3.
Die Majestät des Gottessohnes, die dem Vater gleich ist, die das unscheinbare Gewand eines Knechtes annahm, fürchtete keine Verringerung und bedurfte auch keiner Vermehrung. Gerade seine erbarmungsreiche Absicht aber, mit der er sich für die Erlösung des Menschen trug, konnte er einzig und allein durch göttliche Kraft verwirklichen, um die nach dem Bilde Gottes geschaffene Kreatur1 von dem Joche ihres grausamen Gewaltherrn zu befreien. Weil jedoch der gewalttätige Satan nicht s o gegen den ersten Menschen aufgetreten war, daß er ihn ohne die Zustimmung seines freien Willens auf seine Seite gebracht hätte, so mußten die freiwillige Sünde2 und der Anschlag des Erbfeindes in der Weise unschädlich gemacht werden, daß die Forderung der Gerechtigkeit nicht in Widerspruch geriet mit der Zuwendung der Gnade. Bei dem allgemeinen Verderben des gesamten Menschengeschlechtes gab es also in dem geheimen Ratschlusse Gottes nur ein einziges Mittel, das den Gefallenen S. 125helfen könnte, wenn nämlich irgendein Adamssohn frei von Erbsünde und Schuld geboren würde, der den übrigen durch Beispiel und Verdienst zu nützen vermöchte. Weil aber natürliche Zeugung dies unmöglich machte und die verderbte Wurzel keinen Keim hervorbringen konnte ohne jenen Samen, von dem die Schrift sagt: „Wer kann rein machen den, der von unreinem Samen empfangen ist? Bist's nicht du, der Alleinige?“3 wurde der Herr Davids zum Sohne Davids.4 ging aus der Frucht des verheißenen Reises ein Sprößling ohne Makel hervor5 , indem sich zwei Naturen zu einer Person vereinigten, so daß unser Herr Jesus Christus durch ein und dieselbe Empfängnis, durch ein und dieselbe Geburt zur Welt kam. Wahre Gottheit sollte in ihm wohnen zur Wirkung seiner Wunder, wahre Menschheit zur Ertragung seiner Leiden.