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Werke Johannes Chrysostomus (344-407) In epistulam ad hebraeos argumentum et homiliae 1-34 Homilien über den Brief an die Hebräer (BKV)
Siebenundzwanzigste Homilie.

II.

Siehst du, daß allenthalben nicht durch eine natürliche Folge, nicht nach dem Gesetze der Natur Veränderungen geschehen, sondern sich Alles gegen Erwarten ereignet? So geschieht auch hier Alles gegen Erwartung; denn nachdem er sich allseitig darüber verbreitet hatte, daß man der zukünftigen Hoffnung vertrauen müsse, hat er sehr passend diese ganze Auseinandersetzung vorgenommen durch den Nachweis, daß nicht allein jetzt, sondern vom Anfang an S. 398 alle Wunder geschahen: „Durch den Glauben ging Rahab, die Hure, nicht zu Grunde mit den Ungläubigen, nachdem sie die Kundschafter friedlich aufgenommen hatte.“ Es wäre daher eine Schmach, wolltet ihr ungläubiger als eine Hure erscheinen; und doch hat diese nur die Männer, welche die Ankündigung aussprachen, gehört und alsbald geglaubt. Darum ist auch die Erfüllung gefolgt; denn da Alle untergingen, wurde sie allein gerettet. Sie sprach nicht zu sich selbst: ich will mich zu den Vielen, die mir angehören, halten. Sie sprach nicht: kann ich klüger als so viele weise Männer, die nicht glauben, sein, und ich sollte glauben? Nichts der Art, was ein Anderer wahrscheinlich gesagt und gethan hätte, fand sich bei ihr, sondern sie glaubte, was ihr gesagt wurde.

32. Und was soll ich mehr sagen? Die Zeit würde mir mangeln zu erzählen.

Er setzt nun weiter keinen Namen mehr hin, sondern nachdem er bei der Hure den Schluß gemacht und durch die Beschaffenheit der Person sie angeregt hatte, verbreitet er sich nicht weiter über Geschichten, damit er nicht weitläufig erscheine. Er steht aber von solchen nicht ganz ab, sondern berührt sie auf kluge Weise ganz kurz, wodurch er die beiden Zwecke erreicht: daß er sie nicht überdrüssig macht und der gedrängten Kürze keinen Abbruch thut; er hat weder ganz geschwiegen, noch hat er sie durch seine Worte belästigt, sondern nach beiden Seiten hin befriedigt. Denn wenn sich Jemand sehr anstrengt, und diese Anstrengung andauert, übt er auf den Zuhörer einen Druck aus, indem er ihn, der schon überzeugt ist, belästigt, und in den Verdacht des Ehrgeizes kommt; denn man soll sich dem, was Nutzen schafft, anbequemen: „Und was soll ich mehr sagen? Die Zeit würde mir mangeln, zu erzählen von Gedeon, Barak, Samson, Jephte, David, Samuel und den Propheten.“ Manche tadeln Paulus, daß er den Barak und den Samson und Jephte hier genannt S. 399 hat. Was sagst du? Da er die Hure genannt hat, sollte er diese nicht anführen? Denn du mögest nicht von ihrem übrigen Leben sprechen, sondern, ob nur sie nicht geglaubt und durch den Glauben geglänzt haben. „Und von den Propheten“, sagt er,

33. welche durch den Glauben Königreiche bezwangen. Du siehst, daß er hier nicht ein Zeugniß für ihren glänzenden Wandel ablegt, - denn diesen zu untersuchen hatte er sich nicht vorgenommen, - sondern er stellte nur eine Prüfung ihres Glaubens an. Denn sage mir, haben sie nicht das Ganze durch den Glauben vollbracht? Wie denn? „Durch den Glauben“, sagt er, bezwangen sie Königreiche, nämlich Gedeon und die mit ihm waren. „Wirkten sie Gerechtigkeit.“ Wer denn? Eben diese. Oder er hat die Menschenfreundlichkeit hier Gerechtigkeit genannt. „Erlangten sie Verheissungen.“ Ich glaube, daß er diese Worte in Bezug auf David gebraucht. Worin bestehen denn diese Verheissungen, die er erlangt hat? Daß er sagte: sein Same werde auf dem Throne sitzen. - Verstopften sie der Löwen Rachen,

34. löschten des Feuers Kraft aus und entrannen der Schärfe des Schwertes.

