• Home
  • Works
  • Introduction Guide Collaboration Sponsors / Collaborators Copyrights Contact Imprint
Bibliothek der Kirchenväter
Search
DE EN FR
Works John Chrysostom (344-407) In epistulam ad Colossenses commentarius Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Kolosser (BKV)
Elfte Homilie. *Kol. IV, 5—11.*

3.

Beachte, wie auch der hl. Paulus, als er in Athen auftrat, zu den dortigen Bürgern redete! Er fuhr sie nicht an: Ihr Schurken und Erzbösewichte!, sondern wie sprach er? „Athener! Ich sehe, daß ihr in allen Dingen, ich möchte sagen, übergläubig seid1.“ Auf der anderen Seite unterließ er es nicht, dort, wo es am Platze war, eine rücksichtslose Sprache zu führen, sondern schleuderte mit großer Heftigkeit dem Elymas die Worte ins Gesicht: „Du, alles Truges und aller Arglist voll, Kind des Teufels, Feind aller Gerechtigkeit2!“ Denn wie es Torheit gewesen wäre, jene hart anzulassen, so hätte es Schwäche verraten, diesem gegenüber es nicht zu tun. — Oder du wirst aus irgendwelchem Grunde vor die Obrigkeit geführt? Erzeige ihr die gebührende Hochachtung! — „Sie werden euch“, heißt es, „alles kund tun, wie es hier steht3.“ Auf deine Frage: Warum bist du nicht mitgekommen? — Was bedeutet aber: „Sie werden euch alles kund tun, wie es hier steht“? Das heißt: die S. 392 Kerkerhaft und alles andere, was mich hier zurückhält Da ich sehnlich wünsche, euch zu sehen, und sogar andere an euch absende, so wäre ich selbst gewiß nicht zurückgeblieben, wenn nicht gewaltiger Zwang mich hier festhielte. Das war nun gewiß kein Grund, ihm Vorwürfe zu machen. Und wurde ihm doch sehr zum Vorwurfe gemacht. Denn die Nachricht, daß er in Bedrängnis geraten war und dieselbe standhaft ertrug, war ganz geeignet, seiner Entschuldigung Glaubwürdigkeit zu verleihen und ihre Seelen aufzurichten. „Mit Onesimus,“ sagt er, „dem vielgeliebten und treuen Bruder.“ Als Bruder bezeichnet der heilige Paulus den Knecht. Mit Recht, da er ja auch sich selbst einen Knecht der Gläubigen nennt. Legen wir alle den Hochmut ab, verschmähen wir das Großtun! Einen Knecht nennt sich selbst Paulus, er, der die ganze Welt und tausend Himmel aufwiegt; und du willst stolz sein? Er, der alles nach Belieben an sich fesselte und mit sich fortriß, der den ersten Rang im Himmelreiche einnahm, der den Kranz des Siegers trug, der in den dritten Himmel entrückt ward, nennt die Sklaven Brüder und Mitknechte! Wo ist da Raum für den Größenwahn? wo für die Prahlerei? So verlässig war Onesimus, daß ihm sogar solch wichtige Aufträge anvertraut wurden. — „Und Markus,“ heißt es weiter, „der Vetter des Barnabas, über den ihr Aufträge erhalten habt. Nehmt euch seiner an!“ Wahrscheinlich hatten sie von Barnabas Aufträge erhalten. — „Welche aus der Beschneidung sind.“ Er will damit die hochfahrende Einbildung der Juden herabstimmen und die Seelen dieser aufrichten, weil es nur wenige aus der Beschneidung, weit mehr dagegen aus dem Heidentume waren, — „Die mir zum Troste waren“, setzt er hinzu. Er gibt dadurch zu erkennen. daß er sich in großer Bedrängnis befand.

