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Works John Chrysostom (344-407) In epistulam ad hebraeos argumentum et homiliae 1-34 Homilien über den Brief an die Hebräer (BKV)
Achte Homilie.

III.

Nachdem er nun so oft zurückgedrängt wurde, sagt er, gleich als ob er sich entschuldigen wollte: Die Ursache liegt bei euch. Ha, welch’ ein Unterschied! Diejenigen, welche Andere belehren sollten, sind nicht bloß Schüler, sondern S. 144 die letzten Schüler! „Denn die ihr Lehrer sein solltet der Zeit nach, bedürfet wieder, daß man euch nochmals lehre, welches die Anfangsgründe des Wortes Gottes seien.“ Hier versteht er unter „Anfangsgründen“ die Menschheit; denn wie bei weltlichen Wissenschaften vorerst die Anfangsgründe gelernt werden müssen, so mußte auch bei den göttlichen Lehren zuerst über die Menschheit Unterricht ertheilt werden. Siehst du, aus welchem Grunde er Unerhabenes spricht? So that Paulus auch in seinen Unterredungen mit den Athenern, indem er sagt: „Zwar hat Gott die Zeiten dieser Unwissenheit nachgesehen; aber nun verkündet er den Menschen, daß Alle überall Buße thun sollen; denn er hat einen Tag bestimmt, an welchem er den Erdkreis richten wird nach Gerechtigkeit, durch einen Mann, den er dazu bestellt und Allen als glaubwürdig dargethan hat, indem er ihn auferweckte von den Todten.“1 Wenn er daher irgend etwas Erhabenes aussagt, so thut er Das in Kürze; das Unerhabene aber findet sich an vielen verschiedenen Stellen des Briefes. So weist er auf das Erhabene hin; das Unerhabene aber von der Gottheit zu vermuthen, ist nicht zulässig. So hält er auch hier das Sichere fest und paßt das Unerhabene der Menschheit an, und zwar aus dem Grunde, weil sie das Vollkommene nicht zu fassen vermochten. Dieß zeigt er besonders im Briefe an die Korinther, indem er sagt: „Denn wenn noch Eifersucht, Zwietracht und Parteigeist unter euch herrschen, seid ihr dann nicht fleischlich?“2 Betrachte mir da seine große Klugheit, wie er fortwährend schicklich den zu Grunde liegenden Leidenschaften nahe rückt! Denn dort hatte die Schwäche ihre Quelle in der Unwissenheit, mehr aber noch in den Sünden, hier aber nicht nur in den Sünden, sondern auch in den beständigen Trübsalen. Darum wählt er S. 145 auch eine Ausdrucksweise, die geeignet war, den Unterschied zu bezeichnen, indem er dort sagt: „Ihr seid fleischlich,“ hier aber, da die Betrübniß größer war: „Ihr seid schwach geworden.“ Denn Jene konnten es nicht tragen, da sie fleischlich waren, Diese aber konnten es; denn in den Worten: „Weil ihr schwach geworden seid zum Vernehmen“ zeigt er, daß sie vor Zeiten gesund und stark und von besonderem Eifer beseelt waren, was er auch später von ihnen bezeugt: „Und ihr seid zu Solchen geworden, die der Milch bedürfen, nicht der starken Speise.“ Die unerhabene Rede nennt er immerfort Milch, sowohl hier, wie auch dort. „Denn die ihr,“ sagt er, „Lehrer sein solltet der Zeit nach,“ - als wollte er sagen: Um deretwillen ihr zumeist abgewichen und nachlässig geworden, um eben dieser willen, wegen der Zeit nämlich, müsset ihr ganz besonders eifrig sein. Milch nennt er die mehr niedrige Rede, weil sich diese für die Einfältigen eignet; das Gegentheil aber findet statt bezüglich der mehr Vollkommenen, für welche daraus ein Nachtheil erwüchse, wenn sie dabei verweilten. Darum war es nicht nöthig, Gesetzbezügliches anzuführen, noch auch davon einen Vergleich herzunehmen, weil er Hoherpriester war, und weil er opferte, und weil er Gebet darbrachte mit Geschrei und Flehen. Siehe, wie uns Dieß zum Überdruß wird, was Jenen zur Nahrung war und gar nicht überdrüssig war. - Eine wahre Speise ist demnach das Wort Gottes, welche die Seele nährt. Daß aber das Wort eine Speise ist, erhellt aus dem Folgenden: „Denn ich werde,“ heißt es, „ihnen geben nicht Hunger nach Brod noch Durst nach Wasser, sondern Hunger, zu hören das Wort des Herrn.“3 „Ich gab euch Milch zu trinken, nicht Speise.“4 Er sagt nicht: Ich habe euch genährt, indem er zeigt, daß Solches nicht eine Nahrung sei, sondern daß es sich so S. 146 verhalte wie bei den kleinen Kindern, die noch nicht mit Brod genährt werden; denn solche empfangen nicht zu trinken, sondern der Trank selbst ersetzt bei ihnen die Speise. So auch hier. Auch sagt er nicht: Ihr habt nothwendig, sondern: „Ihr seid zu Solchen geworden, die der Milch bedürfen, nicht der starken Speise.“ d. h. ihr selbst habt es gewollt, ihr selbst habt euch auf diesen Standpunkt, in diese Nothwendigkeit versetzt.

