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Œuvres Jean Chrysostome (344-407) In epistulam ad Colossenses commentarius Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Kolosser (BKV)
Vierte Homilie. *Kol. 1, 21—25.*

3.

Wenn also die Heiden sagen: Warum ist Christus jetzt erst gekommen?, so wollen wir ihnen eine solche Sprache nicht hingehen lassen, sondern die Frage an sie richten, ob er nicht alles wiederhergestellt hat. So wie nämlich, wenn er gleich anfangs gekommen wäre und nicht alles wiederhergestellt hätte, der Zeit- S. 292 punkt uns nicht als genügender Entschuldigungsgrund hierfür dienen könnte, ebenso wenig kann man uns, nachdem er alles wiederhergestellt hat, billiger Weise zumuten, über den Zeitpunkt Rechenschaft abzulegen. Verlangt man doch auch vom Arzte, der die Krankheit behoben und zur Gesundheit verholfen hat, keine Rechenschaft über sein Heilverfahren; auch mit dem siegreichen Feldherrn stellt man kein Verhör an, warum er gerade diesen Moment, gerade dieses Terrain gewählt habe. Im Falle des Mißlingens wären solche Fragen am Platze; nachdem ihm aber die Sache gelungen ist, muß man auch seine Maßregeln gut heißen. Denn sage mir, was verdient eher Glauben, dein Vernünfteln und hämisches Nachspüren oder die Vollkommenheit des Erfolges? Hat er gesiegt oder hat er nicht gesiegt? Das mußt du nachweisen! Hat er die Oberhand gewonnen oder hat er sie nicht gewonnen? Hat er, was er versprochen, zum glücklichen Ende geführt oder nicht? Das bildet den Gegenstand der Verantwortung. Sag mir doch: Du glaubst jedenfalls an einen Gott, wenn auch nicht an Christus? Nun frage ich dich: Ist Gott ohne Anfang? Allerdings, wirst du erwidern. Sage mir also: Warum erschuf er die Menschen nicht viele tausend Jahre früher? Denn sie hätten dann längere Zeit zum Leben vor sich gehabt. Wenn das Dasein an sich etwas Gutes ist, dann umso mehr die längere Dauer desselben. Also wären sie durch die ganze Zeit, in der sie noch nicht existierten, zu Schaden gekommen? In Wirklichkeit sind sie nicht zu Schaden gekommen. Das Wie aber weiß er allein, der sie erschaffen hat. — Abermals frage ich dich: Warum erschuf er nicht alle auf einmal? Warum hat die Seele des einen, der zuerst war, ein Dasein von so vielen Jahrtausenden, die andere aber, die noch nicht war, ein kürzeres? Warum ließ er den einen früher, den andern später auf diese Welt kommen? Fürwahr, diese Fragen verdienen es in der Tat, daß man ernstlich darüber nachforsche, nicht aber seinen Vorwitz daran übe; denn der Vorwitz hat nichts mit ernster Forschung gemein. — Ich will nämlich den Grund, dessen ich erwähnte, näher angeben. Stelle dir das Dasein der ganzen Menschheit unter dem Bilde eines einzigen Menschenalters vor: in S. 293 den frühesten Zeiten sei unser Geschlecht in der Kindheit gestanden, in den folgenden im Jünglingsalter, und jetzt sei es ins Greisenalter getreten. Nunmehr, nachdem die Glieder des Körpers erschlafft sind und der Kampf aufgehört hat, erreicht die Seele ihre volle Reife; jetzt erst konnten wir zur wahren Lebensweisheit angeleitet werden. — Im Gegenteil, höre ich einwenden; die Jugend unterrichten wir, — Aber nicht in der Philosophie, aber nicht in der Redekunst und Gewandtheit des Ausdruckes! Das geschieht erst, wenn (der Mensch) die gehörige Reife erlangt hat, — Nun schau, gerade so hat es auch Gott mit den Juden gemacht. Er stellte nämlich für die Juden, so als ob sie Kinder gewesen wären, den Moses als Schulmeister auf, und wie wir den Kindern das Abc beibringen, so tat auch dieser, indem er ihnen alles in Umrissen vorzeichnete. „Denn das Gesetz“, sagt die Schrift, „bot nur einen Schattenriß der zukünftigen Güter, nicht das Bild der Dinge selbst1,“ Gleichwie nun wir den Kindern Kuchen kaufen und Geld schenken und dafür nur das eine von ihnen verlangen, daß sie einstweilen in die Schule gehen: so gab auch Gott damals den Juden Reichtum und irdisches Wohlergehen und wollte durch seine große Nachsicht nur das eine von ihnen erreichen, daß sie auf Moses hörten. Deswegen übergab er sie einem Lehrer, damit sie ihn, wie einen zärtlich liebenden Vater, nicht verachten sollten. Beachte nun, daß sie jenen allein fürchteten! Denn sie sagten nicht: Wo ist Gott?, sondern: Wo ist Moses? Seine bloße Gegenwart flößte ihnen Furcht ein. Als sie nun Böses taten, sieh, wie er sie da in Zucht nahm! Gott wollte sie nämlich enterben, er aber sträubte sich dagegen2 oder vielmehr das Ganze war Gottes Werk: er drohte wie ein Vater, der Lehrer aber legte Fürbitte ein und sprach: Überlaß sie mir, und ich will mich von jetzt an für sie verbürgen! So ward die Wüste zur Schule. — Und gleichwie die Knaben, wenn der Unterricht zu lange dauert, gern hinaus möchten, so sehnten sich auch jene beständig nach Ägypten3 und jammerten: „Wir sind S. 294 verloren, wir vergehen, wir kommen um4!