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Werke Dionysius Areopagita, ps. (520) De divinis nominibus

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Schriften über "Göttliche Namen" (BKV)

§ 12.

Ja, einigen unserer heiligen Lehrer schien der Name Eros (amor) noch göttlicher zu sein als der Name Agape S. 73 (dilectio).1 Der heilige Ignatius schreibt: „Meine Liebe ist gekreuzigt.“2 Und in den einleitenden Schriften der heiligen Bücher wirst du einen finden, der über die göttliche Weisheit sagt: „Ein Liebender ihrer Schönheit bin ich geworden.“3 Laßt uns daher diesen Namen Eros nicht scheuen, und es soll uns kein erschreckender Einwurf dagegen verwirren! Mir scheint es, daß die Hagiographen den Namen Eros und Agape zwar einen gemeinsamen Sinn beilegen, aber wegen des törichten Vorurteils solcher Menschen den göttlichen Dingen lieber den wahren Eros zuschreiben. Denn während der wahre Eros nicht bloß von uns, sondern selbst von den heiligen Schriften gottgeziemend gefeiert wird, erfaßte die große Menge nicht das Eingestaltige, das in dem Eros-Gottesnamen ausgedrückt ist, sondern glitt, ihrer eigenen Natur entsprechend, zum geteilten und sinnlich-leiblichen und zertrennten Eros hinab, der nicht der wahre Eros ist, sondern ein Schattenbild und vielmehr ein Abfall vom wahren Eros. Denn für die Menge ist das Eingestaltige des göttlichen und wahren Eros unfaßbar. Daher wird dieser Name, weil er für die Menge schwer brauchbar scheint, lieber auf die göttliche Weisheit angewendet, um die Menschen zur Kenntnis des wahren Eros emporzuführen und aufzurichten, damit sie von der ihm anhaftenden Mißlichkeit befreit werden. In den Beziehungen unter uns dagegen, wo die erdhaft gesinnten Menschen oft auch etwas Ungehöriges vermuten könnten, findet sich der dem Anscheine nach schonendere (euphemistische) Name (Agape) gebraucht. Sagt ja einer: „Die liebende Verehrung gegen dich überkam mich S. 74 wie Frauenliebe,“4 Für diejenigen aber, welche in der rechten Weise auf das Göttliche hören, wird von den heiligen Hagiographen der Name Eros und Agape gemäß den heiligen Offenbarungen in ein und derselben Bedeutung verwendet. Und es besitzt dieser Name eine im Guten und Schönen einigende, bindende und vorzüglich vermischende Kraft, die im Guten und Schönen und wegen des Guten und Schönen vorausbesteht und aus dem Schönen und Guten wegen des Schönen und Guten sich ergießt, die das Gleichstufige in gemeinschaftlichem Kontakt zusammenhält, die ersten Ordnungen zur Fürsorge für die (ihnen) untergeordneten antreibt und die Bedürftigeren durch ihre Hinkehr den Höherstehenden fest anschließt.5 S. 75


  1. ἔρως besagt nach dem klassischen Sprachgebrauch vorherrschend die sinnlich-leidenschaftliche, ἀγάπη (biblisch und bei kirchlichen Schriftstellern) die ehrfurchtsvolle Liebe, die auf Erkenntnis der Vortrefflichkeit einer Person beruht. ↩

  2. ad. Rom. 7, 2 Ὁ ἐμὸς ἔρως ἐσταύρωται. ↩

  3. Weish. 8, 2 Ἐραστὴς ἐγενόμην τοῦ κάλλους αὐτῆς. ↩

  4. 2 Kön. 1, 26 Ἐπέπεσεν ἡ ἀγάπησίς σου ἐπ’ἐμὲ ὡς ἀγάπησις γυναικῶν variierend bei D. ↩

