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III. „Ihr seid Nachfolger geworden der Ge- S. 577 meinden Gottes, die in Judäa sind.“ Diese Worte enthalten einen großen Trost. Es ist kein Wunder, will der Apostel sagen, daß sie gegen euch so verfahren sind, haben sie es ja auch ihren eigenen Stammesgenossen nicht besser gemacht. Das ist kein unbedeutendes Zeugniß für die Wahrheit des Evangeliums, daß auch die Gemeinden in Judäa für dasselbe alle Widerwärtigkeiten standhaft ertragen haben. „Da auch ihr Gleiches von euren Landsleuten erlitten habt, wie auch sie von den Juden.“ Die Worte „Und Jene, die in Judäa sind“ besagen noch etwas mehr. Sie weisen nämlich darauf hin, daß die Gläubigen überall mit Freuden Kämpfe und Widerwärtigkeiten bestanden haben.
Der Apostel fährt weiter: „Da auch ihr Gleiches gelitten habt.“ Kein Wunder, daß sie euch verfolgten, da sie auch den Herrn selbst zu verfolgen gewagt! Seht ihr, wie der Apostel den Gläubigen hier wieder etwas recht Trostreiches sagt? Darauf kommt er immer zurück und in fast allen Briefen des Apostels findet man, daß er immer auf Christus als Haupttrost in allen Drangsalen hinweist. Mit dem Hinweis auf die Juden verbindet der Apostel die Erinnerung an das Leiden Christi als den größten Trost in der Drangsal.
„Die auch den Herrn getödtet haben.“* Aber vielleicht haben sie ihn nicht gekannt? Jawohl haben sie ihn gekannt. Haben sie denn nicht auch ihre Propheten gesteinigt, deren Schriften bei ihnen Jedermann bekannt sind? Und das haben die Juden nicht aus Liebe zur Wahrheit gethan. Es liegt daher in den Verfolgungen nicht bloß ein Trost, sondern auch die Mahnung, wir sollen nicht zu unserer Betrübniß glauben, die Verfolger handelten so aus Liebe zur Wahrheit.
S. 578 „Die auch uns verfolgten,“ die auch uns unzählige Übel zugefügt haben.
„Und die Gott nicht gefallen und allen Menschen entgegen sind, die uns wehren, den Heiden zu predigen, daß sie selig werden.“ Inwiefern sind sie allen Menschen entgegen? Insofern: Allen Menschen soll gepredigt werden. Sie wollen aber das verhindern: darum sind sie die gemeinsamen Feinde der ganzen Welt. — Sie haben Christus und die Propheten getödtet, lästern Gott, verstoßen uns, die wir zu ihrer Rettung gekommen sind, und sind darum Feinde der ganzen Welt. Kein Wunder, daß sie auch gegen euch so verfahren, da sie es den Christen in Judäa geradeso gemacht haben.
„Die uns wehren, den Heiden zu predigen, daß sie selig werden.“ Der Neid veranlaßt sie also, das Heil aller Menschen zu verhindern.
„Um immerfort das Maß ihrer Sünden voll zu machen. Aber bald trifft sie der Zorn Gottes zum Verderben.“ Diese Worte lauten anders als die früheren Drohungen. Für sie gibt es keine Umkehr, keine Möglichkeit der Rettung mehr. Schon ist der Zorn Gottes da. Woher kann man das wissen? Aus der Vorhersagung Christi. Denn ein Trostgrund ist es, Genossen des Leidens zu haben, ein Trostgrund ist es aber auch zu wissen, daß die Verfolger ihrer Strafe verfallen. Mißfällt der Aufschub der Strafe, so mag die Gewißheit trösten, daß die Verfolger nie mehr das Haupt erheben werden! Ja, der Apostel beschränkt sogar den Aufschub, da er den Ausdruck „Zorn“ gebraucht, indem er damit andeutet, daß die Strafe verschuldet, vorherbestimmt und vorherverkündet sei.