Betrachte, wie sie sich selbst im Angesichte des Todes verhielten, so Daniel von den Löwen umringt, die drei Jünglinge im Feuerofen, Abraham, Isaak und Jakob in verschiedenen Versuchungen, - und auch so verzweifelten sie nicht. Denn das ist Glaube: wenn, auch da die Dinge den entgegengesetzten Ausgang nehmen wollen, die Ueberzeugung feststeht, daß nichts Widriges stattfinden kann, sondern Alles gut ist. „Sie entrannen der Schärfe des S. 400 Schwertes.“ Ich glaube, daß er wieder von den drei Jünglingen spricht. „Aus Schwachen wurden Starke, die kraftvoll im Streite waren und der Feinde Heerlager in die Flucht trieben.“ Hier spielt er auf Dasjenige an, was nach der Rückkehr von Babylon geschah. „Aus Schwachen,“ sagt er, d.h. aus Kriegsgefangenen. Als die jüdischen Zustände sich in einer verzweifelten Lage befanden, indem sie sich von todten Gebeinen nicht unterschieden, - da fand für sie die Rückkehr statt. Denn wer hätte erwarten sollen, daß sie von Babylon zurückkehren, und nicht allein zurückkehren, sondern auch kraftvoll sein und die Heerlager der Feinde in die Flucht treiben würden? Aber uns ist Nichts der Art begegnet, heißt es. Allein hier sind Vorbilder von Dem, was zukünftig ist. „Weiber bekamen durch Auferstehung ihre Verstorbenen wieder.“ Hier spricht er Solches von den Propheten Elisäus und Elias; denn diese haben Todte erweckt.

35. Einige wurden auf die Folter gespannt und mochten die Freilassung nicht annehmen, um die bessere Auferstehung zu erlangen.

Aber wir sind der Auferstehung nicht theilhaftig geworden. Allein ich kann nachweisen, sagt er, daß auch Jene, die zerschnitten worden sind, dieselbe nicht erlangt haben, um eine bessere zu bekommen. Denn warum, sage mir, hatten sie, da es ihnen vergönnt war zu leben, dazu kein Verlangen? Nicht darum, weil sie ein besseres Leben erwarteten? Und selbst Diejenigen, welche Andere auferweckt hatten, wünschen zu sterben, um eine bessere Auferstehung zu gewinnen, nicht eine solche, wie sie den Söhnen jener Weiber zu Theil ward. Hier scheint er mir auf Johannes und S. 401 Jakobus hinzudeuten, denn ἀποτυμπανισμός heißt Enthauptung.1 Es stand ihnen frei, das Sonnenlicht zu schauen; es stand ihnen frei, nicht beschimpft zu werden, und doch wählten sie lieber den Tod; und Jene, welche Andere auferweckt hatten, wünschten selbst zu sterben, um eine bessere Auferstehung zu erlangen.

36. Andere aber haben Spott und Schläge ertragen, dazu Bande und Gefängnisse, wurden gesteinigt, zersägt, versucht.


  1. Montfaucon und Mutian übersetzen es mit decollatio. Im klassischen Griechisch heißt ἀποτυμπανίζειν prügeln, auch zu Tode prügeln, entsprechend dem italienischen ammazzare, tödten, von mazza =Keule. ↩

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Übersetzungen dieses Werks
Commentaire de Saint Jean Chrysostome sur l'épître de Saint Paul aux Hébreux vergleichen
Homilien über den Brief an die Hebräer (BKV)
Kommentare zu diesem Werk
Einleitung: Homilien über den Brief an die Hebräer

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