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Works John Chrysostom (344-407) Homilien über den I. Thessalonicher-Brief (BKV)
Dritte Homilie.

5.

17. Nachdem wir, Brüder, eine Zeitlang eurer beraubt gewesen, von Angesicht, nicht mit dem Herzen, bemühten wir uns gar sehr und mit großem Verlangen, euer Angesicht wieder zu sehen.

Der Apostel gebraucht hier nicht den Ausdruck „von euch getrennt,“ sondern den stärkeren Ausdruck „eurer beraubt“ . Früher hat der Apostel von Schmeichelei gesprochen und nachgewiesen, daß er nicht schmeichle, keinen Ruhm suche; hier redet er von der Liebe. Früher hatte er gesagt, er liebe sie, wie ein Vater, wie eine Mutter ihre Kinder; jetzt gebraucht er den Ausdruck „beraubt, verwaist“, den man von Kindern gebraucht, denen ihre Eltern entrissen sind. Aber waren denn nicht die Thessaloniker verwaist? Nein, sagt er, ich bin es. Denkt euch, wie sehnlich kleine, verlassene Kinder, die früh ihre Eltern verloren, nach diesen verlangen, nicht nur einem natürlichen Drange gemäß, sondern auch wegen ihrer Verlassenheit: eine solche Sehnsucht habe ich nach euch .

Mit obigen Worten gibt der Apostel ihnen sein Leidwesen darüber zu erkennen, daß er von ihnen getrennt sei. „Und ich kann nicht sagen, daß ich es lange ertrug, sondern nur eine Zeit lang, und zwar nicht eine Trennung des Herzens, sondern nur des persönlichen Verkehrs: denn allzeit habe ich euch im Herzen getragen.“ Sehet die große Liebe des Apostels! Wenn er sie gleich allezeit im Herzen getragen, so sehnte er sich doch darnach, sie von Angesicht zu Angesicht zu sehen. Nennen wir das nicht überspannte Empfindelei! Denn der wahrhaft Liebende sehnt sich, den Geliebten zu sehen, zu hören, mit ihm zu sprechen. Und das kann auch von großem Einflusse sein.

„Gar sehr bemühten wir uns.“ Was heißt das? Das heißt entweder mit Bezug auf das Vorhergehende: Unser Herz hängt gar sehr an euch, oder mit Bezug auf S. 580 die folgenden Worte und das ist das Wahrscheinliche: Nachdem wir eine Zeit lang von euch getrennt waren, haben wir uns gar sehr bemüht, euch wieder einmal persönlich zu sehen.

Beachtet nun, wie der heilige Paulus, wenn er seinen Wunsch nicht persönlich erfüllen kann, dieses durch Andere thut! Den Timotheus schickte er zu den Philippern und ein anderes Mal zu den Korinthiern, um durch Andere mit ihnen zu verkehren, da er es in eigener Person nicht konnte; denn in seiner Liebe war er voll schwärmerischer Sehnsucht, voll Ungestüm, voll Ungeduld. Deßhalb wollten wir zu euch kommen. Das ist der Liebe eigen. Ich wollte zu euch kommen, sagt der Apostel, obwohl ich nichts Anderes bei euch zu thun habe, nur um euch zu sehen.

*18. Ich, Paulus nämlich, einmal und abermal, aber der Satan hat es verhindert.

Was sagst du? „Der Satan hat es verhindert?“ Ja, denn das war nicht Gottes Werk. Im Briefe an die Römer drückt sich der Apostel anders aus und sagt: „Gott hat es verwehrt.“1 An einer andern Stelle sagt der Evangelist Lukas: „Der heilige Geist verwehrte ihnen, nach Asien zu gehen.“2 Wie reimt sich nun das zusammen: Zu den Korinthiern sagt er, die Verhinderung seiner Reise sei ein Werk des heiligen Geistes, zu den Thessalonikern sagt er, es sei ein Werk des Teufels? Es wird darauf ankommen, was man unter dieser Verhinderung zu verstehen hat. Der Apostel sagt es: Es sind plötzliche und harte Verfolgungen (vom Teufel erregt, von Gott zugelassen). Denn also heißt es in der Apostelgeschichte: „Als die Juden ihm nachstellten, mußte er drei Monate in Griechen- S. 581 land bleiben.“3 Nun ist es aber etwas Anderes, freiwillig oder eines Geschäftes halber irgendwo sich aufzuhalten, und etwas Anderes, (etwa wegen einer Verfolgung) bleiben zu müssen . Im Römerbriefe schreibt er mit Bezug hierauf: „Da ich in diesen Gegenden keinen Wirkungskreis mehr habe.“4 Und im zweiten Korintherbriefe schreibt er: „Aus Schonung für euch bin ich noch nicht nach Korinth gekommen.“5 Hier sagt er Nichts von alle Dem, sondern fügt nur hinzu: „Satan hat es verhindert.“ „Ich, Paulus nämlich, einmal und abermal.“ Beachtet, mit welchem Nachdruck der Apostel diese Worte spricht! Es ist, wie wenn er sich rühmen wollte, daß er sie am meisten unter allen übrigen Gläubigen liebe.

„Ich, Paulus,“ sagt er; damit will er bezeichnen, daß er wenigstens jenen Wunsch gehegt habe, gleichviel, ob die Andern auch. Diese mochten den Wunsch gehegt haben, ich aber habe mich bemüht, ihn zu erfüllen .


  1. Vgl. Röm. 15, 22. ↩

  2. Apostelg. 16, 6. ↩

  3. Apostelg. 20, 3. ↩

  4. Röm. 15, 23. ↩

  5. II. Kor. 1, 23. ↩

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Commentaire sur la première épitre aux Thessaloniciens Compare
Homilien über den I. Thessalonicher-Brief (BKV)

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