1.
V. 1: „Paulus und Timotheus, Diener Jesu Christi, an alle Heiligen in Christo Jesu, die in Philippi sind, an die Mitbischöfe1 und Diakone:“
V. 2: „Gnade euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus.“
Hier, wo er an Gleichgestellte schreibt, setzt er nicht seine lehramtliche Würde bei, sondern eine andere, ebenfalls erhabene. Und was ist das für eine? „Diener“ nennt er sich, nicht Apostel. Denn auch dies ist in der Tat eine erhabene Würde, ja das höchste aller Güter, Diener Christi zu sein und nicht bloß zu heißen. Wer ein Diener Christi ist, der ist in Wahrheit frei von der Sünde und als echter Diener keines andern Diener; denn sonst wäre er nicht (ganz) Diener Christi, sondern nur zur Hälfte. Auch im Briefe an die Römer wieder schreibt er: „Paulus, Diener Jesu Christi2“; in den Briefen an die Korinther und an Timotheus dagegen nennt er sich „Apostel3“. Warum nun das? Nicht als ob die Philipper vor Timotheus einen Vorzug hätten, S. 15 — nein —; sondern er ehrt sie eben und zeichnet sie am meisten aus von allen, denen er schrieb; er gibt ihnen ja auch das Zeugnis großer Tugend. Dort nämlich gab es manches zu ordnen, darum kleidete er sich in die Würde des Apostels; hier dagegen erteilt er ihnen keine Vorschriften, außer was sie schon von selbst einsahen. — „An die Heiligen in Christo Jesu, die in Philippi sind.“ Weil wahrscheinlich auch die Juden sich Heilige nannten nach jenem ersten Gottesspruche, wo sie ein heiliges, eigentümliches Volk genannt werden4, deswegen setzte er hinzu: „an die Heiligen in Christo Jesu“. Denn diese allein sind heilig, jene aber nunmehr der Heiligkeit bar. — „An die Mitbischöfe und Diakone.“ Was soll das heißen? Gab es denn für eine Stadt mehrere Bischöfe? Keineswegs; sondern er nennt so die Priester. Damals nämlich waren die Namen noch gemeinschaftlich, auch Diakon wurde der Bischof genannt. Deswegen sagt er im Briefe an Timotheus: „Erfülle deine Diakonie5“, obschon derselbe Bischof war. Daß er nämlich Bischof war, geht aus folgender Mahnung an ihn hervor: „Lege niemandem voreilig die Hände auf6“, und wiederum aus den Worten: „... welche dir verliehen wurde unter Auflegung der Hände des Priestertums7“. Priester aber hätten ihn nicht zum Bischofe weihen können. Und im Briefe an Titus wieder sagt er; „Um dessentwillen habe ich dich in Kreta zurückgelassen, damit du in jeder Stadt Priester aufstellest, wie ich dich angewiesen habe: wenn einer unbescholten ist, nur eines Weibes Mann8“; welche Stelle sich auf den Bischof bezieht. Und unmittelbar nach diesen Worten fährt er fort: „Denn der Bischof muß unbescholten sein als Verwalter Gottes, nicht selbstsüchtig9 Es wurden also, wie gesagt, in der ältesten Zeit die Priester Bischöfe und Diakone Christi genannt und die Bischöfe Priester; daher adressieren jetzt noch viele S. 16 Bischöfe (ihre gegenseitigen Briefe) „an den Mitpriester und Mitdiakon“. In der Folge aber wurden die Namen „Bischof“ und „Priester“ einem jeden nach dem ihm zukommenden Range zugeteilt. – „An die Mitbischöfe und Diakone“, heißt es, „Gnade euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesus Christus.“ Wie kommt es denn, daß Paulus, der seine Briefe sonst nirgends an den Klerus richtet, weder den in Rom, noch den in Korinth, noch den in Ephesus, nirgends sage ich, sondern allgemein „an alle Heiligen“, „an die Gläubigen“, „an die Geliebten“, hier an den Klerus schreibt? — Weil der Klerus es war, der Botschaft gesandt, der reiche Frucht getragen, der den Epaphroditus an ihn abgeschickt hatte.
V. 3: „Ich danke meinem Gott“, fährt er fort, „in all meiner Erinnerung an euch“
V. 4: „allezeit...“
In einem andern Briefe sagt er: „Gehorchet euren Vorstehern und seid ihnen Untertan, denn sie wachen über eure Seelen als solche, die Rechenschaft geben müssen, damit sie mit Freuden dieses tun und nicht mit Seufzen10.“ Wenn also das schlechte Verhalten der Schüler (den Vorgesetzten) Seufzer erpreßt, so bewirkt ihr guter Fortgang, daß sie des Amtes mit Freuden walten. So oft ich eurer gedenke, sagt er, lobpreise ich Gott. Dies aber tut er wegen des vielen Guten, das er an ihnen bemerkt. — Er sagt: Ich lobpreise und bete. Wenn ihr auch in der Tugend Fortschritte gemacht habt, so höre ich doch nicht auf, für euch zu beten, sondern „ich danke meinem Gott in all meiner Erinnerung an euch allezeit, in allen meinen Gebeten für euch alle mit Freuden auch das Gebet verrichtend ...“ [„Allezeit“,] nicht bloß wenn ich bete. — [„Mit Freuden.“] Denn es kann dies auch mit Schmerzen geschehen, z. B. wenn er an anderer Stelle sagt: „Denn mit großer Trübsal und Beklemmung des Herzens schrieb ich euch unter vielen Tränen11.“
S. 17 V. 5: „... wegen eurer Teilnahme am Evangelium vom ersten Tage an bis jetzt.“