III.
Hier spricht er vom Vater. Siehst du, wie er wieder die Worte: „durch welchen“ auf ihn anwendet? Das würde er nicht gethan haben, wenn sie die Bezeichnung von S. 73 „geringer“ in sich tragen und nur auf den Sohn angewendet werden sollten. Der Sinn der Worte ist dieser: Er hat, will er sagen, seiner Menschenfreundlichkeit würdig gehandelt, da er den Eingebornen vor Allen auszeichnete und ihn als wackeren Kämpfer, der die Anderen übertrifft, den Übrigen als Muster hinstellte. „Den Urheber ihres Heiles“ heißt soviel als: die Ursache ihres Heiles. Siehst du, welch ein Abstand? Jener ist Sohn, auch wir sind Söhne; er aber schaffet das Heil, wir empfangen es. Siehst du, wie er uns zusammenstellt und dann wieder trennt? „Da er viele Kinder,“ sagt er, „zur Herrlichkeit führen wollte;“ hier stellt er den Urheber ihres Heiles (mit ihnen) zusammen und unterscheidet ihn wieder (von ihnen). „Daß er durch Leiden zur Vollendung brächte.“ Die Leiden sind also die Vollendung und die Ursache des Heiles. Siehst du, wie die Leiden durchaus nicht beweisen, daß man verlassen sei? Wenn aber Gott den Sohn zuerst dadurch geehrt hat, daß er ihn durch Leiden hindurchführte, so erscheint dieser durch seine Menschwerdung und seine Leiden viel größer als durch die Erschaffung der Welt, die er aus Nichts in’s Dasein berufen. Dieses ist zwar ein Werk seiner Menschenfreundlichkeit, Jenes aber noch viel mehr. Eben Dieses zeigt er auch selbst mit den Worten: „Um in den folgenden Zeiten den überschwenglichen Reichthum seiner Gnade zu zeigen, hat er uns mitauferweckt und mitversetzt in den Himmel in Christus Jesus.“1 „Denn es ziemte sich, daß Der, um dessen willen alle Dinge und durch welchen alle Dinge sind, da er viele Kinder zur Herrlichkeit führen wollte, den Urheber ihres Heiles durch Leiden zur Vollendung brächte.“ Denn es ziemte sich, will er sagen, für ihn, der da für Alles besorgt ist und Alles in’s Dasein gerufen hat, daß er den Sohn hingebe für das Heil der Übrigen, S. 74 den Einen für Viele. Aber so sagt er nicht, sondern: „daß er ihn durch Leiden zur Vollendung brächte,“ wodurch er anzeigt, daß Derjenige, welcher für Jemanden leidet, nicht Diesem allein Nutzen verschafft, sondern auch selbst glänzender und herrlicher wird. Und diese Worte sind zu Gläubigen gesprochen, um sie im Glauben zu stärken; denn Christus war zur Zeit, als er litt, schon mit Ehre gekrönt. Wenn ich aber sage, daß er mit Ehre gekrönt war, so geschieht Dieß, damit du nicht wähnest, er habe noch einen Zuwachs von Ehre empfangen; denn jene seiner Natur entsprechende Ehre hat er ja immer, ohne sie zu vermehren.
11. Denn Der heiliget und Die geheiliget werden, sind alle von Einem. Aus diesem Grunde schämt er sich nicht, sie Brüder zu nennen.
Siehe, wie er sie wieder zusammenstellt, wie er sie ehret und tröstet, indem er sie zu Christi Brüdern macht, da sie ja von Einem seien. Dann fügt er, um seiner Rede Gewißheit zu geben und zu zeigen, daß er über ihn dem Fleische nach rede, die Worte hinzu: „Denn Der heiliget und Die geheiliget werden.“ Siehst du, wie groß der Unterschied ist? Er heiliget, wir aber werden geheiliget. Oben nannte er ihn den Urheber ihres Heiles; denn es ist nur ein Gott, von dem Alles ist. „Aus diesem Grunde schämt er sich nicht, sie Brüder zu nennen.“ Siehst du, wie er nochmals seine Erhabenheit klar macht? Denn durch die Worte: „Er schämt sich nicht“ zeigt er an, daß das Ganze nicht in der Natur der Sache liege, sondern dem Wohlwollen und der großen Demuth Dessen entstamme, der sich nicht schämt. Denn wenn auch Alle von Einem sind, so ist er der Heiligende, wir aber empfangen die Heiligung. Das ist ein großer Unterschied. Er stammt aus dem Vater als gezeugter, d. h. wesensgleicher Sohn; wir aber sind von demselben aus Nichts S. 75 erschaffen worden. Also ein großer Unterschied! Daher sagt er: „Er schämt sich nicht, sie Brüder zu nennen, indem er spricht:“
12. Ich will deinen Namen den Brüdern verkünden.
Denn da er Fleisch annahm, wurde er auch unser Bruder, und mit seiner Menschwerdung trat er seine Bruderschaft an. Und diese Worte gebraucht er mit Recht. Was soll aber Das heissen:
13. Ich will auf ihn vertrauen?
Denn auch das Folgende sagt er ganz angemessen: „Siehe, ich und meine Kinder, die mir Gott gegeben hat.“ Wie er sich nämlich dort als Vater zeigt, so hier als Bruder. Denn „ich will,“ sagt er, „deinen Namen meinen Brüdern verkünden.“ Und wieder hebt er seine Erhabenheit und große Verschiedenheit durch die folgenden Worte hervor:
14. Da nun die Kinder des Fleisches und Blutes theilhaftig geworden sind.
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Eph 2,7 ↩