I.
28. - 31. Im Glauben hielt er das Osterfest und die Angießung des Blutes, damit der Würger der Erstgeburt sie nicht anrühre. Im Glauben gingen sie durch das rothe Meer, wie über trockenes Land, auch was die Ägypter versuchten, aber verschlungen wurden. Durch den Glauben stürzten die Mauern von Jericho ein, nachdem man sieben Tage um sie herumgezogen war. Durch den Glauben ging Rahab, die Hure, nicht zu Grunde mit den Ungläubigen, nachdem sie die Kundschafter friedlich aufgenommen hatte.
Vieles pflegt Paulus im Verlaufe seiner Rede zu beweisen, und er behandelt seine Gedanken in gedrängter Kürze; denn so ist die Gnade des heiligen Geistes beschaffen: sie umfaßt nicht in reicher Wortfülle wenige Gedanken, sondern sie gibt in kurzen Worten einen großen und reichen Sinn. Betrachte daher, wie er in der Weise einer Ermunterung auch über den Glauben handelt, und an welches S. 396 Vorbild und Gleichniß, wovon wir die Wahrheit besitzen, er sie erinnert: „Im Glauben“, sagt er, „hielt er das Osterfest und die Angießung des Blutes, damit der Würger der Erstgeburt sie nicht anrühre.“ Was ist das: „Die Angießung des Blutes?“ Das Lamm wurde im Hause geopfert, und das Blut desselben auf die Thürpfosten gestrichen, und das war die Verschanzung vor dem ägyptischen Untergange. Wenn nun das Blut des Lammes mitten unter den Aegyptern und bei einem solchen Todesverderben die Juden unverletzt bewahrte: so wird uns um so mehr das nicht auf die Thürpfosten, sondern in unsere Seele eingestrichene Blut Christi erretten. Denn auch jetzt noch geht der Würger in dieser finstern Nacht umher; allein wir wollen uns mit jenem Opfer bewaffnen. Angießen nennt er das Anstreichen; denn aus Aegypten hat uns Gott herausgeführt, aus der Finsterniß und der Abgötterei; und doch hatte Das, was geschah, keinen, was aber dadurch bewirkt wurde, einen großen Werth; denn was geschah, bestand in Blut, was aber bewirkt wurde, war Rettung und ein hindernder Damm gegen das Verderben. Der Engel hatte Furcht vor dem Blute; denn er wußte, wessen Vorbild es war; er erschauderte, da er den Tod des Herrn erkannte; daher berührte er die Thürpfosten nicht. Moses sprach: ihr sollt bestreichen, und sie thaten es; und nachdem sie den Befehl erfüllt hatten, hatten sie Muth. Ihr aber, die ihr das Blut des Lammes selbst habt, verzaget? - „Im Glauben gingen sie durch das rothe Meer, wie über trockenes Land.“ Wieder vergleicht er das ganze Volk mit dem Volke, damit sie nicht sagen könnten: wir vermögen nicht wie die Heiligen zu sein: „Im Glauben,“ sagt er, „gingen sie durch das rothe Meer, wie über trockenes Land, was auch die Aegypter versuchten, aber verschlungen wurden.“ Hier erweckt er ihnen die Erinnerung an die Leiden in Aegypten. Wie denn im Glauben? Weil sie hofften, daß sie durch das Meer hindurch gehen würden, und darum beteten sie, oder vielmehr Moses war es, der betete. Siehst S. 397 du, daß überall der Glaube die menschlichen Vernunftgründe übersteigt und die Schwäche und Niedrigkeit überwindet? Siehst Du, zugleich glaubten sie, und fürchteten die Strafe, sowohl im Blute an den Thüren, als auch im rothen Meere. Und durch Diejenigen, welche hineingefallen und ertrunken sind, zeigte er, daß es Wasser und keine Einbildung, sondern Wahrheit war. Wie aber Diejenigen, welche von den Löwen zerrissen wurden und in dem Glutofen verbrannten, für die Wahrheit Zeugniß gaben, so siehst du auch jetzt dieselbe Sache Diesen zur Rettung und zum Ruhme, Jenen aber zum Verderben gereichen. Ein so ausgezeichnetes Gut ist der Glaube. Denn wenn wir auch in Noth gerathen sind, so werden wir befreit, und wären wir auch bis zum Tode selbst gekommen, und fände sich gar kein Ausweg mehr, dem Untergang zu entrinnen. Denn was Anderes war noch übrig? Die Aegyptier und das Meer schloßen die wehrlosen ein, und sie mußten entweder fliehend vom Wasser verschlungen werden, oder in die Hände der Ägyptier fallen. Und dennoch rettete er sie aus dieser Noth: das Wasser selbst wurde ihnen wie fester Boden unterbreitet, diese aber versanken, wie es im Meere zu geschehen pflegt; dort wurde die Natur vergessen, hier aber wurde sie gegen dieselbe bewaffnet. - „Durch den Glauben stürzten die Mauren von Jericho ein, nachdem man sieben Tage um sie herumgezogen war;“ denn nicht der Schall der Trompeten ist im Stande, Mauern zusammenzustürzen, und wenn Jemand tausend Jahre blasen würde; der Glaube aber vermag Alles.
