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Œuvres Jean Chrysostome (344-407) In epistulam i ad Timotheum argumentum et homiliae 1-18 Homilien über den I. Brief an Timotheus (BKV)
Vierte Homilie.

II.

Siehst du, wie der Apostel sich neuerdings demüthigt und erniedrigt, indem er eine andere, für ihn noch weniger schmeichelhafte1 Ursache (der göttlichen Erbarmung) anführt. Damit nämlich, daß er sagt, er habe wegen seiner Unwissenheit Erbarmen gefunden, stellt er den Begnadigten nicht als sonderlich großen Sünder und allzu schlimmen S. 56 Verbrecher dar. In dem Gedanken aber, daß er deßhalb Erbarmen gefunden, damit für die Folge kein Sünder mehr verzweifle, sondern sich zur Hoffnung ermuthigt fühle, daß auch ihm dasselbe Erbarmen zu Theil werde, darin liegt eine überaus große, eine ganz gewaltige Demüthigung. Und obwohl der Apostel ausgerufen hatte: „Ich bin der erste der Sünder, ein Lästerer, Verfolger und Mißhandler, und ich bin nicht werth, ein Apostel zu heissen“ u. dgl., so hatte er doch etwas so Demüthigendes noch nicht ausgesprochen. Ein Beispiel wird Das klar machen. Man denke sich eine volkreiche Stadt! Sämmtliche Bürger sind schlechte Leute, der eine mehr, der andere weniger; alle sind zum Tode verurtheilt. Einer unter dieser Menge aber ist in hervorragendem Grade schuldig und strafbar, ein in jeder Beziehung verruchter Mensch. Wenn nun Jemand ankündigen würde, daß der König Alle begnadigen wolle, so wird seine Ankündigung keinen rechten Glauben finden, als bis man steht, daß dem Schlimmsten unter ihnen allen Begnadigung zu Theil wird. Wenn Das eintritt, zweifelt Niemand mehr. Und so sagt auch Paulus, Gott habe, indem er den Menschen eine Bürgschaft dafür geben wollte, daß er ihnen Alles vergeben, dazu den größten Sünder von allen herausgesucht. Wenn ich Verzeihung erlangt habe meint er, dann darf bezüglich der Andern Niemand mehr Zweifel hegen, wie man auch sonst zu sagen pflegt: „Nun, wenn Gott Dem verzeiht, wird er von den Andern Keinen mehr strafen.“ Auch deutet der Apostel damit an, daß er persönlich eine Verzeihung gar nicht verdient habe, sondern daß ihm dieselbe nur mit Rücksicht auf das Seelenheil Anderer zu Theil geworden sei. Niemand, will er sagen, zweifle jetzt mehr an seinem Heile, nachdem ich es erlangt habe. Man betrachte die Demuth dieses heiligen Mannes! Er sagt nicht bloß: „Damit er seine Langmuth an mir offenbare,“ sondern seine „ganze Langmuth“, als wollte er sagen: „Eine größere Langmuth als bei mir hat Gott bei keinem Anderen bewiesen; einen solchen Sünder findet man nicht mehr, welcher das ganze Erbarmen, die ganze Lang- S. 57 muth Gottes in Anspruch nehmen muß, nicht bloß einen Theil wie Menschen, die bloß theilweise sündhaft sind.

„Als Vorbild für Diejenigen, welche an ihn glauben werden zum ewigen Leben,“ d. h. als Aufforderung, als Lockmittel.

Nachdem aber der Apostel Großes verkündet hat von dem Sohne und von der großen Liebe erzählt hat, die derselbe geoffenbart, so bringt er, damit Niemand wähne, als ob der Vater dieser Liebe entrathe, auch diesem seine Huldigung und fährt fort:

17. Dem Könige des Weltalls aber, dem Unvergänglichen, dem Unsichtbaren, dem alleinigen, weisen Gotte sei Ehre und Herrlichkeit in alle Ewigkeit! Amen.

