9. (4. Cap.) Bitte um Aufklärung bezüglich der verschiedenen Behandlung des Ehebruches bei den verschiedenen Geschlechtern.
Ferner wurde darüber um Auskunft gebeten, warum Männer communiciren und mit ihren ehebrecherischen Frauen nicht zusammenleben, da im Gegentheile die Frauen in der Lebensgemeinschaft ihrer ehebrecherischen Männer verbleiben.1 S. 58
Der Wortlaut dieser Frage ist so succinct, daß zu deren Verständnisse einige Ergänzungen nothwendig sind; er lautet: ... cur communnicantes viricum adulteris uxoribus non conveniant, cum contra uxores in consortio adultererum virorum manere videantur. Exsuperius wünscht hiemit Aufklärung darüber, warum ehebrecherische Männner milder behandelt werden als ehebrecherische Frauen; die ungleiche Bestrafung drückt sich ihm in doppelter Hinsicht aus: 1) wird ehebrecherischen Männern die Communion nicht verweigert, den Frauen aber vorenthalten. 2) lösen ehebrecherische Männer die Gemeinschaft mit den ehebrecherischen Frauen, während Frauen bei ihren ehebrecherischen Männern bleiben; die Frage mußte demnach ungefähr so lauten: cur adulteri viri communicare possint et (ipsi innocentes) adulteras uxores dimittere, cum contra uxores (pudicae) in consortio adulterorum virorum manere videantur et si adulterae sint, a communione arceantur; der Papst berührt in seiner Antwort nur den ersten Punct bezüglich der Communion, weßhalb auch Ivo (Decret. VIII. 214) dieses Capitel überschreibt: „Weßhalb ehebrecherische Männer die Notcommunion empfangen, diese aber ehebrecherischen Frauen verweigert wird;“ auch zieht er den ersten Satz der Antwort noch zur Frage herauf, als ob Exsuperus sagen wollte: ich weiß, daß nach der chrstlichen Lehre der Ehebruch beim Manne eine ebenso schwere Sünde ist wie bei der Frau; warum also wird er bei dieser strenger bestraft? — Bekanntlich hatte die Kirche große Mühe, gegenüber der heidnischen-römischen Gesetzgebung diesen Standpunkt zur Geltung zu bringen. ↩
