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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In epistulam i ad Timotheum argumentum et homiliae 1-18 Homilien über den I. Brief an Timotheus (BKV)
Zweite Homilie.

III.

Streben wir also diesem Glanze nach, den an Werth Nichts erreicht; lassen wir jenen andern bei Seite, dem an Werthlosigkeit Nichts gleichkommt. „Brüste dich nicht mit der Falte des Gewandes,“ heißt es.1 Solches ward in alter Zeit kleinen Kindern2 zugerufen. Auch der Tänzer, die Hure, der Komödiant hat Gewänder an und zwar schönere und kostbarere als du. Und überdieß brüstest du dich mit einem Ding, um dessen Besitz dich die Motten bringen, wenn sie sich daran machen. Siehst du, welch unbeständiges Ding es ist um den Glanz des irdischen Daseins? Du brüstest dich mit einem Ding, welches Würmer erzeugen und Würmer vernichten. Man sagt, es seien winzige Thierchen in Indien, von welchen diese Gespinnste gefertigt werden. Du kannst dir einen Mantel kaufen, wenn du willst, der aus himmlischem Stoffe gewoben ist, ein wunderbares und herrliches Gewand, einen Mantel von ächtem Gold. Dieses Gold ist kein Metall, das Verbrecherhände3 aus der Erde gruben, sondern ein Produkt der Tugend. Umhüllen wir uns mit diesem Kleide, das nicht arme Leute und Sklaven herstellen, sondern Gott der Herr selber. Aber, wirst du sagen, ist denn in diesen Mantel Gold hineingewoben? Was geht Das dich an? Den Verfertiger (des Mantels) bewundert Alles, nicht den Träger. Jener ist ja in Wirklichkeit der Schöpfer des Prachtstückes. Gleichwie wir bei gewöhnlichen Kleiderstoffen S. 36 nicht das Holz in der Walkerstube bewundern, worauf der Stoff ausgespannt ist, sondern den Mann, der denselben verfertigt, obwohl das Holz es ist, das ihn trägt und woran er befestigt ist; wie also diese Gewandstoffe nicht des Holzes wegen da befestigt sind, so ist’s auch bei jenen anderen Gewändern nicht der Fall. Es handelt sich nämlich um den Stoff selber, damit er tüchtig geschwungen und nicht ein Fraß der Motten wird.4