Für diese Dinge, will er sagen, preisen wir nicht bloß den Sohn, sondern auch den Vater. Wenden wir uns nun an die Häretiker! Siehe, von einem „alleinigen“ Gotte spricht der Apostel, indem er vom Vater redet! Also ist der Sohn nicht Gott? Und von einem alleinigen „Unvergänglichen“. Ist also der Sohn nicht unvergänglich? Und er selber hat nicht, was er uns im Jenseits verleihen wird (die Unsterblichkeit)? So ist es nicht, erwidert man; er ist Gott und ist unvergänglich, aber nicht in derselben Weise wie der Vater. Wie? Er ist nicht der Nämliche, er steht der Natur nach tiefer? Also auch in der Unvergänglichkeit? Was ist aber Das, ein Mehr und Weniger von Unvergänglichkeit? Die Unvergänglichkeit ist ja doch nichts Anderes als die Negation der Vergänglichkeit. Die Herrlichkeit kann ein größeres und geringeres Maaß haben, die Unvergänglichkeit hat Das nicht, sowenig wie die volle Gesundheit. Es muß ein Ding entweder überhaupt vergänglich sein oder gar nicht. Wie steht es nun: Sind wir in derselben Weise unvergänglich (wie der Vater)? S. 58 Bewahre! Keineswegs! Und warum? Weil der Vater diese Eigenschaft seiner Natur nach besitzt, wir aber nur als Accidens. Ist es dann auch beim Sohne also? Keineswegs. Auch bei ihm liegt sie in der Natur. Worin liegt aber denn der Unterschied? Darin, daß der Vater diese Eigenschaft Niemand Anderem zu verdanken hat, der Sohn aber dem Vater. Auch wir gestehen Das zu. Auch wir stellen nicht in Abrede, daß der Sohn vom Vater in unsterblicher Weise erzeugt worden ist. Darum preisen wir eben den Vater, daß er den Sohn also erzeugt hat. Man sieht, daß der Vater dann am meisten gepriesen wird, wenn man Großes vom Sohne sagt. Wenn er also den Sohn als ein mächtiges, ihm gleiches, als sich selbst genügendes, in sich befriedigtes, starkes Wesen erzeugt hat, fällt dann auf den Sohn mehr Ehre als auf den Vater?

„Dem Könige des Weltalls“ wird sonst auch vom Sohne gesagt, weil auch er das Weltall geschaffen. Und so gilt es auch hier von ihm. In menschlichen Dingen sind „Bauen“ (δημιουργία) und „Schaffen“ zwei verschiedene Begriffe. Der Bauende bereitet vor, konstruirt, arbeitet; Derjenige, der den Bau „schafft“, kommandirt bloß. Weßhalb? Weil der Bauende unter dem Schaffenden steht. Bei Gott Vater und Sohn ist es durchaus nicht so. Da hat nicht der Eine kommandirt und der Andere gearbeitet. Und es fällt nur nicht ein, dem Vater die schöpferische Thätigkeit abzusprechen, wenn ich die Worte höre: „Durch den er die Welt erschaffen hat.“ Und wenn ich den Vater den „König des Weltalls“ nennen höre, dann fällt es mir nicht bei, dem Sohne die königliche Würde abzusprechen. Beiden ist Beides gemeinsam. Der Vater hat die Welt gegründet, indem er den Sohn als ihren Baumeister (δημιουργόν) erzeugte. Der Sohn bekleidet die königliche Würde als Herr der Schöpfung. Er ist ja kein Lohnarbeiter wie die unsrigen, kein Untergebener eines Andern wie diese, sondern sein Wirken entspringt S. 59 der ihm innewohnenden Güte und Liebe gegen die Menschen.

Wie ist’s ferner? Hat man den Sohn je gesehen? Das dürfte Niemand behaupten können. Warum heißt es also: „Dem unvergänglichen, unsichtbaren, allein weisen Gotte“? Nun, es heißt ja auch (vom Sohne): „Es gibt keinen andern Namen, in welchem wir das Heil erlangen;“ und wiederum: „Es ist in keinem Andern das Heil.“2

„Ehre und Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.“ Ehre und Herrlichkeit wird Gott nicht durch Worte zu Theil. Wie er selber also uns nicht durch Worte zu Ehren gebracht hat, sondern durch Werke und Thaten, so sollen auch wir ihn durch Werke und Thaten ehren, zumal da die Ehre, die er uns erweist, uns sehr nahe angeht, aber die Ehre, die wir ihm erweisen, ihn keineswegs sonderlich berührt. Er braucht sie von uns nicht, wir brauchen sie von ihm.


  1. Εὐτελεστέραν αἰτίαν. Den vortrefflichen Ausdruck „weniger schmeichelhaft“ verdanke ich dem Fortsetzer Arnoldi’s, PH. de Lorenzi, dessen Uebersetzung überhaupt als eine sehr gelungene bezeichnet werden muß. ↩

  2. Apostelg. 4, 12. ↩

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Traductions de cette œuvre
Commentaire sur la première épitre à Timothée Comparer
Homilien über den I. Brief an Timotheus (BKV)

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