9. Von dem Bischof Domnolus von Le Mans
Der Bischof Domnolus von Le Mans(1) fing an schwach und krank zu werden. Dieser hatte zu den Zeitm König Chlothars einem klösterlichen Verbände bei der Kirche des heiligen Laurentius zu Paris vorgestanden. Aber weil er bei Lebzeiten Childeberts I. immer König Chlothar trm blieb und öfters die Boten, welche dieser als Kundschafter sandte, verbarg, erwartete der König nur eine Gelegenheit, um ihn an einem Orte zum Bischof zu machen. Als darauf der Bischof der Stadt Avignon starb, hatte er beschlossen, ihn dorthin zu senden. Aber der heilige Domnolus begab sich, als er dieses vernahm, zu der Kirche des heiligen Bischofs Martinus, wohin gerade damals der König Chlothar zum Gebet gekommen war, wachte hier die ganze Nacht und brachte durch die Vornehmen, welche zugegen waren, seine Bitte an dm König: er möchte ihn nicht wie einen Gefangenen aus seinen Augen entfernen und seine schlichte Weise nicht zum Gespötte werden lassen unter jenen klugen römischen Herren und feingebildeten Beamten(2); diese Stelle, versicherte er, würde für ihn eher eine Erniedrigung als eine Ehre bedeuten. Der König gab nach und machte ihn, als Bischof Jnnocentius von Le Mans gestorben war, zum Bischof dieser Kirche. Er nahm dies Bistum an und bewährte sich darin so vortrefflich, daß er, mit der Macht der höchsten Heiligkeit begabt, einem Schwachen S. 127 die Kraft des Gehens, einem Blinden das Gesicht wiedergab. Als er zweiundzwanzig Jahre das Bistum verwaltet hatte und von der Gelbsucht und Steinschmerzen arg heimgesucht wurde, erwählte er den Abt Theodulf zu seinem Nachfolger, und der König gab hierzu seine Einwilligung. Doch nicht lange danach änderte Domnolus seine Meinung und seine Wahl siel auf Badigisil, den königlichen Hausmeier1 Dieser erhielt die Tonsur, machte die kirchlichen Grade durch und wurde vierzig Tage nach dem Tode des Bischofs als sein Nachfolger eingesetzt2.
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Es ist die älteste Quellenstelle, in der der Hausmeier bei den fränkischen Königen erscheint. Ursprünglich nur Vorsteher der königlichen oder einer prinzlichen Hofhaltung, erhält er allmählich auch die Domänenverwaltung, die Reichsverwesung während der Minderjährigkeit des Königs und erweitert im Laufe des 7. Jahrhunderts seine Rechte so, datz die Merovinger zu leeren Schalten herabgedrückt werden. ↩
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Bgl. B. VIII. Kap. 39. ↩