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Werke Gregor von Tours (538-593) Historiarum libri x Zehn Bücher fränkischer Geschichte
Viertes Buch.

36. Von dem heiligen Nicetius von Lyon

Als aber zu Paris nach jener Kirchenverfammlung welche den Bischof Safsarach absetzte1 der Bischof Sacerdos von Lyon verschieden war, übernahm der heilige Nicetius, nachdem er von feinem Vorgänger, wie wir in dem Buche über sein Leben erzählt haben2, selbst zum Nachfolger erwählt war, das Bistum. Er war ausgezeichnet durch vollkommenste Heiligkeit, und von keuschem Wandel. Die Liebe aber, welche wir, wie der Apostel uns anweist, mit allen Menschen haben sollen, wenn es möglich ist3, bewies er, soviel an ihm war, einem jeden dergestalt, daß man sah, Gott, der die wahre Liebe ist, wohne in seiner Brust. Selbst wenn er auf jemanden wegen seiner Fahrläfsigkeit erzürnt war, nahm er ihn doch, wenn er sich gebessert, sofort so freundlich wieder auf, gleich als ob er niemals erzürnt gewesen wäre. Denn er war streng gegen die Sünder, nachsichtig gegen die Reuigen, reichlich im Almosengeben und ein tüchtiger Arbeiter. Kirchen errichten, Häuser bauen, Acker beftellen und Weinberge umgraben, war seine Lust, aber alle S. 228 diese Dinge hielten ihn nicht vom Gebete ab. Nachdem er 22 Jahre sein Bistum bekleidet hatte, kehrte er zum Herrn zurück. Er vollbringt jetzt große Wundertaten bei seinem Grabe an denen, so seinen Beistand anflehen. Denn er gab oft schon durch das Ol der Lampe, die täglich an seinem Grabe angezündet wird, den Augen der Blinden das Licht zurück, vertrieb die bösen Geister von den Besessenen, gab den gelähmten Gliedern ihre Kraft wieder, und wird von allen Kranken zu dieser Zeit für einen mächtigen Wundertäter gehalten.

Der Bischof Priscus aber, der ihm folgte, fing mit seinem Weibe Susanna an, viele von denen zu verfolgen und zu töten, so die Vertrauten des Gottesmannes gewesen waren; keiner Schuld waren sie überführt, kein Verbrechen ihnen bewiesen, bei keinem Betruge waren sie ertappt worden, nur daß er voll Bosheit und Haß gegen sie war, darum, daß sie Avitus treu gedient hatten. Auch stießen er und sein Weib häufig Lästerungen aus gegen den Heiligen Gottes. Und obwohl es seit langer Zeit immer von den früheren Bischöfen so gehalten worden war, daß kein Weib das Kirchenhaus4 betreten durfte, ging diese doch mit ihren Mägden selbst in die Zelle, wo der heilige Mann entschlafen war. Aber die Majestät Gottes, hierob erzürnt, strafte den Frevel endlich an dem Hause des Bischofs Priscus. Denn sein Weib, von einem bösen Geiste ergriffen, wurde im Wahnsinn mit fliegenden Haaren durch die ganze Stadt getrieben, rief den Heiligen Gottes an, er möge ihrer schonen, und bekannte jetzt, was sie bei gesunden Sinnen geleugnet hatte, daß er bei Christo in Gnaden stehe. Der Bischof selbst wurde von einem viertägigen hitzigen Fieber ergriffen und bekam das Zittern. Auch als das Fieber ihn verlassen hatte, blieb er noch zitternd und stumpfsinnig. Sein Sohn und seine ganze Dienerschaft bekamen ebenfalls ein bleiches und blödes Aussehen, also daß S. 229 niemand zweifelte, sie seien von der Wunderkraft des heiligen Mannes getroffen. Denn immer noch schmähten der Bischof Priscus und sein Haus gegen den Heiligen Gottes mit den abscheulichsten Worten und sagten, der sei ihr Freund, der Schimpfreden gegen jenen ausstieße.

Es hatte aber im Anfange seines bischöflichen Regiments Nicetius das Kirchenhaus stattlicher aufführen lassen, und ein Diakon, den der Heilige Gottes, als er noch am Leben war, wegen Ehebruchs nicht nur von der Gemeinschaft ausgeschlossen, sondern auch öfters hatte geißeln lassen, doch ihn niemals zur Besserung bewegen konnte, stieg jetzt auf das Dach jenes Hauses, nachdem er es aufgedeckt hatte, und sagte: »Jch danke dir, Jesus Christus, daß ich nach dem Tode des schändlichen Nicetius dies Dach unter meine Füße treten darf« Und noch schwebten diese Worte auf seinen Lippen, da entschwand der Balken, auf dem er stand, ihm plötzlich unter seinen Füßen, er fiel zerschmettert zur Erde und starb.

Da so der Bischof und sein Weib viele Ungerechtigkeiten verübten, erschien der Heilige endlich einem Manne5 im Traum und sprach: »Gehe hin und sage dem Priscus, er solle sich bekehren von seinen bösen Werken und seine Taten mögen nütze werden6 Auch dem Priester Martinus sage: Weil du zu diesen bösen Werken zustimmst, sollst du gezüchtigt werden, und wenn du dich nicht bekehren wirst von deiner Verstocktheit, wirst du sterben« Aber jener Mann sprach, da er erwachte, zu einem Diakon: »Gehe du hin, ich bitte dich, da du im Hause des Bischofs besreundet bist, und sage dies alles dem Bischof und dem Priester Martinus« Der Diakon versprach es auszurichten, aber nachher ward es ihm leid, und er wollte es nicht sagen. Als er sich aber nachts zum Schlaf gelegt hatte, erschien ihm S. 230 wiederum der Heilige und sagte: »Warum hast du nicht gesagt, was dir der Abt sagte,« und mit geballten Fäusten begann er ihm den Hals zu bearbeiten7 Da ging jener am Morgen mit gefchwollenem Halse und unter großen Schmerzen hin zu jenen Männern, und sagte ihnen alles, was er gehört hatte. Aber sie achteten wenig auf das, was sie vernommen hatten, und sagten, es sei ein Traumgeficht Der Priester Martinus versiel jedoch sofort in ein Fieber, von dem er aber wieder genas. Da er jedoch immer von neuem dem Bischof schmeichelte und seinen bösen Handlungen und den Lästerungen zustimmte, welche er gegen den Heiligen ausstieß, verfiel er abermals in ein Fieber und starb.


  1. Diese Kirchenversamncluiig wurde im Jahre 552 gehalten. . ↩

  2. Von dem Leben der Väter Katz. 8. Nicetius von Lyon war der Oheim der Mutter Gregors B. v, Kap· 5· ↩

  3. Römer 12, 18. ↩

  4. Die Wohnung des Bischofs und der Geistlichkeih ↩

  5. Aus dem Verlauf der Erzählung geht hervor, daß es ein Abt war. ↩

  6. Vgl. l. B. Sam. 19, 4. ↩

  7. Vgl. Grimm, Deutsches Wörterbuch IV, 2, 243 und 246 (Hals, Halsschlag, Hals-schlagen) und Deutsche Rechtsaltertiimer (4. Aufl.) I, 477; ». . . .schlägt den Niederländer vor den Hals, daß er neben dem Bette niedersank« (in den Tagebiichern des H. v. Scl)weinichen, Ausg. von Büsching I, 266)- ↩

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