  5. Dieser ausgedehnte Passus über den Eros und die Rechtfertigung dieses Namens, verbunden mit einem so scharfen Ausfall auf die Wortklauber und Silbenstecher, muß zeitgeschichtlich verstanden werden. Origenes läßt noch ἔρως neben ἀγάπη (1 Joh. 4, 16) unbedenklich gelten (M. XIII 70 D). Bei Gregor von Nyssa treffen wir in seiner Erklärung des Hohenliedes auf lebhaftere Polemik gegen die sinnliche Auffassung des heiligen Textes (M, 44, 760. 764. 772), ohne daß gerade zwischen den beiden Ausdrücken ἔρως und ἀγάπη streng geschieden wird. Schärfer mag der Widerspruch gegen den Gebrauch von ἔρως sich erhoben haben, als Theodor von Mopsueste den inspirierten Charakter des Hohenliedes angriff und auf seiten der Neuplatoniker der Kultus des Eros intensiver hervortrat. Namentlich Proklus hat eingehend über denselben sich verbreitet, und es ist in der Tat nicht zu verkennen, daß Dionysius ihn bis auf einzelne Wendungen hinein buchstäblich ausschreibt. Vgl. Programm S. 32—34 und Koch S. 66 ff., wo mit Recht bemerkt wird, daß sich die Sprache eines Proklus von dessen Standpunkt aus besser erklären läßt als die des Dionysius vom christlichen. Auch die letzten Sätze bei Dionysius von der συνδετικὴ δύναμς entsprechen Prokl. in Alcib. I 356. ↩

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Von den göttlichen Namen (Edith Stein)

12. ἔρως und ἀγάπη (amor und dilectio)

Manchen unserer heiligen Schriftsteller erschien der Name Liebe (ἔρως) göttlicher als der Name Wertschätzung (ἀγάπη). Denn der heilige Ignatius schreibt: »Meine Liebe ist gekreuzigt.« Und in der Einleitung zur Heiligen Schrift wirst Du finden, daß jemand sagt: Ich bin ein Liebhaber ihrer Schönheit geworden. Fürchten wir darum den Namen »Liebe« nicht; und kein Gerede über diesen Namen soll uns Eindruck machen oder erschrecken. Mir scheint es, daß die Theologen die Namen ἔρως und ἀγάπη gleichgeachtet haben, daß sie aber lieber für das Göttliche den Namen der wahren Liebe vermieden haben wegen der schlimmen Vorurteile solcher Menschen. Während nämlich nicht nur wir, sondern auch die Heilige Schrift in Gott geziemender Weise die wahre Liebe preisen, begreift die Menge jenes Einheitliche nicht, das der göttliche Name »Liebe« bezeichnet, sondern wie es ihr entspricht, sinkt sie zu der geteilten, körperlichen Liebe hinab, die keine wahre Liebe ist, sondern ein Abbild oder vielmehr ein Abfall von der wahren Liebe; denn der Menge ist jenes Einzigartige der göttlichen, einen Liebe unzugänglich, darum erscheint es der Menge als ein zu harter Name, wenn er der Göttlichen Weisheit beigelegt wird; damit das Volk zur Erkenntnis der wahren Liebe emporgeführt und erhoben werde und befreit von dem, was ihm peinlich ist, wird auch bei uns, wo häufig die Menschen, die an der Erde haften, etwas Verkehrtes denken könnten, ein Name geehrt, der angemessen scheint. Es sagt jemand: Deine Wertschätzung ist mir zugefallen wie die Wertschätzung von Frauen. Denn die heiligen Theologen verwenden die Namen »Liebe« und »Wertschätzung« gemäß den göttlichen Aussprüchen so, daß sie bei denen, die das Göttliche richtig hören, dieselbe Kraft haben. Und dieser Name ist von einer gewissen einheitwirkenden, sammelnden und vorzüglich im rechten Maß mischenden Kraft, die im Schönen und Guten durch das Schöne und Gute voraus besteht und aus dem Schönen und Guten durch das Schöne und Gute ausgespendet wird, die Gleichartiges durch wechselseitigen Zusammenhang zusammenhält, Höheres zur Vorsorge für das Niedere bewegt und dem Niederen durch Hinwendung einen Platz beim Höheren gibt.

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