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Works John Chrysostom (344-407) In epistulam i ad Timotheum argumentum et homiliae 1-18 Homilien über den I. Brief an Timotheus (BKV)
Vierte Homilie.

III.

Wenn wir daher ihn ehren, so werden wir hinwiederum uns selber ehren. Sowie Derjenige, der die Augen öffnet, um das Sonnenlicht zu schauen, nur sich selber nützt, indem er die Schönheit des Gestirnes bewundern kann, der Sonne selber aber keinen Dienst erwiesen hat, — er hat sie ja nicht leuchtender gemacht, sondern sie bleibt dieselbe, — so ist’s noch vielmehr bei Gott. Wer Gott ehrt und bewundert, der thut es zu eigenem Heile und schafft sich den größten Gewinn. Wie so? Weil er der Tugend nachstrebt und auf diese Weise von Gott verherrlicht werden wird. „Die mich verherrlichen,“ heißt es, „werde ich verherrlichen.“1 Wie ist es nun aber denkbar, frägt man, daß er selber verherrlicht wird, da er doch thatsächlich von un- S. 60 serer Verherrlichung gar Nichts hat? Geradeso, wie wenn es von ihm heißt, daß er hungert und dürstet. Er stellt sich nämlich in Allem auf gleiche Stufe mit uns, damit er uns vielleicht auch auf solche Weise an sich ziehe; er empfindet Ehre und Kränkung, um uns vielleicht auch auf diese Weise Furcht einzuflößen. Aber auch Das wirkt bei uns nicht.

