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Bibliothek der Kirchenväter
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Œuvres Grégoire de Tours (538-593) Historiarum libri x Zehn Bücher fränkischer Geschichte
Sechstes Buch.

36. Von Bischof Aetherius

Der Bischof Aetherius von Lisieux, dessen wir schon früher gedachten1 wurde auf folgende Weise aus seiner Stadt vertrieben und wiederum in ihr ausgenommen. Es gab einen Geistlichen aus der Stadt Le Mans, einen ausschweifenden Menschen, der den Weibern, dem Trunk und der Unsittlichkeit überaus ergeben und mit allen Lastern befleckt war. Dieser trieb häufig Unzucht mit dem Weibe eines ändern und nahm sie endlich mit sich in eine andre Stadt, nachdem er ihr das Haar geschoren und sie in Männerkleidung gesteckt hatte, in der Hoffnung, daß sie nicht mehr in den Verdacht der Unzucht gerieten, wenn er unter Fremden lebe. Das Weib war aber von freier Abkunft und guter Eltern Kind. Als aber nach geraumer Zeit ihre Verwandten in Erfahrung gebracht hatten, was geschehen war, schritten sie eiligst zur Rache für die ihrem Geschlechte angetane Schmach. Sie fanden den Geistlichen, banden ihn und brachten ihn in das Gefängnis, das Weib aber verbrannten sie2. Wie aber „die verfluchte Sucht nach S. 164 dem Golde die Gemüter beherrscht"3, wollten sie den Geistlichen um einen Kaufpreis losgeben, wenn sich jemand fände, der ihn auslösen wollte, andernfalls sollte er wie ein Verbrecher sterben. Ms dem Bischof Aetherius dies bekannt wurde, gab er für ihn aus gutem Herzen zwanzig Goldstücke und entriß ihn dem gewissen Verderben. So wurde dem Menschen das Leben erhalten. Er gab sich nun für einen Lehrer der freien Wissenschaften aus und versprach dem Bischof, er wolle, wenn er ihm Knaben zur Erziehung anvertrauen wolle, sie in den Wissenschaften ausbilden. Der Bischof war hierüber sehr erfreut, ließ die Knaben aus der Stadt zusammenkommen und gab sie ihm zum Unterricht. In der Folge aber, als er bei den Einwohnern schon zu Ansehen gelangt war und in die Häuser der Eltern seiner Zöglinge geladen wurde, auch der Bischof ihm sogar ein Stück Land und einen Weinberg geschenkt hatte, da tat er wie der Hund, der wieder frisset, was er gespeiet hat4, und vergessend, was ihm widerfahren war, stellte er der Mutter eines seiner Zöglinge nach. Sie aber, ein ehrbares Weib, meldete dies ihrem Manne, die Verwandten taten sich darauf zusammen, folterten den Geistlichen und wollten ihn töten5. Da erbarmte sich der Bischof abermals seiner, befreite ihn aus ihren Händen, tadelte ihn mit milder Rede und setzte ihn wieder in sein Amt ein. Aber der verkehrte Sinn dieses Menschen konnte nimmer wieder auf die rechte Bahn gebracht werden, vielmehr wurde er ein erbitterter Feind dessen, der ihn schon mehrmals vom Tode errettet hatte.

Er verband sich nämlich mit dem Archidiakon der Stadt und dachte darauf, wie er den Bischof töten könne, denn er behauptete, S. 165 selbst des Bistums würdig zu sein. Nachdem sie nun einen Geistlichen gedungen hatten, der jenen mit der Axt erschlagen sollte, liefen sie aller Orten herum, tuschelten, schlossen heimlich Bündnisse und verhießen große Belohnungen, wenn er erst nach dem Tode des Bischofs an dessen Stelle treten würde. Aber die Barmherzigkeit Gottes kam ihrer Nichts-würdigkeit zuvor, und der Herr vereitelte die Ruchlosigkeit dieser schändlichen Menschen durch seine hilfreiche Liebe. Eines Tages nämlich, als der Bischof Arbeiter auf das Feld zum Pflügen bestellt hatte, folgte der erwähnte Geistliche dem heiligen Manne, der von alledem nichts ahnte, mit einem Beil. Endlich wurde er jedoch aufmerksam und sprach: „Was folgst du mir immer mit dieser Axt und läßt mich nicht aus den Augen?" Da erschrak jener, warf sich dem Bischof zu Füßen und sprach: „Sei unbesorgt, Priester des Herrn! Denn wisse, ich bin von dem Archidiakon und dem Schulmeister abgesandt, dich mit der Axt zu erschlagen. Aber so oft ich dies tun wollte und zum Hiebe mit der erhobenen Rechten ausholte, umnachteten sich meine Augen, meine Ohren wurden taub, es zitterte mein ganzer Körper, meine Hände waren ohne Kraft, und ich konnte nicht ausführen, was ich beabsichtigte; ließ ich die Hände aber sinken, so fühlte ich keine Beschwerde mehr. Da erkannte ich, daß der Herr mit dir ist, da ich dir ja kein Leid zufügen konnte." Als der Bischof dies hörte, weinte er. Er gebot aber dem Geistlichen zu schweigen, kehrte nach Hause zurück und setzte sich zum Mahle(1). Nachdem es beendet war, legte' er sich zur Ruhe auf sein Lager, um das viele Betten von ändern Geistlichen standen(2).

