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Works John Chrysostom (344-407) Homilien über den Brief an Titus (BKV)
Fünfte Homilie.

II.

Siehst du, daß, wie ich immer sage, die Enthaltsamkeit (σωφροσύνη) nicht bloß darin besteht, daß man sich der Unzucht, sondern auch der übrigen Leidenschaften enthält? Auch wer das Geld zu sehr liebt, ist nicht „enthaltsam“. Denn gleichwie der Eine der sinnlichen Lust fröhnt, so der Andere der Geldgier; ja der Letztere ist um so strafwürdiger, weil das Verlangen, das ihn treibt, kein so starkes ist. Es würde ja auch schwacher Fuhrmann heissen, nicht wer ein rasches und wildes Pferd nicht zu zügeln weiß, sondern wer einem frommen Thiere nicht Herr wird. Wie aber? fragst du. Ist also die Geldgier leichter zu überwinden als die Fleischeslust? Ganz entschieden, und es gibt viele Beweise dafür. Erstens ist die sinnliche Begierde etwas Angebornes; was aber angeboren ist, Das wird offenbar nur mühsam bewältigt, weil es in der Natur wurzelt. Zweitens ist bei den Alten nicht viel vom Geld die Rede, wohl aber von den Weibern, um die Enthaltsamkeit zu empfehlen. Und wer selbst bis in’s hohe Alter in rechtmäßiger Weise mit einem Weibe lebt, dem wird wohl Niemand einen Vorwurf machen, wohl aber dem Geizhals. Auch haben Viele von den heidnischen Philosophen das Geld verachtet, die Weiber jedoch nicht. Auf solche Weise erscheint die Fleischeslust als ein schlimmerer Tyrann denn der Geiz. Da wir indeß zu gläubigen Christen sprechen, wollen wir unsere Argumente nicht beim Heidenthum holen, sondern in der heiligen Schrift. Unser heiliger Paulus spricht es fast in der Form eines Gebotes aus: „Wenn wir Nahrung und Kleidung haben, so laßt uns damit zufrieden sein!“1 In Betreff der Weiber jedoch sagt er: „Entziehet euch nicht einander, es sei denn mit gegenseitiger Einwilligung, und dann kommt wieder zusammen!“2 Und S. 471 oftmals gibt er Verordnungen in Betreff des ehelichen Verkehres. Den Genuß dieser Freude gestattet er, erlaubt auch eine zweite Verehelichung, beschäftigt sich überhaupt viel mit der Sache und ertheilt nirgends in diesem Punkte eine Rüge. Den Geizigen aber verurtheilt er überall. Ebenso hat Christus bezüglich des irdischen Besitzes an vielen Stellen Vorschriften gegeben und warnt, daß man sich dadurch nicht das Verderben bereite; anders dagegen bezüglich der Enthaltung vom Weibe. Höre, was er über das Geld sagt: „Wenn Einer nicht Allem entsagt, was er besitzt, so kann er mein Jünger nicht sein.“3 Nirgends heißt es: „Wenn Jemand dem Weibe nicht entsagt.“ Er wußte, wie schwer ein solches Verbot sein würde. Und der heilige Paulus spricht: „Ehrenhaft ist die Ehe und ein unbeflecktes Ehebett.“4 Nirgends bezeichnet er aber die Sorge für das Geld als ehrenhaft, sondern als das Gegentheil. An Timotheus schreibt er: „Die da reich werden wollen, gerathen in Versuchung und Fallstrick und in viele unvernünftige und schädliche Begierden.“5 Es heißt nicht: „die Geizigen,“ sondern bloß: „die reich werden wollen.“

Damit ihr übrigens auch die Sache aus der täglichen Erfahrung kennen lernt, muß ich auch diesen Standpunkt einnehmen. Ist nämlich Jemand auf einmal um sein Vermögen gekommen, so wird er von der Geldgier nicht weiter belästigt. Denn Nichts erregt so sehr den Durst nach Geld wie der Besitz desselben. Bei der Fleischeslust aber verhält sich die Sache anders; sogar in manchen Eunuchen ist das sinnliche Feuer nicht erloschen. Denn diese Lust liegt in andern Organen und ist eine Erscheinung des physischen Lebens. Warum bringe ich diese Dinge auf’s Tapet? Um zu beweisen, daß der Geizige strafbarer ist als der Unzüchtige, um so viel strafbarer, als er von einer schwächeren S. 472 Begierde belästigt wird, oder vielmehr es handelt sich da gar nicht um eine Begierde, sondern um bloßen Leichtsinn. Bei der Sinnlichkeit ist ja das Verlangen so natürlich, daß die Natur ihren Lauf nimmt, auch ohne daß man sich einem Weibe nähert.

Daß wir gottselig leben in dieser Welt.

Und was haben wir für eine Hoffnung, was haben wir für einen Lohn zu erwarten für unsere Mühen?

In Erwartung der seligen Hoffnung und der Erscheinung…

Wahrhaftig, Nichts ist beglückender, Nichts wünschenswerther. Die einstige Seligkeit kann in Worten gar nicht dargestellt werden; sie übersteigt alle Begriffe. „In Erwartung der seligen Hoffnung und der Erscheinung der Herrlichkeit des großen Gottes und unseres Erlösers.“ Wo sind sie, welche behaupten, der Sohn sei geringer als der Vater? „Des großen Gottes,“ sagt der Apostel, „und unseres Erlösers.“ Er, der uns als Feinde erlöst hat, was wird er erst dann nicht thun, wenn er uns als bewährt Gefundene aufnimmt! „Des großen Gottes.“ Wenn der Apostel von der Größe Gottes redet, so ist nicht eine relative, sondern eine absolute Größe gemeint; mit seiner Größe ist Niemand zu vergleichen, der bloß relativ groß ist. In letzterem Falle gibt es nur eine subjektive, nicht objektive Größe. Gott ist nun nicht im subjektiven Sinne groß.

„Welcher sich selbst hingegeben zum Sühnopfer für uns, damit er uns von aller Ungesetzlichkeit erlöse und sich ein Volk heilige, das ihm ganz eigen sei,“ d. h. ein auserwähltes (ἐξειλεγμένον), das mit den andern Völkern Nichts gemein hat.

S. 473 „Und für gute Werke Eifer habe.“ Siehst du, daß auch wir das Unsrige thun müssen? Nicht einfach von guten Werken, sondern von einem „Eifer“ für dieselben redet er, d. h. man muß mit großer Bereitwilligkeit mit der gehörigen Lust der Tugend nachgehen. Die Befreiung von der Sündenlast und unheilbarer Krankheit war Sache des göttlichen Erbamens allein; was dann kommt, theilt sich zwischen uns und ihm.

15. So lehre und ermahne und weise zurecht mit aller Strenge! So lehre und ermahne!


  1. I. Tim. 6, 8. ↩

  2. I. Kor. 7, 5. ↩

  3. Luk. 14, 33. ↩

  4. Hebr. 13, 4. ↩

  5. I. Tim. 6, 9. ↩

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Commentaire sur l'épître de Saint Paul à Tite Compare
Homilien über den Brief an Titus (BKV)

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