21. Brief des Eutyches an den Papst Leo. 1
Einleitung
Auf einer am 8. November 448 von Bischof Flavianus in Konstantinopel versammelten σύνοδος ἐνδημοῦσα 2 legte Bischof Eusebius von Doryläum in Phrygien eine Klageschrift gegen Eutyches vor, in Folge deren die Synode den Eutyches vorlud, welcher nach vielen Ausflüchten endlich erschien, nach gewundenen Erklärungen seine Irrlehre eingestand und hierauf am 22. November von der Synode seines Priester- und klösterlichen Vorsteheramtes entsetzt und aus der Gemeinschaft ausgeschlossen wurde. Gegen dieses Urteil der Synode protestierte Eutyches und sein Anhang auf alle nur mögliche Weise; in Konstantinopel ließ er an verschiedenen Plätzen Placate anschlagen, worin er sich über das Geschehene schmähend beschwerte und seine Lehre zu rechtfertigen suchte. Ebenso beschwerte er sich beim Kaiser und fand hier nicht ungünstiges Gehör. Um aber auch die angesehensten Bischöfe entlegener Provinzen für sich zu gewinnen, richtete er an mehrere derselben klug abgefaßte Schreiben, von denen wir das an den Papst gesandte in lateinischer (leider durch die vielen Gräcismen sehr undeutlicher) Übersetzung haben; Quesnell vermutet, dass dieser Brief an Leo ein Circularschreiben gewesen und wörtlich gleichlautende Exemplare auch an andere Bischöfe geschickt S. 168 worden seien, was ich wohl bezüglich des Hauptinhaltes, nicht aber bezüglich der wörtlichen Übereinstimmung für wahrscheinlich halte. Dem Briefe an den Papst legte Eutyches noch zwei Schriften bei, die Anklageschrift des Eusebius und seine eigene, die nicht angenommen worden (nach der Vermutung der Ballerini die Appellationsurkunde), ausserdem seine Glaubenserklärung (wohl ein Exemplar der Placate) und die Erklärungen der Väter über die zwei Naturen. Von diesen Beilagen führen die Handschriften unseres Briefes nur einen Teil der Glaubenserklärung des Eutyches und eine (angebliche) Erklärung des Papstes Julius zu Gunsten der Lehre des Eutyches an;3 diese letztere haben wir schon bei den Briefen dieses Papstes als ein demselben von den Apollinaristen unterschobenes Machwerk kennen gelernt. 4
Inhalt
Brief des Häretikers Eutyches, in welchem er an Papst Leo der Stadt Rom schreibt und in Christus zwei Naturen leugnet, nämlich die der Gottheit und die der Menschheit.
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Baller. I. p. 739, Mansi V. p. 1014; Cacciari II. P. 96 nach Num. 21 (seiner Zählung, Num. 24 der unsrigen). ↩
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S. Papstbriefe III. Bd. S. 577 Note 2. ↩
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Da nämlich ein gleichzeitiger Anonymus aufgefordert wurde, diesen Brief des Eutyches an Leo zu widerlegen, berücksichtigte derselbe nur den Brief selbst und von den Beilagen nur diese zwei Stücke, wodurch der Abschreiber veranlaßt wurde, die von dem Anonymus übergangenen Stücke gleichfalls zu übergehen. Die Klageschrift des Eusebius gegen Eutyches findet sich übrigens in den Akten der 1. Sitzung des chalcedonischen Concils. ↩
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S. Papstbriefe II. Bd. S. 146 ff. ↩