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Schriften über "Göttliche Namen" (BKV)
§ 6.
Wenn einer Gott „ähnlich“ nennen möchte, sofern er ein und derselbe ist, ganz und durchaus sich ähnlich in seinem konstanten und ungeteilten Sein, so dürfen wir die Bezeichnung „ähnlich“ nicht ablehnen. Die Hagiographen sagen indes, daß der über alles erhabene Gott, in sich betrachtet, keinem Wesen ähnlich sei, daß er aber denen, die sich ihm zuwenden, Gottesähnlichkeit gewähre durch möglichste Nachahmung dessen, was über alle Grenzen und Begriffe hinausliegt. Und die Macht der göttlichen Ähnlichkeit liegt darin, daß sie alles Geschaffene zu seiner Ursache hinwendet. Diese Wesen also sind nach dem göttlichen Bild und Gleichnis Gott ähnlich zu nennen, denn daß ihnen Gott ähnlich sei, darf man nicht sagen, weil nicht einmal ein Mensch seinem eigenen Abbilde ähnlich ist. Denn bei Dingen, die auf gleicher Stufe (des Seins) stehen, ist eine gegenseitige Ähnlichkeit möglich, so daß die Ähnlichkeiten beiderseits sich entsprechen und beide Dinge gemäß einer vorausgehenden Idee der Ähnlichkeit1 einander ähneln. Aber bei der Ursache und dem durch die Ursache Hervorgebrachten werden wir das reziproke Verhältnis nicht zugeben. Denn Gott gewährt das Ähnlichsein nicht bloß diesen oder jenen Wesen, sondern für S. 135 alle, die an der Ähnlichkeit Anteil haben, wird Gott Urheber ihrer Ähnlichkeit, und er ist es auch, der der Ähnlichkeit-an-sich Subsistenz verleiht. Das in allen Dingen vorfindliche Ähnliche ist durch irgendeine Spur der göttlichen Ähnlichkeit ähnlich und vervollständigt die Einigung derselben untereinander.
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κατὰ προηγούμενον ὁμοίου εἶδος — hier ein Beispiel, wie Dionysius nach Platos Vorgang auch für einen formellen abstrakten Gattungsbegriff eine Idee voraussetzt, an der die einander ähnlichen Einzeldinge partizipieren. ↩
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Von den göttlichen Namen (Edith Stein)
6. In welchem Sinn Gott ähnlich genannt wird
Wenn aber jemand Gott ähnlich nennt als Denselben und als durch und durch in Sich selbst geeint und ungeteilt ähnlich, so ist der Gottesname »ähnlich« nicht zu verwerfen. Die Theologen jedoch sagen, daß Gott, der über alles ist, als Er selbst niemandem ähnlich ist, sondern die Ähnlichkeit mit Gott denen schenke, die sich Ihm zuwenden und Ihn nach (ihren) Kräften nachahmen, der über alle Begrenzung und allen Begriff ist. Und darin besteht die Kraft der Gottähnlichkeit: alles Erschaffene zu seinem Urheber hinzuwenden. Diese Dinge also sind gottähnlich zu nennen und nach Gottes Bild und Gleichnis geschaffen; nicht aber ist Gott ihnen ähnlich zu nennen, denn nicht einmal der Mensch ist seinem eigenen Bild ähnlich; es können ja wohl gleiche Dinge einander ähnlich sein, und auf beide kann diese Ähnlichkeit bezogen werden, so daß sie einander ähnlich sind im Hinblick auf eine ursprüngliche Form der Ähnlichkeit; für die Ursache und das Verursachte aber geben wir diese Wechselbezogenheit keineswegs zu. Denn Gott schenkt nicht nur diesen oder jenen das Ähnlichsein, sondern ist für alles, was an der Ähnlichkeit Anteil hat, Ursache des Ähnlichseins und ist auch Urheber der Ähnlichkeit an sich; und was immer in allen Dingen ähnlich ist, ist es durch eine Spur der göttlichen Ähnlichkeit und bringt ihre Verbindung zum Abschluß.