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Kirchliche Hierarchie (BKV)
§ 4.
1) Die unvollkommenen Klassen werden von der Anwesenheit bei der Myronweihe ausgeschlossen. 2) Das Myron ist aus vielen wohlriechenden Substanzen zusammengesetzt, die ihren Duft allen mitteilen, die damit in Berührung kommen. 3) Hierin liegt eine mystische Andeutung, daß Christus, der voll überwesentlichen Wohlgeruches ist, unsern Geist mit Wonne erfüllt, wenn wir anders in unsern geistigen Organen und Kräften zur Aufnahme des himmlischen Wohlgeruches richtig disponiert sind. 4) Christus ist nämlich eine reiche, unversiegbare Quelle des göttlichen Wohlgeruches; gleich den feinen Ausströmungen des natürlichen Duftes entsendet er seine Gnadengaben in die gottähnlichen Herzen.
Wie aber? Schließt die heilige sakramentale Handlung, von der jetzt die Rede ist, nicht auch die bereits erwähnten, nicht vollkommen reinen Klassen ganz in derselben Weise wie die Eucharistie unnahbar von sich aus, da sie ja von den Heiligen (den Gliedern der Gemeinde) nur in Bildern und bloß von den Allheiligen (Priestern) unmittelbar in hierarchischen Erhebungen geschaut und vollzogen wird? Da wir aber das schon oft besprochen haben, so ist es meines Bedünkens überflüssig, auf dasselbe mit den gleichen Worten abermals zurückzukommen. Wir müssen vielmehr zu den folgenden Zeremonien übergehen und sehen, wie der Hierarch gotterfüllt das göttliche Myron unter zwölf Flügeln zugedeckt hält und die allerheiligste Weihe an ihm vollzieht. Wir wollen also hervorheben, daß die Zusammensetzung des Myron durch eine Vereinigung von wohlriechenden Substanzen gebildet wird, welche in reichem Maße lieblich duftende Eigenschaften besitzt und an der man nicht Teil haben kann, ohne selber wohlduftend zu werden, je nachdem man in höherem oder geringerem Grade mit dem wohlriechenden Stoffe in Berührung kommt. Nun ist es aber unsere Überzeugung, daß auf überwesentliche Art der urgöttlichste Jesus wohlduftend ist und in geistigen Mitteilungen unsere Seele mit göttlicher Wonne erfüllt. Denn wenn das Wahrnehmen der materiellen Wohlgerüche ein Lustgefühl hervorruft und S. 154 unsern Geruchsinn mit vielem Ergötzen befriedigt, vorausgesetzt, daß er unverletzt ist und für das Wohlriechende die geeignete Wechselbeziehung besitzt, so dürfte man wohl sagen, daß analog auch unsere geistigen Kräfte, wenn sie gegen die böse Neigung sich ungeschwächt behaupten, durch die naturgemäße Kraft unseres Unterscheidungsvermögens des urgöttlichen Wohlgeruches teilhaftig und mit heiliger Lustempfindung und göttlichster Erquickung erfüllt werden, je nachdem es dem Maße der göttlichen Einwirkungen und der wechselseitigen Hinwendung des Geistes zum Göttlichen entspricht. So zeichnet uns die Zusammensetzung des Myron nach ihrem sinnbildlichen Charakter, gleichsam in Gestaltung des Gestaltlosen, Jesus selbst als die reiche Quelle der göttlichen Wohlgeruchsempfindungen, wie er in urgöttlichen Maßverhältnissen in die gottähnlichsten Seelen die ganz göttlichen Ausduftungen verströmt, von denen die Geister, entzückt und erfreut, mit den heiligen Empfindungen erfüllt werden und geistlicher Labung genießen, da der in göttlicher Teilnahme ausgespendete Wohlduft in den geistigen Teil ihres Wesens eindringt1.
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Die Stelle 2. Kor. 2. 15 Χριστοῦ εὐωδία ἐσμὲν τῷ θεῷ ist für die Väter eine Quelle mannigfacher lehrhafter Anwendungen geworden. Vgl. z. B. Greg. v. Naz. or. 5, 35 (M. 35, 709 A sq.). „Ein Myron, mit welchem nur Priester und Könige gesalbt werden, das mannigfach und kostbar zusammengesetzt ist und unsertwegen entleert worden, durch die Kunst eines großen Salbenbereiters hergestellt. O daß es mir doch gegönnt wäre, den Wohlgeruch dieses Myrons vor Gott zu verbreiten.“ Dion. hat den fruchtbaren Gedanken in seiner Weise weiter entwickelt. Eine auffallende Wendung ἐν τῇ τοῦ ἐν ἡμῖν κριτικοῦ φυσικῇ ῥώσει ,in der naturgemäßen Kraft unseres Unterscheidungsvermögens (Riechvermögens)“ dürfte als eine unvorsichtige Wiedergabe von Greg. v. Nyssa de mort. M. 46, 516 D zu betrachten sein. Dort heißt es von dem Gerechten, der ins ewige Leben übertritt: „Dort spürt er durch den Geruchsinn (nämlich des himmlisch verklärten Leibes) den Wohlgeruch Christi“. ↩
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Kirchliche Hierarchie (Edith Stein)
§ 4.
Was weiter? Entläßt nicht auch die jetzt gepriesene Weihe ebenso wie die hl. Kommunion jene früher Erwähnten, die nicht völlig rein sind, läßt sich nur in heiligen Bildern sehen und wird nur von heiligen Männern in hierarchischem Aufstieg unmittelbar erblickt und gefeiert?
Das haben wir nun oft genug gesagt, und ich halte es für überflüssig, es nochmals in Worten zu wiederholen. Vielmehr wollen wir zum Folgenden übergehen und sehen, wie der Bischof die mit zwölf Flügeln bedeckte heilige Salbe hält und das reinste Sakrament damit vollzieht. – Wir wollen also sagen, wie die Salbe zusammengesetzt ist. Sie ist eine Mischung duftender Stoffe voll duftender Eigenschaften; die sie empfangen, nehmen den süßen Duft an in dem Maß, in dem sie innerlich am Wohlgeruch teilhaben.
Wir wissen aber, daß der göttliche Jesus, voll überwesentlichen Duftes, das Geistige in uns durch geistliche Gaben mit göttlicher Wonne erfüllt. Wenn nämlich unser Geruchssinn gesund und richtig auf die duftenden Dinge abgestimmt ist, dann empfindet er den Wohlgeruch der sinnenfälligen Dinge als angenehm und erlangt dadurch großen Genuß. Mit gleichem Recht könnte man sagen: Wenn unsere geistigen Fähigkeiten durch keine Neigung zum Bösen verderbt sind, so werden sie durch die Kraft des natürlichen Urteils, nach dem Maß des göttlichen Wirkens und durch die entsprechende Hinwendung des Geistes zu Gott von der Süßigkeit des göttlichen Wohlgeruchs durchtränkt und mit heiliger Wonne und göttlicher Nahrung gesättigt. Die mystische Zusammensetzung der Salbe also stellt uns, gleichsam durch Gestaltung gestaltloser Dinge, Jesus selbst dar als den überfließenden Quell, aus dem die Süßigkeit göttlicher Wohlgerüche geschöpft wird, da Er nach göttlichen Maßen in unseren gottähnlichen Geist jenen süßen Hauch einströmen läßt, durch den er mit friedvoller Wonne erfüllt wird und, voll heiliger Eindrücke, göttliche Speise genießt, wenn jene duftenden Gaben mit göttlicher Freigebigkeit unsern geistigen Seelenteil überströmen.