„Lasset uns also Gott verherrlichen, lasset ihn preisen an unserem Körper und Geiste!“2 Wie kann Jemand Gott am Körper ehren, frägt man, wie am Geiste? Geist ist hier so viel wie Seele, im Gegensatz zum Körper. Also wie ehrt man Gott am Körper? wie an der Seele? Am Körper ehrt ihn, wer kein Hurer ist, kein Trunkenbold, kein Schlemmer, kein eitler Geck, wer den Körper nur insoweit pflegt, als es zur Gesundheit erforderlich ist, wer kein Ehebrecher ist. Es ehrt ihn die Frau, die sich nicht mit Salben beschmiert, nicht mit Farben das Gesicht bemalt, die mit dem Gebilde aus Gottes Hand zufrieden ist und zu demselben Nichts hinzukünstelt. Sage mir, was willst du denn mit deinen Zuthaten zu dem vollendeten Schöpfungswerke Gottes? Ist dir dieß Gebilde nicht schön genug? Willst du als bessere Künstlerin an das Werk noch die letzte Feile legen? Nein, nein! Darum schminkst du dich, darum kränkst du den Bildner deines Körpers, damit du eine ganze Schaar von Liebhabern gewinnst. „Was soll ich anfangen?“ erwiderst du. „ Ich habe an diesen Sachen keine Freude, aber um meines Mannes willen muß ich es thun. Verstehe ich mich nicht dazu, so finde ich keine Liebe bei ihm.“ Gott hat dir Schönheit verliehen, damit er auch darin bewundert, nicht damit er beleidigt werde. Mache ihm keine solchen Gegengeschenke, sondern erwidere ihm mit Enthaltsamkeit und Ehrbarkeit! Schönheit hat dir Gott verliehen, um den Kampfpreis für deine Tugend zu S. 61 erhöhen; denn es ist nicht Dasselbe, als viel Umworbene tugendhaft zu bleiben und es zu bleiben, ohne daß man von Jemandem eine Anfechtung erleidet. Weißt du, was die Schrift von Joseph erzählt? Daß er „blühend war und schön von Gesicht“.3 Was für einen Zweck hat Das für uns, wenn wir hören, daß Joseph schön war? Daß wir um so mehr seine Schönheit und Tugend bewundern. Gott hat dir Schönheit verliehen? Warum machst du dich also häßlich? Wie wenn nämlich Jemand eine goldene Bildsäule mit Koth überschmierte, so ist’s bei den Weibern, welche Schminke anwenden. Erdenkoth ist’s, was du dir auflegst, rothes und weisses. Aber die häßlichen Weiber, meint man, haben doch Grund, Das zu thun. Sag’ mir, warum denn? Damit sie ihre Häßlichkeit verbergen? Vergebliches Bemühen! Wann wird jemals die Natur von der Kunst und Pflege übertroffen? Und warum verursacht die Häßlichkeit solches Leid, da sie keine Schande ist? Höre, was ein Weiser spricht: „Tadle keinen Mann ob seines Gesichtes und lobe keinen Mann ob seiner Schönheit!“4 Bewundere vielmehr Gott, den besten Künstler, nicht den schönen Mann; des letzteren Werk ist ja die Schönheit nicht. Sprich, was bringt die Schönheit für einen Gewinn? Gar keinen, im Gegentheil mehr Kämpfe, größere Versuchungen, Gefahren und mehr Argwohn. Eine Frau, die nicht schön ist, wird Niemandem verdächtig; eine schöne aber, falls sie nicht ganz ausserordentliche Tugend zur Schau trägt, kommt gleich in schlechten Ruf, und der Mann faßt Argwohn gegen sie, das Schlimmste, was es geben kann. Sein Vergnügen an der Schönheit der Frau ist geringer als der Schmerz, den ihm dieser Argwohn bereitet. Denn die Schönheit des Körpers verliert durch die Gewohnheit ihren Reiz, während ihre Seele dem schlimmen Ruf der Lüsternheit, des Leichtsinns und der Üppigkeit verfällt, gemein wird und thörichter Gedanken voll ist. Zu all diesen Dingen S. 62 verleitet gern die Schönheit des Leibes. Das unschöne Weib finden wir nicht von solchen Fallstricken umgeben. Da gibt es keine Hunde, die sie anfallen, sondern wie ein Lämmchen weidet sie in Ruhe und Sicherheit, und kein Wolf springt herzu und belästigt es; der Hirte sitzt ja neben ihm. Es liegt kein Vorzug darin, daß die Eine schön ist, während die Andere es nicht ist. Der Vorzug liegt darin, daß die Eine, obwohl nicht schön, ehrbar ist, die Andere aber schlecht. Sage mir, worin liegt der Werth der Augen? In der leichten Beweglichkeit, in der schönen Rundung, in der blauen Farbe, oder in der Schärfe und Klarheit? Ich behaupte das Letztere und beweise es aus einem Beispiel. Was macht den Werth einer Lampe aus? Daß sie hell strahlt und das ganze Haus erleuchtet, oder daß sie schön rund gearbeitet ist? Das Erstere, wird Jedermann zugeben. Das Letztere ist gleichgiltig; was man will, ist die Beleuchtung. Deßhalb sagen wir auch zu dem Dienstmädchen, welches sie zu besorgen hat, stets: „Du hast die Lampe schlecht hergerichtet.“ So ist das Leuchten der Zweck der Lampe. So ist es also auch mit dem Auge. Sei es so oder so gestaltet, Das macht Nichts, wenn es nur seinen Zweck vollkommen genügend erfüllt. Und so nennt man es ebenfalls „schlecht“, wenn es schwach steht und keine vollkommene Beschaffenheit besitzt. Wir sagen ja von Denen, die mit offenen Augen nicht sehen, daß sie „schlechte“ Augen haben. Alles nämlich, was seinen Zweck nicht erfüllt, nennen wir „schlecht“.5 Und darin besteht die Schlechtigkeit der Augen (nicht in ihrer Gestalt oder Farbe). Dann die Nase! Sage mir, worin liegt ihr Werth? in ihrer geraden Richtung, in ihrer Glätte und Symmetrie oder in ihrer Fähigkeit zum Riechen und in ihrer Kraft, den Geruch schnell aufzufangen und dem Gehirne zuzuführen? Im Letzteren offenbar. Erläutern wir aber die Sache durch ein Beispiel von Instrumenten, die zum Anfassen bestimmt S. 63 sind! Welche erklären wir für gut konstruirt? diejenigen, die Etwas scharf fassen und festhalten, oder die hübsch gearbeitet sind? Die ersteren, Das ist klar. Ferner die Zähne! Was nennen wir gute Zähne? Die schneidigen, welche die Nahrung gut zerkauen, oder die hübsch aussehenden? Offenbar die ersteren. Und wenn wir die Glieder des ganzen Körpers auf diese Weise untersuchen, so werden wir sie gesund und schön finden, solange jedes den betreffenden Zweck genau erfüllt. Und in diesem Sinne nennen wir ein jedes Geräthe schön, jedes Thier, jedes Gewächs schön; wir sehen nicht auf Gestalt, nicht auf Farbe, sondern auf den Dienst, den es leistet. So nennen wir auch denjenigen Diener „schön“ (καλόν), der zu unserer Bedienung tauglich ist, nicht den schmucken Faullenzer.