S. 166 Jene Bösewichte versprachen sich aber nichts mehr von jenem Geistlichen und sannen darauf, wie sie selbst ihre Schandtat ausführen möchten. Sie dachten nun auf eine neue List, um den Bischof mit Gewalt zu beseitigen oder ihm mindestens einen Schandfleck anzuheften, der ihn um das Bistum brächte. Als daher alle ruhten, brachen sie gegen Mitternacht unter großem Geschrei in das Schlafzimmer des Bischofs ein und sagten, sie hätten ein Weib aus dem Zimmer kommen sehen und es nur deshalb laufen lassen, um zu dem Bischof zu eilen. Und wahrlich, das war ein Werk und ein Anschlag des Teufels, daß sie eine solche Beschuldigung gegen den Bischof in diesem Alter erhoben, denn er war fast siebenzig Jahr alt. Und sofort schlossen sie sich wiederum mit dem obenerwähnten Geistlichen zusammen, und der Bischof wurde von dem Manne eigenhändig in Ketten gelegt, von dessen Hals er oft die Fesseln gelöst hatte, und in strenger Hast von dem gehalten, den er oft aus schmutzigen Kerkern befreit hatte. Nun sah er, daß seine Feinde Macht über ihn gewonnen hatten und, in Ketten geschmiedet, rief er unter Tränen die Barmherzigkeit Gottes an. Alsbald wurden seine Wächter vom Schlaf überwältigt, die Bande fielen durch ein Wunder, und er trat aus dem Kerker: er, der Unschuldige, so oft vordem der Schuldigen Erretter. Glücklich entkam er und begab sich alsbald in das Reich König Gunthramns. Nach seiner Entfernung trieben die bösen Gesellen um so freier ihr Wesen und eilten zu König Chilperich, um das Bistum zu erlangen, und zu den vielen Beschuldigungen, die sie gegen den Bischof erhoben, fügten sie auch die hinzu: „Daran erkenne, ruhmreichster König, daß wahr ist, was wir S. 167 gesagt haben, daß er, den Tod für seine Verbrechen fürchtend, sich in das Reich deines Bruders geflüchtet hat." Der König schenkte ihnen aber keinen Glauben, sondern hieß sie in ihre Stadt zurückkehren. Indessen war es den Bürgern, die über die Abwesenheit ihres Bischofs in großer Trauer waren, klar geworden, daß alles, was sich mit ihm zugetragen, nur aus Neid und Habsucht geschehen sei, und sie ergriffen den Archidiakon und seinen Helfershelfer, züchtigten sie und baten den König, ihnen ihren Bischof wiederzugeben. Der König schickte Gesandte an seinen Bruder und ließ ihm melden, er habe kein Unrecht an dem Bischof gefunden. Da gab ihm König Gunthramn, gütig und stets zum Erbarmen geneigt, viele Geschenke, auch fertigte er ihm ein Schreiben an alle Bischöfe seines Reiches aus, daß sie den Fremdling um Gottes willen auf irgendeine Weise unterstützen möchten. So durchzog er die Bischofssprengel, und die Bischöfe machten ihm so viel Geschenke an Kleidern und Geld, daß er kaum alles, was er erhalten hatte, nach seiner Stadt bringen konnte, und das Wort des Apostels erfüllt wurde, daß „denen die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen"(1). Denn ihm brachte die Fremde Reichtum, und die Verbannung gewann ihm große Schätze. Als er zurückkehrte, wurde er mit großem Jubel von den Einwohnern ausgenommen, so daß sie vor Freude weinten und Gott priesen, der endlich ihrer Kirche einen solchen Bischof wiedergab.


  1. Wir finden früher keine Erwähnung des Aethertu«; Lisieux liegt in der Normandie ↩

  2. Sie üben gegenüber der GeschlechtSangehürigen daSlrafrechtder Gippe aus. ↩

  3. Vgl. B. I. S. 243. ↩

  4. Bgl. 2 Petr. 2, 22. ↩

  5. Ihr Verfahren ist ein Ausfluß des Fehdeund Racherechtes der Gippe gegenüber dem Schänder weiblicher Ehre.  ↩

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