2. (1. Cap.)1 Diakonen und Priester müssen Enthaltsamkeit beobachten.
„Du fragtest, wie es mit Jenen zu halten sei, deren gegenwärtige oder frühere Unenthaltsamkeit im Diakonate S. 53 oder im Priesterthume die (von ihnen) gezeugten Kinder verrathen haben. Bezüglich Dieser ist sowohl die Vorschrift der göttlichen Gesetze klar und kamen die deutlichen Verordnungen des Bischofs Siricius2 seligen Andenkens hinzu, daß nemlich die Unenthaltsamen, welche in solchen Ämtern stehen, aller kirchlichen Würden beraubt werden und zu dem Dienste nicht hinzutreten sollen, der nur in Enthaltsamkeit geleistet werden soll. Denn es ist eine sehr alte, schon vom Anfänge her beobachtete Vorschrift des heiligen Gesetzes, daß die Priester während ihres Dienstjahres imTempel wohnen mußten, damit sie im Dienste der heiligen Opfer sich rein und frei von aller Makel den heiligen Verrichtungen weihen können: noch daß es erlaubt sei, Diejenigen zu den Opfern zuzulassen, welche auch mit der Frau fleischlichen Umgang pflegen,3 weil geschrieben steht:4 „„Seid heilig, weil auch ich heilig bin der Herr, euer Gott.„" Ihnen war jedoch wirklich der eheliche Umgang gestattet wegen der Erbfolge der Nachkommenschaft, da nach dem Gesetze aus einem anderen Stamme Keiner zum Priesterthume gelangen durfte; um wie viel mehr müssen jene Priester oder Leviten vom Tage der Ordination an die Keuschheit bewahren, welche ein Priesterthum oder Levitenthum ohne Erbfolge haben, bei denen kein Tag vergeht, an dem sie nicht den göttlichen Opfern oder der Spendung der Taufe obliegen? Denn wenn Paulus im Briefe an die Korinthier sagt:5 „„Enthaltet euch eine Zeit lang, damit ihr dem Gebete oblieget,“„ und Dieß selbst den Laien befahl, so werden doch S. 54 um so mehr die Priester, deren Amt in unablässigem Gebete und Opfer besteht, sich von solchem Umgänge fernhalten müssen. Wer aber mit fleischlicher Begierlichkeit befleckt ist, mit welcher Scham wird er es wagen zu opfern, oder mit welchem Gewissen, mit welchem Rechte glaubt er erhört zu werden, da es doch heißt:6 „„Den Reinen ist Alles rein, den Befleckten aber und Ungläubigen ist Nichts rein“"?
Nach der Eintheilung des Dionysius Exiguus. ↩
Vgl. 1. Brief des Papstes Siricius Cap. 7 und 5. Brief n. 3 in Papstbriefe II. S. 416 u. 436. ↩
Diese Stelle hat Gratian corrumpirt und D. XXXI c. 6 in folgender Gestalt aufgenommen: „Es isr billig, daß die zum Opfer zugelassen werden, welche mit ihrer Frau nicht fleischlichen Umgang pflegen;“ übrigens gibt er sie an anderer Stelle, wo er n. 2—4 unseres Briefes zusammen citirt, in wortgetreuer Fassung. ↩
Levit. 11, 44 u. 20, 7. ↩
I. Kor. 7. 5. ↩
Tit. 1, 15. ↩