Siehst du also, worin die weibliche Schönheit liegt? Wenn wir die größten und wunderbarsten Dinge in derselben Weise wie Andere genießen, so haben wir Nichts voraus. Zum Beispiel: das Weltall, die Sonne, den Mond, die Sterne sehen wir alle, die Luft athmen wir alle, Wasser und Nahrung genießen wir alle in gleicher Weise, ob wir uns einer schönen Gestalt erfreuen oder nicht. Und wenn ich eine überraschende Behauptung aussprechen soll: die häßlichen Weiber sind gesünder als die schönen. Die schönen nämlich unterziehen sich, um ihre Reize zu bewahren, keinen schweren Arbeiten, vegetiren in der Zimmerluft, und dadurch wird die Kraft der Glieder abgestumpft; die häßlichen aber, die sich um Reize nicht zu kümmern haben, widmen sich voll und ganz der Arbeit.

Laßt uns also Gott verherrlichen! Lasset uns ihn preisen an unserem Körper! Verschmähen wir die Schönheitsmittel! Es sind überflüssige und sinnlose Dinge. Erziehen wir die Männer nicht dazu, bloß auf das schöne Gesicht zu schauen! Wenn du dich in dieser Weise schmückst, dann er durch dich, an ein geschmücktes Gesicht gewöhnt, S. 64 alsbald eine Beute der Hetäre werden. Wenn du ihn aber dahin abrichtest, daß er Sittsamkeit und Tugend (am Weibe) liebt, dann wird er nicht leicht sich mit einer Hure zu schaffen machen. Denn so Etwas findet er bei einer solchen nicht, sondern das Gegentheil davon. Also richte ihn nicht darauf ab, daß er sich von einem Lächeln und von ausgelassenen Geberden fesseln läßt, damit du dir nicht selber Gift bereitest. Erziehe ihn zum Wohlgefallen an der Ehrbarkeit. Und du wirst Das können, wenn du auch dein Äusseres entsprechend einrichtest. Siehst du leichtfertig6 und locker aus, wie kannst du (zum Mann) ein ernstes Wort sprechen? Wer wird dich nicht verspotten und auslachen? Wie ist es also möglich, Gott am Körper zu preisen? Durch Übung der Tugend, durch Schmückung der Seele; diese zu schminken, Das ist nicht verwehrt. So verherrlichen wir Gott, wenn wir in jeder Hinsicht gut sind. Und auch wir werden an jenem Tage verherrlicht, nicht nach Verdienst, sondern in viel höherem Grade. „Ich erachte,“ heißt es ja, „daß die Leiden dieser Zeit nicht zu vergleichen sind mit der zukünftigen Herrlichkeit, welche an uns wird offenbar werden.“7 Mögen wir alle derselben theilhaftig werden durch die Gnade und Barmherzigkeit unsers Herrn Jesus Christus, mit welchem dem Vater und dem hl. Geiste sei Herrlichkeit, Macht und Ehre jetzt und allezeit und in alle Ewigkeit. Amen.

S. 65


  1. I. Kön. 2, 32. ↩

  2. I. Kor. 6, 20. ↩

  3. Gen. 39, 6. ↩

  4. Ekkli. 11, 2. ↩

  5. Σαπρόν, eigentlich: „faul“. ↩

  6. Eigentlich: „geflügelt, beschwingt“ (ἐπτερωμένη). ↩

  7. Röm. 8, 18. ↩

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Commentaire sur la première épitre à Timothée Compare
Homilien über den I. Brief an Timotheus (BKV)

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