Es ist also auch das nichts Unbedeutendes, wenn wir die Heiligen durch unsere Gegenwart, durch Zuspruch und sorgfältige Pflege trösten, wenn wir ihre Leiden mit ihnen teilen; denn dadurch sind wir, wie Paulus sich ausdrückt, „gleichsam Mitgefangene mit den Gefangenen4“. Wenn wir ihre Leiden zu den unsrigen machen, so wer- S. 393 den wir auch an ihrem Siegeslohn teilnehmen. — Du bist nicht in die Rennbahn geschleppt worden? Du hast dich nicht in den Kampf eingelassen? Ein anderer hat sich entkleidet? Ein anderer besteht den Ringkampf? Aber wenn du nur willst, so kannst auch du daran teilnehmen. Salbe jenen, werde sein Freund und Gönner, ermuntere ihn von außen durch lauten Zuruf, wecke seine Kraft, erquicke seine Seele! Das soll selbstredend bei allen andern geschehen; denn Paulus für seine Person bedurfte dessen nicht, sondern er machte diese Äußerung nur, um jene aufzurichten. Du also bringe bei allen andern diejenigen zum Schweigen, welche Lust zeigen, sie zu verdächtigen! Wirb für den Kämpfer feurige Verehrer! Wenn er aus der Arena tritt, so lasse ihm die sorgfältigste Pflege angedeihen! So kannst du an seinen Siegeskränzen, so an seinem Ruhme Anteil bekommen. — Und wenn du auch weiter nichts tust, sondern lediglich über seine Leistungen dich freust, selbst in diesem Falle erhältst du Anteil daran, und zwar einen nicht geringen; denn du zollst ihm den Tribut der Liebe, und diese ist der Inbegriff alles Guten. Wenn nämlich das Mitleid den Schmerz zu teilen scheint, den vom Schmerze Betroffenen außerordentlich wohltut und die Betrübnis zu einem großen Teile aufhebt: so bewirkt noch weit mehr die Mitfreude eine Erhöhung der Lust. Denn welch großes Unglück es ist, kein Mitleid zu finden, magst du aus den Worten des Propheten entnehmen: „Und ich wartete, ob einer Mitleid mit mir hätte; aber es fand sich niemand5.“ Deshalb sagt auch Paulus: „Freut euch mit den Fröhlichen und weint mit den Weinenden6!“ Vermehre die Freude deines Mitbruders! Wenn du siehst, daß er in hoher Achtung steht, so sage nicht: Er genießt den Ruhm; weshalb soll ich mich darüber freuen? Dies wäre nicht die Sprache eines Bruders, sondern eines Feindes. Wenn du willst, so hat nicht er den Ruhm, sondern du. In deiner Macht liegt es, denselben zu erhöhen, wenn du dich nicht zurückgesetzt fühlst, sondern dich freust, wenn du heiter, wenn du vergnügt bist. S. 394 Und daß sich dies wirklich so verhält, geht daraus klar hervor: Die Neidischen beneiden nicht bloß jene, welche sich auszeichnen, sondern auch diejenigen, welche über die Berühmtheit jener sich freuen. Sie wissen eben nur zu gut, daß auch diese an dem Ruhme teilnehmen, ja daß gerade sie am meisten darauf stolz sind. Denn der Sieger selbst errötet, wenn ihm reichliches Lob gespendet wird; der andere dagegen trägt sein Hochgefühl mit großem Vergnügen zur Schau. — Seht ihr nicht, wie es bei den Wettkämpfern zugeht: wie da der eine als Sieger bekränzt wird, der andere nicht? Niedergeschlagenheit und Freude aber zeigen diejenigen, welche für und gegen sie Partei ergriffen haben; jene springen, jene tanzen vor Freude. Sieh, was es Großes ist um die Neidlosigkeit! Ein anderer hat die Mühe, und du hast die Freude; ein anderer wird mit dem Siegeskranz gekrönt, und du hüpfst vor Jubel, du bist stolz darauf. Ich bitte dich, ein anderer hat den Sieg gewonnen: warum springst du vor Freude? Allein jene wissen eben gut, daß sie an dem Erfolge gleichfalls Anteil haben. Darum machen sie diesem keine neidischen Vorwürfe, suchen jedoch den Sieg abzuschwächen. Und du kannst aus ihrem7 Munde Äußerungen hören, wie: Ich habe dich angefeuert, und: Ich habe dich zu Boden gestreckt. Wiewohl der Sieg das Werk eines andern ist, erntest du doch den Ruhm davon. — Wenn es aber schon in weltlichen Dingen von so großem Vorteile ist, einem andern seine Verdienste nicht zu neiden, sondern sich dieselben zu eigen zu machen, so gilt das in weit höherem Grade bei dem Siege über den Teufel, infolgedessen er noch viel mehr gegen uns schnaubt, offenbar weil wir uns da noch viel mehr freuen. Trotz seiner Verruchtheit und Bitterkeit kennt er genau die Größe dieser Freude. Willst du ihn ärgern? Freue dich und sei fröhlich! Willst du ihn ergötzen? Sei niedergeschlagen! In seinem Ärger über den Sieg deines Mitbruders verschaffst du ihm Erleichterung durch deine Verstimmung. Du stellst dich auf seine Seite, wenn du dich von deinem Mitbruder zurückziehst; du handelst schlechter als der S. 395 Teufel selbst. Denn es ist nicht gleich, ob ein Feind sich feindselig benimmt, oder ob ein Freund sich auf die Seite der Feinde stellt. Ein solcher ist viel schlimmer als die Feinde. — Wenn dein Mitbruder durch Wort oder Geschicklichkeit oder gutes Beispiel sich allgemeinen Beifall erwirbt, so nimm Anteil an diesem Beifall; zeige, daß er ein Glied von dir ist!


  1. Apg. 17, 22. ↩

  2. Ebd. 13, 10. ↩

  3. V. 9. ↩

  4. Hebr, 13, 3. ↩

  5. Ps. 68, 21. ↩

  6. Röm. 12, 15. ↩

  7. Gemeint sind die Parteigänger der Sieger. ↩

pattern
  Print   Report an error
  • Show the text
  • Bibliographic Reference
  • Scans for this version
Download
  • docxDOCX (174.63 kB)
  • epubEPUB (156.47 kB)
  • pdfPDF (602.60 kB)
  • rtfRTF (477.51 kB)
Translations of this Work
Commentaire sur l'épître aux Colossiens Compare
Kommentar zum Briefe des hl. Paulus an die Kolosser (BKV)
Commentaries for this Work
Einleitung

Contents

Faculty of Theology, Patristics and History of the Early Church
Miséricorde, Av. Europe 20, CH 1700 Fribourg

© 2025 Gregor Emmenegger
Imprint
Privacy policy