I.
28. 29. Da wir nun ein unwandelbares Reich empfangen, so lasset uns festhalten an der Gnade, durch die wir Gott dienen und ihm gefallen wollen mit Furcht und Ehrerbietung; denn unser Gott ist ein verzehrendes Feuer.
Wie er anderwärts zu unserm Troste in den Widerwärtigkeiten des gegenwärtigen Lebens sagt: „Denn das Sichtbare ist seitlich, das Unsichtbare ist ewig,“1 so macht er es auch hier und spricht: Lasset uns festhalten an der Gnade, d. h. lasset uns Gott danken, lasset uns feststehen. Denn wir dürfen in den Begegnissen der Gegenwart nicht nur nicht verzagen, sondern wir sollen S. 483 Gott auch wegen der Zukunft den größten Dank wissen: Durch die wir Gott dienen und ihm gefallen wollen, d. h. so dient man Gott auf eine wohlgefällige Weise, wenn man ihm in Allem dankt: „Thut Alles,“ heißt es, „ohne Murren und Bedenklichkeit.“2 Denn was Jemand mit Murren thut, thut er vergebens, und er verliert den Lohn, wie die Israeliten; denn ihr wisset, welche Strafe diese ihres Murrens wegen getroffen hat. Darum sagt er: Murret nicht! Das heißt also Gott nicht wohlgefällig dienen, wenn man ihm nicht in Allem, sowohl in den Versuchungen, als auch in der Ruhe Dank sagt. Mit Furcht und Ehrerbietung, d. h. wir sollen weder etwas Keckes, noch etwas Unverschämtes sprechen, sondern wir sollen uns zusammennehmen, um geschämig zu sein; denn Das besagen die Worte: mit Furcht und Ehrerbietung.
Kap. III.
1. 2. Die Bruderliebe bleibe unter euch, und die Gastfreundschaft vergesset nicht; denn durch diese haben Einige, ohne es zu wissen, Engel beherbergt.
Betrachte, wie er ihnen befiehlt, das Bestehende zu bewahren, und nichts Anderes beifügt; denn er sagt nicht: gewinnet, sondern bewahret die Bruderliebe. Und wiederum sagt er nicht: werdet gastfreundlich, als wenn sie es nicht waren, sondern: Die Gastfreundschaft vergesset nicht; denn Das kann leicht durch die S. 484 Trübsale geschehen. Dann fügt er Das bei, was geeignet war, sie noch mehr dafür zu gewinnen, indem er spricht: Ohne es zu wissen, haben Einige Engel beherbergt. Siehst du, wie hoch die Ehre, wie groß der Gewinn war? Was heißt Das: ohne es zu wissen? Ohne sie zu kennen haben sie dieselben beherbergt. Darum wurde auch dem Abraham so großer Lohn zu Theil, weil er dieselben, ohne sie als Engel zu kennen, beherbergte; denn hätte er sie erkannt, so wäre es nicht zu verwundern. Einige behaupten, daß er hier auch auf Lot anspiele.
3. 4. 5. Gedenket der Gefangenen wie Mitgefangene, und der Mühseligen wie selbst noch im Körper Befindliche. Ehrbar sei die Ehe in Allem und das Ehebett unbefleckt; denn die Unzüchtigen und Ehebrecher wird Gott richten. Euer Wandel sei ohne Geiz; seid zufrieden mit Dem, was ihr jetzt habet.
Betrachte, wie sehr er sich in Betreff der Enthaltsamkeit ausspricht: „Nach Frieden,“ sagt er, „strebet und nach Heiligung.“3 Und: „Niemand sei ein Unzüchtiger oder Verächter des Heiligen.“4 Und jetzt wieder: Die Unzüchtigen und Ehebrecher wird Gott richten. Überall steht aber nach dem Verbote die Strafe; wie aber, das wolle hier betrachten: Den Worten: Strebet nach Frieden mit Allen und nach Heiligung, fügte er bei: ohne welche Niemand Gott schauen wird; hier aber: Denn die Unzüchtigen und Ehebrecher wird Gott richten. Und nachdem er gesagt: Ehrbar sei die Ehe in Allem und das Ehebett unbefleckt, und wieder die Strafe beigefügt hatte, zeigt er, daß er das Folgende mit Recht hingesetzt habe. Denn wenn die S. 485 Ehe erlaubt ist, wird der Unzüchtige mit Recht gestraft, wird der Ehebrecher mit Recht gezüchtigt. Hier rüstet er sich gegen die Häretiker. Er sagt nicht wiederum: Keiner sei ein Unzüchtiger, sondern, nachdem er es einmal gesagt, stellt er es wie eine allgemeine Mahnung hin, und nicht, als ob er zu ihnen spräche. Euer Wandel sei ohne Geiz; seid zufrieden mit Dem, was ihr jetzt habet: Er sagt nicht: besitzet Nichts, sondern: euer Wandel sei ohne Geiz, d. h. der Sinn sei frei, der Verstand bekunde Weisheit. Das wird aber der Fall sein, wenn wir keinen Überfluß suchen, sondern nur das Nothwendige besitzen. Denn auch oben hat er gesagt: und ihr ertruget mit Freuden den Raub euerer Güter.5 Diese Worte ermuntern sie, daß sie nicht geizig sein sollen: Seid zufrieden mit Dem, was ihr habet. Sodann findet sich, damit sie nicht ermüden, auch hier Trost: Denn er selbst hat gesagt: Ich will dich nicht verlassen und nicht versäumen,*
6. So daß wir mit Vertrauen sagen können: der Herr ist mein Helfer, ich fürchte nicht, was ein Mensch mir thun kann.
Siehe wiederum Trost in den Versuchungen.
7. Gedenket euerer Vorsteher!
Dieß wollte er schon oben sagen, weßhalb er die Worte: Strebet nach Frieden mit Allen gebrauchte. Dazu hat er auch die Thessalonicenser6 ermahnt, daß sie dieselben in den höchsten Ehren halten sollten: Gedenket, sagt er, euerer Vorsteher, welche S. 486 euch das Wort Gottes verkündet haben; sehet auf den Ausgang ihres Wandels und folget ihrem Glauben nach. Welche Übereinstimmung findet sich hier? Die beste; denn er sagt: betrachtet ihren Wandel, d. h. ihr Leben, und ahmet ihren Glauben nach, denn von einem reinen Leben kommt der Glaube. Oder er versteht unter Glauben die Standhaftigkeit. Wie denn? Er zeigt nämlich, daß Diejenigen, welche an die zukünftigen Dinge fest glauben, sich musterhaft betragen. Denn sie würden keinen reinen Lebenswandel führen, wenn sie in Bezug auf die zukünftigen Dinge Bedenken trügen, weßhalb er auch hier für Dasselbe sorgt.
8. 9. Jesus Christus ist derselbe gestern und heute und in Ewigkeit. Lasset euch nicht verführen durch allerlei fremde Lehren; denn das Beste ist, das Herz mit der Gnade zu stärken, nicht durch Speisen, welche Denen, die darauf hielten, Nichts nützten.
