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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In epistulam i ad Thessalonicenses homiliae 1-11 Homilien über den I. Thessalonicher-Brief (BKV)
Siebente Homilie.

5.

Wozu nun diese Erörterungen? Diese stehen in inniger Beziehung zu unserm Thema, der Lehre von der Auferstehung. Auch durch diese Erwägungen soll unser Glaube an die Auferstehung gefestigt werden, denn wenn wir vielleicht einmal gerne dieses Geheimniß oder auch ein anderes mit unserm Verstande begreifen möchten und nicht können, so darf uns das gar nicht verdrießen und wir dürfen uns darüber nicht grämen, sondern wir sollen die Versuchung zu solchen Grübeleien rasch abweisen im Gedanken an die Allmacht Gottes, bei dem kein Ding unmöglich ist.

Sind wir nun so belehrt, so wollen wir unsere Gedanken zügeln und nicht hinausstreben über die Grenzen S. 656 und Schranken der menschlichen Erkenntniß. „Denn wenn Einer,“ sagt der Apostel, „auf sein Wissen sich Etwas einbildet, so weiß er noch gar nicht, was für ein Bruchstück sein Wissen ist,“1 und das sagt der Apostel nicht nur von der Erkenntniß Gottes, sondern von jeglicher Wissenschaft. Was willst du z. B. von der Erde erforschen? Was weißt du von ihr? Welches ist ihr Umfang, ihre Größe, ihre Lage, ihre Beschaffenheit, ihre Stellung im Weltall, was ist das Fundament, auf welchem sie ruht. Kannst du diese Fragen beantworten? Daß sie kalt, trocken, dunkel ist, das weißt du vielleicht, aber was sonst noch? Und wie ist es mit dem Meere? Auch das ist dir ein Räthsel, um dessen Lösung du dich vergeblich mühst. Du weißt nicht, wo es anfängt, wo es aufhört, worauf es ruht, was den Meeresgrund trägt, wie weit es sich ausdehnt, ob hinter demselben sich noch Land befindet, oder ob es endet in Wasser und Luft. Aber vielleicht weißt du, was sich im Meere befindet? Oder soll ich dich über die Luft fragen? Oder über die Elemente? Aber auch darüber kannst du keinen Aufschluß geben. Doch lassen wir Dieß!

Wir wollen einmal eine ganz unbedeutende Pflanze hernehmen. Wie entsteht das gewöhnliche Gras, das keinen Samen hat? Wächst es nicht im Wasser, auf dem Erdboden, auf dem Miste? Was gibt ihm sein schönes Ansehen, seine bewunderungswürdige Farbe? Und warum muß es wieder trotz seiner Schönheit verwelken? Das kommt Alles nicht vom Wasser, nicht von der Erde. Du siehst, daß man überall auf das Glauben angewiesen ist.

Darum laß dich belehren, Staubgeborener, über natürliche und übernatürliche Dinge, darum sollst du dich nicht vermessen, mit deinem Pygmäenverstande erhabene Himmels- S. 657 Geheimnisse erfassen zu wollen. Und daß es nur himmlische Dinge wären, die Manche zum Gegenstande ihrer Grübeleien machen, und nicht auch der Herr des Himmels selbst! Die Erde kennst du nicht, von der du genommen bist, auf der du erzogen bist, die du bewohnst, auf der du wandelst, ohne die du nicht einmal athmen kannst, und du willst Dinge erforschen, die deinem Gesichtskreis so weit entrückt sind! In der That, bei nur einigem Nachdenken muß der Mensch durchdrungen werden von dem lebhaften Gefühle seiner Ohnmacht!

Wenn Jemand dir zumuthen würde, in die Tiefe des Meeres hinabzusteigen und den Grund desselben zu erforschen, so würdest du eine solche Zumuthung zurückweisen. Den unergründlichen Abgrund göttlicher Geheimnisse aber willst du aus eigenem Antrieb erforschen? Nimmermehr laß dir Solches in den Sinn kommen! Bleibe in dem sicheren Schiffe, das nur auf der Oberfläche des Meeres trägt, und wage dich nicht in die Tiefe, nur ausgerüstet mit den schwachen Hilfsmitteln der natürlichen Denkkraft, sonst möchtest du leicht, weil nicht im Besitze hinreichender Kräfte, ins Verderben stürzen. Und dieses unser sicheres Fahrzeug ist die heilige Schrift, und an diesem Fahrzeuge sind aufgespannt die Segel des Glaubens, und der Steuermann ist Gott selbst und sein heiliges Wort. Beginnen wir die Seefahrt, lediglich auf natürliche Kraft gestützt, so werden wir alle diese sichern Hilfsmittel entbehren, und wir sind dann in doppelter Gefahr. Wir haben kein Fahrzeug und keinen Steuermann. Ist nun aber schon ein Schiff ohne Steuermann in Gefahr, wie kann man sichere Rettung hoffen, wenn beides fehlt?

Darum wollen wir uns nicht in augenscheinliche Gefahr stürzen, sondern allezeit den sichern Weg wandeln und fest halten an dem Anker, den Gott selbst uns geboten. So werden wir dereinst in größter Sicherheit und S. 658 reich an schätzen einlaufen in den Hafen der Ruhe und erlangen die Seligkeit, die Denen bereitet ist, die Gott lieben in Jesu Christo, unserm Herrn, welchem mit dem Vater und dem heiligen Geiste Ehre und Ruhm und Herrlichkeit sei in alle Ewigkeit! Amen.

S. 659


  1. I. Kor. 8, 2. ↩

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Homilien über den I. Thessalonicher-Brief (BKV)

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