag sie um alle Besinnung zu bringen. Der Mensch wird nicht so sehr durch die Trunkenheit verrückt, wie durch den Geiz; nicht so sehr durch Raserei und Irrsinn wie durch den Geiz. Denn warum, sage mir, (wirst du am Herrn zum Verräter)? Er hat dich, einen unbedeutenden und unbekannten Menschen, berufen und zu einem der Zwölfe gemacht, hat dir seine Lehre mitgeteilt, hat dir ungezählte Güter geboten, hat dich mit der Wundergabe ausgerüstet, hat dich an seinem Tische, seinen Reisen, seinen Gesprächen, seinem Umgange, kurz an allem teilnehmen lassen wie die übrigen. Hätte das nicht hinreichen sollen, dich zurückzuhalten? Weshalb hast du ihn verraten? Worüber konntest du dich beschweren, du Ruchloser? Welche Wohltat hatte er dir versagt? Er kannte deine Gesinnung und hörte (doch) nicht auf, seinerseits alles zu tun. Wiederholt sagte er: „Einer aus euch wird mich verraten2“; wiederholt kennzeichnete er dich und S. 96 schonte deiner dennoch; und obwohl er dich vollkommen durchschaute, stieß er dich trotzdem nicht aus der Schar der Apostel aus; er duldete dich noch, wie einen echten Jünger und einen der Zwölfe, so ehrte, so liebte er dich noch. Zuletzt nahm er ein Linnentuch und wusch mit seinen fleckenlosen Händen deine unreinen Füße3, und — o der Verruchtheit! — nicht einmal dies hielt dich zurück. Du stahlst das Gut der Armen; und damit du in der Schlechtigkeit nicht noch weiter gehest, ertrug er auch das. Doch nichts machte auf dich Eindruck. Wärest du ein wildes Tier, wärest du ein Stein gewesen, mußtest du nicht durch solche Wohltaten gegen dich, durch solche Wunder, durch solche Lehren gerührt werden? Aber wiewohl du an Wildheit die wilden Bestien übertrafst, berief er dich dennoch und suchte durch bewunderungswürdige Behandlung dich zu gewinnen, der du fühlloser warst als der (kalte) Stein. Du aber hast dich durch nichts bessern lassen. — Ihr findet vielleicht eine solche Abgestumpftheit des Verräters unbegreiflich. Fürchtet also das Laster, das ihn in das Verderben stürzte! Durch den Geiz, durch die Sucht nach Geld kam er so weit. Rotte diese Leidenschaft mit der Wurzel aus; denn sie erzeugt derartige Krankheiten: sie macht uns gottlos und gottvergessen trotz zahlloser Wohltaten, die wir empfangen. Rotte sie mit der Wurzel aus, ich bitte dich; sie ist keine gewöhnliche Krankheit, sie kann tausendfach Tod und Verderben gebären. Wir kennen die Leidenschaft jenes (Unseligen); fürchten wir sie; damit wir nicht selbst dem gleichen Schicksale anheimfallen! Deshalb ist es niedergeschrieben, auf daß uns nicht dasselbe begegne; deshalb haben alle Evangelisten es geschildert, auf daß wir uns dadurch witzigen lassen. Fliehe sie schon von weitem! — Die Habgier besteht nicht bloß in dem Verlangen nach viel Geld, sondern in dem Verlangen nach Geld überhaupt Es ist schon gefährliche Habgier, mehr zu wollen, als man braucht. Waren es etwa Talente Goldes, welche den Verräter damals lockten? Um dreißig Silberlinge hat er ihn verraten! Erinnert ihr S. 97 euch an meine vorige Bemerkung, daß der Geiz nicht in dem Trachten nach viel Geld, sondern vielmehr in dem Trachten nach wenig Geld zutage tritt? Sieh, welch großes Verbrechen jener um ein bißchen Gold begangen hat; ja nicht einmal um Gold, sondern um elende Silberlinge! Unmöglich, unmöglich kann ein Geiziger jemals das Angesicht Christi schauen! Dies gehört geradezu zu den Unmöglichkeiten. Der Geiz ist die Wurzel aller Laster. Geht aber schon derjenige, welcher mit einem einzigen Laster behaftet ist, der ewigen Herrlichkeit verlustig, an welchen Platz wird dann jener kommen, der die Wurzel (aller Laster) mit sich trägt? Unmöglich kann der Sklave des Geldes ein echter Diener Christi sein! Christus selbst hat dies als Ding der Unmöglichkeit erklärt. „Ihr könnt nicht“, sagt er, „Gott und dem Mammon zugleich dienen“, und: „Niemand kann zwei Herren dienen4“; denn sie erteilen widersprechende Befehle. Christus verlangt: Sei schonend gegen die Armen! Der Mammon befiehlt: Entblöße sie auch von dem (Wenigen), das sie haben! — Christus verlangt: Entäußere dich deines eigenen Besitztums! Der Mammon befiehlt: Nimm auch fremdes Besitztum an dich!


  1. Vgl. Is. 40, 15. ↩

  2. Matth. 26, 21; Mark. 14, 18; Joh. 13, 21. ↩

  3. Vgl. Joh. 13, 5. ↩

  4. Matth. 6, 24; vgl. Luk. 16, 13. ↩

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Commentaire sur l'épître aux Philippiens Compare
Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Philipper (BKV)
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Einleitung

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