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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In epistulam ii ad Timotheum homiliae 1-10 Homilien über den II. Brief an Timotheus (BKV)
Fünfte Homilie.

III.

Der Apostel deutet hier an, daß sie vor ihrem Abfall schon nicht fest waren. Sonst wären sie nicht beim ersten Stoße umgefallen, wie ja auch Adam schon vor der Versuchung nicht fest war. Denn Diejenigen, die feststehen, leiden nicht bloß keinen Schaden durch die Betrüger, sondern erwerben sich auch noch Ruhm. Und „fest“, sagt er, und ein „Fundament“. So muß man festhalten an dem Glauben mit „diesem Siegel“. „Der Herr kennt die Seinen.“ Was heißt Das? Der Apostel hat diesen Ausdruck dem Deuteronomium entnommen. Er will S. 317 sagen: Die festen Seelen stehen wandellos und unentwegt. Woran aber erkennt man sie? Daran, daß ihre Handlungen gleichsam diese Inschrift tragen, daran, daß sie von Gott erkannt werden, daß sie nicht mit auf dem Wege des Verderbens wandeln, daß sie von Ungerechtigkeit abstehen:

Es stehe ab von Ungerechtigkeit Jeder, der den Namen des Herrn nennt.

Das ist das Kennzeichen des „Fundamentes“. Wie die Festigkeit eines Fundamentsteines sich darin offenbart, daß man auf ihn Zeichen setzen kann, die Etwas bedeuten, so sind solche Zeichen in unserem Falle die guten Werke. Das Fundament trägt dieses Siegel aufgedrückt: „Wer den Namen des Herrn nennt, stehe ab von Ungerechtigkeit.“1 Also wenn Einer Unrecht thut, so gehört er nicht zum Fundamente. Und darin besteht das Siegel, daß man kein Unrecht thut. Tilgen wir also den königlichen Stempel, das königliche Erkennungszeichen nicht aus, damit wir nicht ungestempelte, nicht mürbe Steine seien, sondern Fundamente, feste Fundamente, damit wir nicht zwecklos umherliegen. Das ist das Kennzeichen der Kinder Gottes, daß sie von Ungerechtigkeit abstehen. Wie kann Jemand Gott angehören, der gerecht ist, wenn er Unrecht thut, wenn er in Werken sein Gegner ist, wenn er ihn beleidigt durch seine Handlungen?

Abermals muß ich gegen die Ungerechtigkeit auftreten, und abermals mache ich mir dadurch Feinde. Diese Leidenschaft hat die Seelen Aller gleich einem Tyrannen in Besitz genommen. Und was so schlimm ist: nicht auf dem Wege des Zwanges und der Gewalt, sondern durch Verführung und Schmeichelei; man weiß ihr Dank für diese Knechtschaft. Das ist wahrhaft entsetzlich. Würden die S. 318 Menschen mit Gewalt darin festgehalten und nicht mit süßen Banden, dann würden sie ihr bald entsagen. Und wie ist’s möglich, daß ein so bitteres Ding süß, dagegen die Gerechtigkeit, die so süß ist, uns bitter erscheint? Wegen unserer Sinnlichkeit. So haben manche Menschen auch den Honig für bitter erachtet und schädliche Dinge mit Lust genossen. Der Grund liegt nicht in der Natur dieser Dinge, sondern in der Verkehrtheit der verdorbenen Menschen. Betrachte die Unterscheidungskraft unserer Seele! Eine Wage, bei der das Zünglein in Bewegung ist, zeigt in Folge ihres Schwankens das Gewicht nicht ordentlich an; und ebenso wird eine Seele, wenn das Zünglein ihrer Gedanken nicht feststeht und nicht an das Gesetz Gottes genagelt ist, kein richtiges Urtheil haben können, sondern unsicher schweben und schwanken. Würde man die Sache richtig beurtheilen, so würde man schon empfinden, wie bitter die Ungerechtigkeit ist, nicht für Die, welche sie zu ertragen haben, sondern für Die, welche sie ausüben, jedenfalls für die Ersteren mehr als für die Letzteren. Wir wollen vorderhand gar nicht vom Jenseits sprechen, sondern nur vom irdischen Leben. Hat das Unrecht nicht Streitigkeiten im Gefolge, Gerichtsverhandlungen, Tadel, Mißgunst und Schmähung? Was kann bitterer sein? Nicht Feindschaft, nicht Krieg, nicht Anklage? Nicht Gewissensbisse, die uns ohne Aufhören foltern? Ich möchte, wenn es möglich wäre, die Seele des Ungerechten aus dem Körper herausziehen, und du würdest sehen, wie bleich sie ist, wie zitternd, wie beschämt, wie geängstigt, wie vorwurfsvoll gegen sich selber. Denn wenn wir auch in den tiefsten Abgrund der Bosheit hinabstürzen, die Urtheilskraft des Geistes wird dadurch nicht verdorben, sondern steht unbestochen da. Und Keiner, der sich mit Unrecht befaßt, behauptet, es sei etwas Schönes um die Ungerechtigkeit, er fingirt nur Vorwände und thut alles Mögliche, um wenigstens mit Worten die Vorwürfe von sich abzuwälzen. Vom bösen Gewissen dagegen wird er sich nicht frei machen können. Äusserlich werden schöne Reden, die Schlechtigkeit der Gerichtsbehörden, das Heer S. 319 von Schmeichlern die Gerechtigkeit in Schatten stellen können; im Innern aber gestattet das Gewissen Solches nicht, da sind keine Schmeichler um die Wege, da gibt es kein Geld, um den Richter zu bestechen. Denn das Rechtsgefühl ist von Gott in unsere Natur gelegt; was aber von Gott stammt, ist solchen Korruptionen nicht unterworfen. Ja, es stören unruhiger Schlaf, schwere Träume, fortwährende Erinnerung an die böse That sogar unsere Nachtruhe. Es hat z. B. Jemand einen Andern ungerechter Weise um sein Haus gebracht. Nicht bloß der Beraubte seufzt, sondern auch der Räuber, wenn er anders an ein göttliches Gericht glaubt. Wenn Einer daran glaubt, dann seufzt und ächzt er gar sehr; glaubt er aber nicht daran, so muß er sich doch wenigstens schämen. Übrigens gibt es gar keinen Menschen, mag er auch ein Heide, Jude oder Ketzer sein, der sich nicht vor dem göttlichen Strafgerichte fürchten würde.


  1. Der Text ist hier wieder sehr verworren. ↩

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Übersetzungen dieses Werks
Commentaire sur la deuxième épitre à Timothée vergleichen
Homilien über den II. Brief an Timotheus (BKV)

Inhaltsangabe

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