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15. Dann werden die in Christo Gestorbenen zuerst auferstehen,
S. 662 16. und wir, die wir noch leben und übrig geblieben sind, zugleich mit ihnen entrückt werden in Wolken Christo entgegen in die Luft und werden so immerfort bei dem Herrn sein. 17. So tröstet denn einander mit diesen Worten!
Wenn nun Christus herabkommen wird, weßhalb sollen wir dann in die Höhe entrückt werden? Der Ehre wegen. Denn wenn ein König in eine Stadt einziehen will, dann gehen Diejenigen, welche in Ehre und Ansehen stehen und bei ihm in Gunst sind, vor die Stadt hinaus ihm entgegen; die Schuldbeladenen aber erwarten ihn innerhalb der Stadt als ihren Richter. Und bei der Ankunft eines geliebten Vaters fahren die guten Söhne desselben auf Wagen hinaus, um ihn zu sehen und zu begrüßen, während diejenigen Hausgenossen, welche ihn beleidigt haben, ihn zu Hause erwarten. So werden auch wir auf dem Wagen des Vaters fahren und gleichwie er den Sohn in Wolken aufgenommen hat, so werden auch wir in Wolken entrückt werden.
Seht, welch eine große Ehre! Wir dürfen die Schaar bilden, die ihm entgegenzieht, wenn er herabkommt, und wir werden, o welche Fülle von Seligkeit, so allzeit beim Herrn sein. „Wer kann aussprechen die Großthaten des Herrn, wer verkünden all sein Lob?“1 Wie unermeßlich sind die Wohlthaten, die er in seiner Gnade dem Menschengeschlechte erwiesen! Zuerst werden die Abgestorbenen auferweckt, und vereint mit diesen ziehen alle Jene ihm entgegen, welche dann noch am Leben sind. Abel, der vor Allen gestorben ist, zu gleicher Zeit mit allen Übrigen. In dieser Beziehung werden die längst Abgeschiedenen Nichts S. 663 vor den Andern voraushaben, sondern Diejenigen, welche schon viele Jahre im Grabe gelegen und verwest sind, diese werden mit den Andern dem Herrn entgegen gehen. Denn wenn Jene warten müßen mit ihrer Krönung, bis wir auch gekrönt werden, (worauf sich das Wort des Apostels bezieht, wenn er sagt: Gott hat uns einen Vorzug eingeräumt, dadurch, daß seinem Willen gemäß Jene nicht vor uns zur Vollendung gelangen sollten,2 ) so ist es auch nicht mehr als billig, daß wir wenigstens nicht vor ihnen in die Herrlichkeit eingehen (wie manche Thessaloniker gemeint haben). Und dadurch sind wir nicht zurückgesetzt, denn sie müssen auf uns warten, nicht wir auf sie; denn wenn einmal die Auferstehung beginnt, dann ist sie plötzlich, in einem Augenblicke ins Werk gesetzt.
Wenn es nun heißt: „Sie werden die Auserwählten von den vier Winden zusammenbringen,“ so will Das heißen: Die Todten werden alle auferstehen, an einen Ort zusammengebracht aber werden sie von den Engeln. Daß sie auferstehen, wird bewirkt durch die Allmacht Gottes, der da gebeut, daß die Erde die ihr anvertrauten Leiber wieder herausgebe, und dabei findet keine Mithilfe der Engel statt, so wenig, wie damals, als Christus dem Lazarus zurief: „Lazarus, komm heraus!“3 Das Herbeiführen jedoch ist den dienenden Geistern übertragen.
Wenn nun aber die Engel nach allen Richtungen hin eilen und die Todten zusammenbringen, wie sollen dann diese entrückt werden? Entrückt werden sie erst, nachdem die Engel, herabgestiegen vom Himmel, sie versammelt haben.
Das alles aber geschieht in einem Augenblick, ohne daß selbst die Engel vorher Etwas davon wissen. Erst dann, wenn S. 664 sie sehen, daß der Erdboden Leben bekommt, daß der Staub sich zu Körpern gestaltet, daß allenthalben die Leiber auferstehen, ohne fremde Beihilfe, weil das Wort des Herrn allein mächtig genug ist, alle Gräber ihres Inhaltes zu entleeren, (und stellt euch vor, was das sagen will: alle Menschen, von Adam angefangen bis zum jüngsten Tag mit Weib und Kindern sollen dastehen), erst dann, wenn die Engel diese gewaltige Bewegung auf Erden sehen, dann erst werden sie wissen, um was es sich handelt, ebenso wie sie das Geheimniß der Menschwerdung auch dann erst erfuhren, als es verwirklicht wurde.
Wenn Das alles geschehen ist, dann erst wird der laute Ruf des Erzengels an die Engel ergehen, dann wird mächtig ertönen der Schall der Posaunen. Welcher Schrecken, welches Entsetzen wird Jene ergreifen, welche auf der Erde zurückgelassen werden! „Denn Eine wird entrückt, die Andere zurückgelassen werden, der Eine wird aufgenommen, der Andere verstoßen werden.“4 Wie wird Diesen zu Muthe sein, wenn sie sehen, daß Andere in die Höhe gehoben, sie selbst aber zurückgewiesen werden! Muß das nicht eine Qual bereiten, schrecklicher als Höllenpein!