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Groß ist, Geliebteste, das Geheimnis dieses Geschenkes, und die Gnade, daß Gott den Menschen Sohn nennt und der Mensch Gott als Vater anspricht, übertrifft alle Gaben. Ersieht und erkennt man doch aus diesen Bezeichnungen, wie unsere Liebe sein muß, um sich einer so hohen Ehre würdig zu machen. Denn wenn schon bei leiblicher Abstammung und bei irdischer Nachkommenschaft die Kinder berühmter Eltern bei einem lasterhaften und schlechten Lebenswandel mißachtet werden und ein unwürdiger Sprößling gerade durch die glänzenden Vorzüge seiner Ahnen beschämt wird, welches Ende wird es da mit jenen nehmen, die sich aus Liebe zur Welt ohne Scheu von der Familie Christi trennen? Wenn es dagegen unter den Menschen Ehre bringt, wenn der Väter Zier in ihren Nachkommen aufs neue erstrahlt, welch weit größeren Ruhm bringt es da den Kindern Gottes, dem glänzenden Vorbilde ihres Schöpfers ähnlich zu werden, und den in ihrer Person erkennen zu lassen, der ihr Vater ist! Sagt doch der Herr: „So leuchte euer Licht vor den Menschen, daß sie eure guten Werke sehen und eueren Vater preisen, der im Himmel ist!“1 . Freilich wissen wir, daß nach den Worten des Apostels Johannes „die ganze Welt im S. 113argen liegt“2 , daß die Nachstellungen des Teufels und seines Anhanges, daß unzählige Versuchungen darauf abzielen, den Menschen, der nach Überirdischem strebt, entweder durch Unglück zu schrecken oder durch Glück zu verderben, allein mächtiger ist jener, der i n uns ist, als jener, der gegen uns ist3 . Und jenen, die im Frieden mit Gott leben, die allezeit mit ihrem Vater aus ganzem Herzen sprechen: „Dein Wille geschehe!“4 , vermögen keinerlei Kämpfe verderblich zu werden und keinerlei Angriffe zu schaden. Wenn wir uns nämlich in unseren Bekenntnissen selbst anklagen und der Begehrlichkeit des Fleisches die Zustimmung versagen, so ziehen wir uns zwar die Feindschaft dessen zu, von dem die Sünde stammt, stärken aber im Dienste der göttlichen Gnade jenen Gottesfrieden, der nicht entrissen werden kann. Wir unterwerfen uns damit nicht nur gehorsam unserem Könige, sondern schließen uns ihm auch in freier Selbstbestimmung an. Wird doch, wenn wir mit ihm gleichen Sinnes sind, wenn wir wollen, was er will, wenn wir mißbilligen, was i h m mißfällt, gerade er selbst alle Kämpfe für uns durchfechten. Und gerade er selbst , der uns das Wollen gab, wird auch das Können geben, so daß wir an seinen Werken tätig teilnehmen und mit den Worten des Propheten gläubig und voll Jubel ausrufen: „Der Herr ist meine Leuchte und mein Heil: wen sollte ich da fürchten? Der Herr ist der Beschirmer meines Lebens: Vor wem sollte ich da erzittern?“5 .