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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In epistulam i ad Thessalonicenses homiliae 1-11 Homilien über den I. Thessalonicher-Brief (BKV)
Dritte Homilie.

8.

IV. Wer Ohren hat, zu hören, der höre! Das ist unsere Bestimmung, das ist die Bestimmung der Christen. Von allen Gläubigen sagt der Apostel: „Denn das ist unsere Bestimmung.“ Und uns befremdet das so sehr S. 585 wie wenn wir zur Muße und Behaglichkeit geschaffen wären. Aber warum soll uns Dieß befremden, da noch keine Bedrängniß über uns kam, wir auch keine andere Verfolgung als eine bloß menschliche erduldeten? Da ist es wohl am Platze, auch euch zuzurufen: „Noch habt ihr im Kampfe gegen die Sünde nicht bis aufs Blut widerstanden.“1 Oder vielmehr passender: „Noch habt ihr nicht einmal Opfer gebracht an Geld und Gut.“

Die eben angegebenen Worte mochten mit Fug und Recht Solchen entgegengehalten werden, die Hab und Gut um Christi willen verloren hatten. Denen gegenüber aber, die noch all das Ihrige besaßen, diesen gegenüber war wohl die Frage am Platze: „Wem von euch hat mau denn um Christi willen das Seinige genommen? Wer hat Mißhandlung und Verfolgung erlitten, außer vielleicht einigen Schmähungen? Worin liegt dein Ruhm, weßhalb deine ruhmredigen Worte? Christus hat soviel für uns gelitten, da wir seine Feinde waren; was haben wir auszuweisen, das wir für ihn gelitten hätten? Was wir vielleicht für ihn gelitten haben, ist Nichts, der Wohlthaten aber, so wir von ihm empfangen, sind unzählige. Was also wird uns frohe Zuversicht einflößen an jenem Tage (des Gerichtes)? Ihr wisset es: Wenn der Krieger den Körper voll Wunden und Narben aufzuweisen hat, dann mag er ehrenvoll bestehen vor seinem Könige. Hat er aber keinerlei hervorragende Thaten vollbracht, dann muß er sich’s gefallen lassen, unter den Letzten zu stehen, auch wenn er keine schlimme That vollbracht.

„Allein jetzt,“ entgegnest du vielleicht, „ist keine Kriegszeit.“ Wenn sie aber wäre, wer (von euch) hätte gestritten, wer hätte sich in den Kampf gestürzt, wer hätte die feindlichen Schlachtreihen bedroht? Vielleicht Keiner. Denn S. 586 wenn ich sehen muß, daß du nicht einmal bereit bist, um Christi willen Geld und Gut hinzugeben, wie soll ich glauben, daß du in Noth und Tod für ihn gehen willst? Sag an, erträgst du mit Geduld die Schmähungen deiner Feinde und segnest du sie? Nein, das thust du nicht, in diesem Stücke gehorchst du nicht dem Willen Gottes. Sage mir, in einem Punkte, der keine sonderliche Beschwerde verursacht, da lässest du es an dir fehlen, willst aber große Leiden und Qualen auf dich nehmen? Wißt ihr nicht, daß man sich während des Friedens auf den Krieg vorbereiten muß? Sehet, die Kriegsleute rücken, auch wenn kein Krieg bevorsteht, im tiefsten Frieden mit blank gehaltenen Waffen unter ihren Führern, die sie in der Kriegskunst unterrichten, fast Tag für Tag hinaus in Feld und Au, um dort mit größtem Eifer den Kriegsübungen zu obliegen. Nun aber frage ich: Wo sind die geistlichen Streiter, die Solches thun? Nirgends. Und das ist der Grund, daß wir dann zur Zeit des Kampfes ungestählt und ungeübt sind und so leicht besiegt werden können.