13. Denn Jeder, der Milch bekommt, ist unempfänglich für das Wort der Gerechtigkeit, denn er ist ein Kind.

Was heißt Das: „das Wort der Gerechtigkeit“? Mir scheint hier der Lebenswandel angedeutet zu werden, wie auch Christus sagt: „Wenn euere Gerechtigkeit nicht vollkommener sein wird als die der Schriftgelehrten und Pharisäer.“5 Dieß also sagt er in den Worten: „unempfänglich für das Wort der Gerechtigkeit,“ d. h. wem die Weisheit von oben nicht zu Theil ward, der kann zu keinem erhabenen und vollkommenen Leben gelangen. Oder er versteht hier unter Gerechtigkeit Christum und die erhabene Lehre über seine Person. Daß sie also schwach geworden, sagt er, den Grund davon fügt er nicht bei, sondern läßt sie darüber selber nachdenken, weil er sie durch seine Rede nicht unangenehm berühren will. Bei den Galatern aber wundert er sich und hegt Bedenken, was um so mehr zum Troste gereicht, als wenn er gar nicht daran dachte, daß Solches stattfinde. Siehst du, wie verschieden diese Schwäche von der Vollkommenheit ist? Wachsen wir also in dieser Vollkommenheit; denn auch im kindlichen und jugendlichen Alter steht der Weg offen, zu dieser zu S. 147 gelangen; denn sie ist nicht eine Frucht der Natur, sondern ein Werk der Tugend.

14. Für Vollkommene aber ist die starke Speise, für Die, welche durch die Gewohnheit geübte Sinne erlangt haben, das Gute und Böse zu unterscheiden.

Wie aber? Hatten Jene nicht geübte Sinne und wußten sie nicht, was gut und böse war? Hier ist nicht die Rede vom Lebenswandel, wenn er spricht: „das Gute und Böse zu unterscheiden;“ denn Das ist jedem Menschen möglich und leicht, sondern hier spricht er von den gesunden und erhabenen Lehren und von den verderblichen und niedrigen Grundsätzen. Das Kind versteht es nicht, die schlechte und gute Nahrung zu unterscheiden; deßhalb bringt es oft Erde in den Mund und nimmt, was ihm schadet, zu sich und thut Alles unüberlegt. Das ist aber keine Vollkommenheit. So sind Diejenigen, die sich ohne Weiteres an Alles hängen und ihre Aufmerksamkeit ohne Unterschied Verwerflichem zuwenden. Und Diese tadelt er, weil sie in erbärmlicher Unbeständigkeit sich bald Diesen bald Jenen ergeben, was er auch am Schlusse mit den Worten andeutet: „Lasset euch durch abweichende und fremde Lehren nicht irreführen;“6 Das heißt: „das Gute und Böse zu unterscheiden;“ denn der Gaumen kostet die Speise, die Seele aber prüfet die Lehre.


  1. Apg 17,30.31 ↩

  2. 1 Kor 3,3 ↩

  3. Am 8,11.2 ↩

  4. 1 Kor 3,2 ↩

  5. Mt 5,20 ↩

  6. Kap. 13 V. 9 ↩

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Translations of this Work
Commentaire de Saint Jean Chrysostome sur l'épître de Saint Paul aux Hébreux Compare
Homilien über den Brief an die Hebräer (BKV)
Commentaries for this Work
Einleitung: Homilien über den Brief an die Hebräer

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