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Kurz, alle die Vorwände, sie mögen noch so schön klingen, sind eitel und grundlos. Daß man nicht bloß der Kinder wegen so sehr auf das Geld sieht, geht ja schon auch daraus hervor, daß auch Solche, welche keine Kinder haben und auch keine bekommen werden, sich so sehr wegen der irdischen Güter abarbeiten und plagen und kümmern, wie wenn sie tausend Kinder zu versorgen hatten. Nein, es ist nicht die Sorge für die Kinder, welche so geldsüchtig macht, sondern es ist dieß die Folge einer Seelenkrankheit; daher kommt es, daß Viele, welche keine Kinder haben, gar so geldgierig sind, während Andere, die sehr viele Kinder haben, das Vermögen, das sie besitzen, ganz gering achten. Diese werden einstens am Tage des Gerichtes gegen dich Zeugniß geben. Denn wenn die schuldige Sorge für die Kinder dazu nöthigen würde, Schätze anzusammeln, so müßten auch diese von derselben Geldgier und Habsucht beherrscht sein. Da dieses aber nicht der Fall ist, so hat dieser Hang nach Geld nicht etwa in einer großen Anzahl der Kinder, sondern in der Leidenschaft ihren Grund.
S. 710 Da sagt wieder Mancher: Diejenigen möchte ich kennen, welche trotz einer zahlreichen Kinderschaar Geld und Gut gering schätzen. Darauf antworte ich: Es gibt deren gar Viele an mancherlei Orten. Ich will dir auch aus der Zahl der Alten etwelche namhaft machen. Hatte nicht Jakob zwölf Söhne? Hat er nicht um Lohn gedient? Wurde er nicht von seinem Schwiegervater betrogen? Hat dieser ihn nicht zu wiederholten Malen getäuscht? Und doch hat ihn die große Zahl seiner Kinder nicht veranlaßt, sich ungerechten Gewinn zu verschaffen.
Deßgleichen Abraham. Hat er nicht außer dem Isaak noch viele andere Kinder gehabt? Hat er nun nicht alle seine Güter den Fremden zur Verfügung gelassen? Weißt du nicht, daß er nicht nur Niemand betrog, sondern sogar auf Besitzthümer verzichtete, und daß er nicht nur Andern Wohlthaten erwies, sondern sogar die Unbilden von Seiten seines Vetters sich gefallen ließ? Denn um Gottes willen den Verlust von Gütern ertragen, ist viel verdienstlicher, als Andern Gutes thun. Der Grund ist leicht erkennbar. Letzteres ist eine freiwillige Sache und fällt daher dem Menschen nicht gar so schwer; das Andere aber schließt Gewalt und Übermuth von Seiten Anderer in sich, und ist daher für den Menschen viel schwerer zu ertragen. Leichter gibt man freiwillig tausend Talente hin, als daß man sich gegen seinen Willen auch nur drei Obolen entreißen ließen und es noch dazu mir Geduld ertrüge. Denn das setzt viel größere Seelenstärke voraus. Und bei Abraham war dieß der Fall. „Denn,“ heißt es in der hl. Schrift, „Lot sah die ganze Umgegend, und sie war bewässert wie das Paradies Gottes, und er wählte sich dieselbe aus.“1 Abraham aber sagte Nichts dagegen. Seht ihr, wie er S. 711 nicht nur nicht Unrechtes that, sondern auch noch sich Unrecht zufügen ließ?
Warum aber klagst du, o Mensch, deine Kinder an? Nicht deßhalb hat uns Gott die Kinder gegeben, damit wir Andere ihrer Habe berauben. Nimm dich wohl in Acht, daß du nicht durch solcherlei Reden den Zorn Gottes auf dich ladest! Denn wenn du die Schuld deiner Raubgier und Habsucht auf diese schiebst, so könnte sie leicht Gott dir nehmen, da sie deinem Seelenheile Schaden verursachen. Gott hat dir die Kinder gegeben, damit sie für dich im Alter sorgen, und damit sie von dir zur Tugend angeleitet werden. Darum hat Gott gewollt, daß im menschlichen Geschlechte solche Wechselbeziehungen bestehen, darum hat IV. er besonders zwei wichtige Vorkehrungen getroffen, nämlich erstens, daß er die Eltern als Lehrer und Meister der Kinder aufstellte, und daß er zweitens diesen eine große Liebe ins Herz pflanzte. Kämen die Menschen ohne Eltern zur Welt, so würde Jeder dem Andern gleichgültig gegenüber stehen. Wenn schon jetzt, da es doch Eltern, Kinder und Verwandte gibt, Viele sich um Andere gar nicht kümmern, um wie viel mehr würde dieß erst dann der Fall sein! Zu diesem Zweck also hat dir Gott deine Kinder gegeben, gebrauche also nicht ihren Besitz als Ausrede für deine Fehler!
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I. Mos. 13, 10—11. ↩