3. Kap. Ihre jetzigen Leiden sollen die Märtyrer, als Kämpfer Christi, wie eine Vorübung betrachten. Vergleich derselben mit den Strapazen der Soldaten.
Ich gebe zu, Gesegnete, daß hienieden der Kerker auch für Christen eine Plage sei. Wir sind zum Kriegsdienste des lebendigen Gottes berufen schon dann, wenn wir die Worte des Fahneneides nachsprechen. Kein Soldat geht mit Annehmlichkeiten versehen in den Krieg oder eilt direkt aus einem Schlafgemach in die Schlacht, sondern aus aufgeschlagenen engen Zelten, wo Strapazen, Ungemach und Unannehmlichkeit jeder Art vorkommen. Sogar während der Friedenszeit schon müssen sie durch Anstrengungen und Abhärtung den Krieg ertragen lernen, indem sie mit Sack und Pack S. 219Märsche machen, im Blachfeld manövrieren, einen Graben auswerfen, sich zu einer Testudo zusammenscharen und sich wieder aufrollen1. Alles ist mit Schweiß verbunden, damit nicht Körper oder Geist aus der Fassung kommen bei den Übergängen vom Schatten in die Sonnenglut, aus der Sonnenglut in die Kälte, von der Tunika zum Anlegen des Panzers, von lautloser Stille2 zum Feldgeschrei, von der Ruhe in das Getümmel. Was daran nun auch Hartes ist, das haltet, hochgepriesene Märtyrer, für eine Übung in den Tugenden des Geistes und Körpers. Ihr seid im Begriff, Euch einem herrlichen Wettkampf zu unterziehen, wobei Preisrichter der lebendige Gott ist, Kampfherold der Heilige Geist, Siegeskranz die Belohnung mit der engelhaften Substanz der Ewigkeit, das Bürgerrecht3 die himmlische Herrlichkeit von Ewigkeit zu Ewigkeit. Und so hat denn Euer Oberer Jesus Christus, der Euch mit dem Hl. Geiste gesalbt und auf diesen Kampfplatz vorgeführt hat, Euch vor dem Tage des Kampfes aus dem freieren Verhalten zu einer härteren Durchübung aussondern wollen, damit Euere Kräfte in Euch gestählt würden. Denn auch die Athleten sondern sich wohl zu einer strengern Zucht ab, um in Ruhe der Vermehrung ihrer Kräfte obzuliegen. Sie enthalten sich der Wollust, der anregenderen Speisen, von jedem fröhlicheren Trunk, sie tuen sich Zwang, Qual und Mühe an. Je mehr sie sich in den Vorübungen abgemüht haben, desto sicherer hoffen sie auf den Sieg. „Und diese zwar“, sagt der Apostel, „um eine vergängliche Krone zu gewinnen“4, wir aber, die wir eine ewige erlangen sollen, stellen uns den Kerker als unsere Fechtschule vor, damit wir wohlgeübt in allen Beschwernissen in die Rennbahn des Gerichtssaales vorgeführt werden können, weil Abhärtung die Tüchtigkeit erhöht, Weichlichkeit aber sie zerstört.