Wie sollte es also nicht die ärgste Thorheit sein, auf Nichts solchen Eifer zu verwenden (wie auf irdischen Tand). Alles dafür in Bewegung zu setzen, sein ewiges Heil preiszugeben, an die Hölle nicht zu denken, gegen Gott zu freveln, den hungernden Christus zu vergessen? Was soll man sagen zu dem Luxus mit wohlriechenden Dingen aus Indien, Arabien und Persien, trockenen und flüssigen? zu dem Luxus mit Salben und Parfüm, was Alles einen hohen und unnützen Aufwand verursacht? Wozu salbst du, o Weib, deinen Körper, der innen voll Unreinigkeit ist? Warum lassest du dich wegen deines üblen Geruches so viel kosten und thust Dasselbe, wie wenn Jemand eine Salbe in den Koth wirst oder Balsam auf einen Ziegelstein gießt? Es gibt wirklich eine Salbe, wenn du willst, es gibt wirklich ein Parfüm, womit du deine Seele salben kannst, nicht aus Arabien, nicht aus Äthiopien, nicht aus Persien, sondern vom Himmel selber stammend, gekauft nicht mit Gold, sondern mit freier Wahl des sittlich Guten und mit ungeheucheltem Glauben. Diese Salbe kauf’ dir, deren Wohlgeruch die ganze Welt zu erfüllen vermag! Von ihr dufteten die Apostel. „Wir sind ein herrlicher Wohlgeruch,“ sagt ja der Apostel, „den Einen zum Tode, den Andern zum Leben.“5 Was heißt Das? Nun, man S. 37 sagt ja, daß auch die Schweine am Wohlgeruch ersticken. Übrigens nicht bloß der Leib der Apostel duftete von der geistigen Salbe, sondern auch ihre Kleider. Die Gewänder des hl. Paulus dufteten ja so herrlich, daß sie die Dämonen verscheuchten. Welches aromatische Blatt, welche Kassia, welche Myrrhe übertrifft nicht an Annehmlichkeit und Nützlichkeit ein solcher Wohlgeruch! Wenn er die Dämonen verscheuchte, was vermochte er nicht sonst noch Alles? Diese Salbe wollen wir uns anschaffen! Sie verschafft uns aber die Gnade des heiligen Geistes mittelst Almosen. Von dieser Salbe sollen wir auch dereinst duften bei unserem Hingange in’s Jenseits und sollen so die Aufmerksamkeit der Heiligen auf uns lenken. Und wie hienieden die mit Wohlgerüchen Gesalbten Aller Augen auf sich lenken, und gleichwie dann, wenn der Salbenduftende ein Bad betritt oder eine Kirche oder sonst einen frequenten Ort, Alles mit den Blicken an ihm hängt und Alles sich ihm zuwendet: so ist’s auch in jener Welt. Wenn die Seelen, welche geistigen Wohlgeruch aushauchen, eintreten, dann steht Alles auf und schaart sich um sie. Und auch hienieden wagen die Dämonen und die Laster sich nicht an sie heran und vertragen ihren Wohlgeruch nicht; sie ersticken daran. Also in diese Dunstwolke wollen wir uns hüllen! Jene andere verleiht uns auch den Schein von unmännlicher Weichlichkeit, diese aber den von Seelenstärke; sie macht uns zu einem richtigen Gegenstand der Bewunderung. Auch viel Vertrauen flößt sie uns ein. Dieser Dunst ist nicht ein Produkt der Erde, sondern ein Kind der Tugend. Er welkt nicht, sondern blüht fort. Er macht seinen Besitzer werthvoll. Mit diesem Wohlgeruch werden wir gesalbt bei der Taufe, und dann duften wir herrlich. Und daß wir auch in der Folge davon duften, das ist Sache unseres Eifers. Deßhalb sind auch vor Alters die Priester gesalbt worden. Das war ein Symbol der Tugend. Der Priester soll angenehm duften. Die Sünde aber ist das Uebelriechendste, was es gibt. Vernimm, wie der Prophet S. 38 sie schildert: „Es stanken und faulten meine Striemen.“6 Wahrhaft schlimmer und stinkender als Fäulniß ist die Sünde. Was stinkt denn z. B. ärger als Unzucht, sag’ es mir? Wenn du es auch im Momente der That nicht empfindest, so betrachte, was es um die Sünde ist nach der That, dann wirst du ihren Gestank, ihren besteckenden Schmutz, ihr schmerzliches Brennen, ihre Abscheulichkeit schon wahrnehmen! So ist’s mit jeder Sünde; bevor sie begangen ist, hat sie etwas Süßes, nachdem man sie aber vollbracht, dann ist’s mit der Süssigkeit aus und zu Ende, dann kommt die Traurigkeit und Beschämung. Bei der Gerechtigkeit ist das Gegentheil der Fall. Anfänglich macht sie Beschwerden, zuletzt aber bringt sie Vergnügen und Wohlbehagen. Übrigens kann bei der Sünde auch der Genuß kein ächter sein wegen der bevorstehenden Schande und Strafe, und andererseits bei der Gerechtigkeit die Beschwerde nicht wirklich eine solche wegen der Hoffnung auf Belohnung. Sag’ mir, wie ist’s bei der Trunksucht? Gewährt sie nicht höchstens nur beim Trinken selber einen Genuß? oder vielmehr nicht einmal beim Trinken? Wenn nämlich dem Trunkenbold die Sinne vergehen, und wenn er von den Anwesenden Niemand mehr sieht, wenn er sich schlimmer geberdet als ein Wahnsinniger, wo ist da noch ein Vergnügen? Auch in der unzüchtigen Handlung liegt kein Genuß. Denn wenn die Seele als Sklavin der Lust das Urtheil verliert, was ist das für ein Vergnügen? Wenn sich’s so verhält, dann ist auch das Vergnügen ein schäbiges. Das nenne ich keinen ächten Genuß, wenn die Seele in der Lust vom Körper gefesselt und gezerrt wird. Was ist das für ein Vergnügen, mit den Zähnen knirschen, die Augen verdrehen, einen Kitzel empfinden und sich über Gebühr erhitzen! Es ist Das so wenig ein Vergnügen, daß wir uns beeilen, um es schnell hinter uns zu haben, und Mißbehagen empfinden, wenn es vorbei ist. Wenn es wirk- S. 39 lich ein Genuß ist, dann gib ihn nicht auf, beharre bei dem Vergnügen! Siehst du, daß es sich hier nur um den Namen eines Vergnügens handelt? Aber bei uns verhält sich’s nicht so. Da ist ächte Süssigkeit, nicht ein Genuß, der Etwas von der zehrenden Flamme hat, sondern ein solcher, der die Seele frei schalten läßt und sie mit Wonne ganz durchtränkt. So war die Wonne des Paulus beschaffen, wenn er sagt: „Darin freue ich mich (nicht bloß jetzt), sondern werde mich auch freuen;“ und: „Freuet euch im Herrn allezeit!“7 Jene sündhafte Lust bringt Schande und Strafe; sie sucht das Dunkel auf und schafft Sorgen ohne Zahl; diese aber weiß Nichts von all Dem. Ihr also wollen wir nachstreben, damit wir der ewigen Seligkeit theilhaftig werden durch die Gnade und Liebe unseres Herrn Jesus Christus, mit welchem dem Vater sowie dem heiligen Geiste sei Ruhm, Herrlichkeit und Ehre jetzt und in alle Ewigkeit. Amen.

S. 40


  1. Ekkli. 11, 4. ↩

  2. D. h. unvernünftigen Leuten. ↩

  3. Bekanntlich war im Altertum die Arbeit in den Bergwerken ein Aequivalent der Todesstrafe. ↩

  4. Der griechische Text ist in dieser ganzen Stelle sehr verworren und unklar. ↩

  5. II. Kor. 2, 16. ↩

  6. Ps. 27, 5. ↩

  7. Philipp. 2, 18; 4, 4. ↩

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Homilien über den I. Brief an Timotheus (BKV)

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