Wie thöricht aber wäre es, zu wähnen, es sei jetzt keine Zeit des Kampfes, wenn doch St. Paulus laut ausruft: „Alle, die gottselig in Christo Jesu leben wollen, werden Verfolgung erleiden;“2 und wenn Christus sagt: „In der Welt werdet ihr Trübsale haben;“3 wenn der nämliche heilige Paulus uns mit unüberhörbarer Stimme zuruft: „Nicht gegen Fleisch und Blut haben wir zu kämpfen;“4 und ein anderes Mal: „So stehet denn, eure Lenden umgürtet in Wahrheit!“ Damals, als St. Paulus also sprach, da hat Keiner gesagt: Warum rufst du uns zu den Waffen, da doch kein Krieg ist? Warum verursachst du uns unnöthige Mühen und Beschwerden? Warum wappnest du die Streiter, während sie doch jetzt der Ruhe S. 587 pflegen könnten? Hätte damals Einer so gesprochen, so wäre ihm wohl folgende Antwort geworden: Allerdings müssen wir, auch wenn kein Krieg in Aussicht stünde, uns mit den Kriegsangelegenheiten gar ernstlich befassen. Denn wer sich im Frieden auf den Krieg vorbereitet, der wird zur Zeit des Kampfes gefürchtet sein. Wer aber von Kriegsvorbereitungen Nichts wissen will, der kann auch im Frieden nicht ruhig leben. Inwiefern? Insofern er für sein Hab und Gut in Angst sein muß, da er es zur Zeit des Kampfes nicht schirmen kann, denn die Güter der Feigen und Unkriegerischen werden eine Beute der tapfern und kriegskundigen Streiter. Das ist der erste Grund, warum ich euch zu den Waffen rufe. Der zweite Grund ist folgender:

Unsere ganze Lebenszeit ist eine Zeit des Krieges. Inwiefern? Allzeit bedroht uns der Teufel. Es steht geschrieben: „Er geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge.“5 Unzählige Einflüsse der Sinnenwelt stürmen auf uns los. Um uns nicht selbst zu betrügen, wollen wir einen Blick auf sie werfen. Da ist es einmal Reichthum, Schönheit, Weichlichkeit, Macht, Herrschaft, Neid, Ehre, Stolz, was uns zum Kampfe herausfordert. Dann ist es ferner unsere Ehre, wegen welcher wir kämpfen müssen, da sie uns im Streben nach Demuth hemmt, da ist es ferner fremde Ehre, die uns zum Kampfe Veranlassung gibt, soferne sie uns zu Neid und Mißgunst verleiten will. Und dann das Gegentheil von all diesen Dingen! Armuth, Schande, Verachtung, Verstoßung, Zurücksetzung. Zu diesen Dingen kommen noch viele andere Einwirkungen der Außenwelt: Bosheit der Menschen, Nachstellungen, Betrügereien, Verleumdungen, Benachteiligungen jeder Art. Und dazu kommt dann noch Das, was uns die bösen Geister zufügen, die Gewalten, Mächte, die Fürsten S. 588 der Finsterniß dieser zeitlichen Welt, die Geister der Bosheit. Freude und Schmerz ändert unsere Stimmung, beide Dinge können gefährlich für uns werden, ja sogar Gesundheit und Krankheit. Was kann uns nicht Alles Anlaß zur Sünde werden! Soll ich gleich von Anfang beginnend, von Adam sprechen? Was war es, das einen Adam zum Falle gebracht? Gaumenlust und Stolz ist es gewesen. Was seinen Sohn? Scheelsucht und Neid. Was die Zeitgenossen Noes? Fleischeslust mit all ihren schlimmen Folgen. Was dessen Sohn? Schamlosigkeit und Frechheit. Was die Sodomiten? Frevelmuth, Üppigkeit und Völlerei.

Oft aber ist auch die Armuth eine Veranlassung zum Bösen. Darum hat einst ein Weiser gesagt: „Reichthum und Armuth gib mir nicht!“6 Allein es ist eigentlich weder der Reichthum noch die Armuth, was Gefahr bringt, sondern der freie Wille, der diese Dinge nicht recht zu gebrauchen versteht. Darum heißt es: „Erkenne, daß du mitten durch Fallstricke hindurchwandelst!“


  1. Hebr. 12, 4. ↩

  2. II. Tim. 3, 12. ↩

  3. Joh. 16, 33. ↩

  4. Eph. 6, 12. ↩

  5. I. Petr. 5, 8. ↩

  6. Sprichw. 30, 8. ↩

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Homilien über den I. Thessalonicher-Brief (BKV)

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