“ — Moses zerbrach ihre Tafel5, auf welcher er ihnen gleichsam Wörter vorgeschrieben hatte. Er verfuhr hier, wie wohl auch der Lehrer verfahren würde: wenn dieser die Schreibtafel eines Schülers in die Hand nimmt und sieht, daß er schlecht geschrieben hat, so wirft er (ihm) die Tafel hin, um seinen großen Unwillen zu zeigen; und selbst wenn er sie zerbricht, wird der Vater darüber nicht ungehalten. Denn während der Lehrer angelegentlich schrieb, gaben jene nicht auf ihn acht, sondern hatten ihre Köpfe anderswo und führten sich unordentlich auf. — Und wie die Knaben in der Schule einander schlagen, so hieß er sie damals einander schlagen und umbringen6. — Und wiederum strafte er sie wie der Lehrer, der beim Ausfragen der aufgegebenen Lektion keine Antwort erhält. Welche Schrift z. B. ließ die Macht Gottes deutlich erkennen? Die in Ägypten? Ja, sagt man, aber diese Schrift tat nur Plagen kund und daß Gott seine Feinde straft und war eine Schule für sie. — Was war denn die Bestrafung der Feinde anders als eine Wohltat für euch? Aber auch sonst noch erwies er euch Wohltaten. Und es geschah dasselbe, wie wenn in der Schule einer sagte, er kenne die Buchstaben, aber einzeln um sie gefragt keinen anzugeben wüßte und dafür Schläge bekäme. So versicherten auch jene, die Macht Gottes zu kennen; als sie aber im einzelnen über ihre Kenntnis befragt wurden, legten sie nur Unwissenheit an den Tag; darum wurden sie gleichfalls geschlagen. — Du siehst Wasser? Da solltest du gleich an das Wasser in Ägypten denken. Denn derjenige, der Wasser in Blut verwandelte7, wird auch dies tun können; wie auch wir oft zu den Kindern sagen: Wenn du im Buche den Buchstaben A findest, so erinnere dich, daß du ihn schon auf der Tafel hattest! — Du siehst Hungersnot? Denke daran, daß er es war, der alles Wachstum zerstörte8!. — Du siehst Kriege? Erinnere dich an den Untergang (der Ägypter im roten S. 295 Meere)9! — Du siehst, daß die Bewohner des Landes mächtig sind? Sie sind auch nicht mächtiger als die Ägypter. Wird derjenige, der dich aus ihrer Mitte herausgeführt hat, nicht weit eher noch dich schützen können, nachdem du ihrer Gewalt entrückt bist? — Allein sie kannten die Buchstaben nicht, wenn man sie durcheinander ausfragte; deswegen erhielten sie Schläge. — Sie aßen und tranken und schlugen aus10. Sie hätten beim Manna sich nicht nach den früheren Leckerbissen sehnen sollen11, nachdem sie doch die schlimmen Folgen der Üppigkeit erfahren hatten. Sie benahmen sich gerade so, wie wenn ein freigeborener Knabe, den man in die Schule schickt, statt dessen darnach Verlangen trüge, zu den Sklaven gezählt zu werden und ihnen Handlangerdienste zu leisten — so trugen auch diese Verlangen nach Ägypten —; und während er doch seine standesgemäße und einem Freien gebührende Kost erhält und an der Tafel seines Vaters sitzt, statt dessen gern am übelriechenden und lärmvollen Dienstbotentische mithalten möchte. — Und sie sprachen zu Moses; „Ja, Herr, alles, was du sagst, werden wir tun und befolgen12.“ — Und wie es bei ganz unverbesserlichen Kindern vorkommt, daß der Vater sie verstoßen will, der Lehrer aber immer wieder Fürbitte für sie einlegt: dasselbe trug sich auch damals zu.


  1. Vgl. Hebr. 10, 1. ↩

  2. Vgl. Exod. 32, 11 ff.; Num. 14. ↩

  3. Vgl. Exod. 16, 3; Num. 11, 4. 5. ↩

  4. Vgl. Num. 17, 12. ↩

  5. Vgl. Exod. 32, 19. ↩

  6. Exod. 32, 26 ff.; Num. 25, 5 ff. ↩

  7. Vgl. Exod. 7, 17 ff. ↩

  8. Vgl. Exod. 9, 18 ff., 10, 4 ff. ↩

  9. Vgl. ebd. 14. ↩

  10. Vgl. Deut. 32, 15. ↩

  11. Vgl. Num. 11, 1—6. ↩

  12. Vgl. Exod. 24, 3. ↩

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