2.
Der Herr leite eure Herzen zur Liebe Gottes.
Gibt es doch so viele Dinge, welche den Menschen von der Liebe Gottes abwendig machen, so viele Pfade, welche von derselben wegführen! Da ist es einmal der Geldgeiz, der gleichsam mit großer Frechheit Hand an unsere Seele legt, sich an sie anklammert und sie auch gegen unsern Willen von der Liebe abzieht und losreißt. Sodann ist es der Ehrgeiz, oft auch Drangsale und Versuchungen, welche uns trennen von der Liebe. Darum bedürfen wir der göttlichen Gnade gleich eines günstigen Fahrwindes, der da uns mit vollen Segeln hintreibe zur Liebe Gottes. Sage mir da Keiner: Ich liebe Gott und liebe ihn mehr als mich selbst. Das sind nun allerdings schöne Worte; allein wenn du Gott wirklich mehr als dich selber liebst, gut, dann zeige es auch durch die That. Liebe ihn mehr als das Geld, dann will ich auch glauben, daß du ihn mehr als dich liebest. Vermagst du aber schon die irdischen Güter S. 797 nicht aus Liebe zu Gott gering zu schätzen, wie wirst du deine eigene Person um Gottes willen gering schätzen! Doch, was sage ich von irdischen Gütern? Du, der du dich nicht einmal von Geiz und Habsucht lossagen kannst, was du schon ohne die Gebote Gottes thun müßtest, du wirst dich von dir selbst lossagen?
Und zur Standhaftigkeit Christi.
Was heißt das? Wir sollen standhaft ausharren, gleichwie Christus ausgeharrt hat; oder wir sollen gleich ihm wirken; oder auch, wir sollen mit Standhaftigkeit auf ihn harren, d. h. uns allzeit bereit halten. Weil er uns nämlich Vieles verheißen hat und weil er selber kommen wird, zu richten die Lebendigen und die Todten, so harren wir auf ihn in der gespanntesten Erwartung. Wenn der Apostel von Standhaftigkeit spricht, so deutet er immer auf Trübsale hin. In Drangsalen nämlich unerschütterlich ausharren, das ist ein Beweis wahrer Liebe zu Gott.
6. Noch gebieten wir euch, Brüder, im Namen unsers Herrn Jesu Christi, daß ihr euch von jedem Bruder zurückziehet, der unordentlich und nicht nach der Lehre wandelt, welche sie von uns empfangen haben.“
Damit will der Apostel sagen: Nicht ich bin es, der dieses sagt, sondern Christus. Dieß liegt in den Worten: „Im Namen unsers Herrn Jesu Christi.“ Damit gibt er kund, daß es mit diesem Gebote eine furchtbar ernste Bewandtniß habe. „In Christi Namen verkünden wir euch.“ Also Christus hat geboten, daß wir nimmermehr müßig sein sollen.
Daß ihr euch von jedem Bruder zurückzieht.
Glaube nicht, es handle sich um reich oder arm oder S. 798 heilig; es handelt sich um Unordentlichkeit. „Der unordentlich wandelt,“ d. h. lebt.
Und nicht nach der Lehre, welche sie von uns empfangen haben.
Der Apostel meint damit die Lehre, die in seinem eigenen Beispiel liege, und diese meint er vorzugsweise immer, wenn er von „Lehre“ spricht.
7. Denn ihr selbst wisset, wie ihr uns nachahmen sollet, daß wir nicht unordentlich unter euch gelebt und Niemandes Brod umsonst gegessen haben.
Gesetzt aber auch, ich hätte meinen Unterhalt von euch bezogen, so hätte ich ihn doch nicht umsonst bezogen, denn „der Arbeiter ist seines Lohnes werth“.1
8. Sondern daß wir mit Mühe und Beschwerde Tag und Nacht gearbeitet haben, um Keinem unter euch zur Last zu fallen. 9. Nicht als ob wir kein Recht dazu gehabt hätten, sondern um uns selbst euch als Muster zur Nachahmung darzustellen. 10. Denn das haben wir euch, als wir bei euch waren, eingeschärft, daß, wer nicht arbeiten will, auch nicht essen soll.
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Luk. 10, 7. ↩