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Niemand tue sich also, Geliebteste, auf irgendwelche Verdienste eines rechtschaffenen Lebens etwas zugute, wenn ihm die Werke christlicher Liebe fehlen! Keiner sei wegen der Keuschheit seines Leibes voll Zuversicht, wenn er sich nicht durch die läuternde Kraft des Almosens reinigt! Das Almosen tilgt die Sünden, übermannt den Tod und löscht die Strafe des ewigen Feuers1 . Wer dagegen keine Früchte der Mildtätigkeit aufzuweisen hat, dem steht kein Anspruch auf die Gnade dessen zu, der uns vergelten wird. So sagt Salomon: „Wenn einer seine Ohren verstopft, um den Schwachen nicht zu hören, und selber einmal den Herrn anrufen wird, so wird auch keiner sein, der ihn erhört“2 . Darum sagte auch Tobias, als er seinen Sohn in den Lehren eines gottgefälligen Wandels unterwies: „Gib Almosen von deinem Vermögen und wende von keinem Armen dein S. 37Angesicht ab! So wird es geschehen, daß sich das Antlitz Gottes auch von dir nicht abwendet“3 . Erst diese Tugend macht also alle anderen guten Eigenschaften nutzbringend, die durch ihr Hinzutreten auch den Glauben lebendig macht, aus dem der Gerechte lebt4 , und der ohne Werke ein toter genannt wird5 .
Wie nämlich im Glauben der Grund zu guten Werken liegt, so liegt auch in den guten Werken die Kraft des Glaubens. „Laßt uns darum nach den Worten des Apostels , solange wir Zeit haben, Gutes tun an allen, besonders aber an den Glaubensgenossen!“6 . „Laßt uns Gutes tun und nicht ermüden; denn zur gegebenen Zeit werden wir ernten!“7 . Das gegenwärtige Leben ist also die Zeit der Aussaat, die Zeit der Ernte aber ist der Tag der Vergeltung. An diesem wird jeder so viele Früchte in seinen Scheunen bergen, als er gesät hat. Niemand aber wird über den Ertrag seiner auf Erden ausgestreuten Saat enttäuscht sein, da vor Gottes Richterstuhl mehr der Wert der Gesinnung als die Höhe des Aufwands in die Wagschale fallen wird, und eine geringe Spende aus geringer Habe ebensoviel einbringt, wie ein reiches Geschenk aus reichem Gute. Darum soll auch, Geliebteste, den Anordnungen der Apostel Genüge geschehen! Da nun am Sonntag die erste Kollekte stattfinden wird, so rüstet euch alle zu diesem freiwilligen Werke der Liebe, so daß sich ein jeder nach Kräften an dieser so heiligen Opferspende beteiligt! Euere Almosen sowie die Armen, denen ihr mit eueren Gaben beispringen wollt, werden es dann durch ihre Fürbitte für euch erreichen, daß ihr stets fähig seid, alle möglichen guten Werke zu üben in Christus Jesus, unserem Herrn, der lebt und waltet, endlos, in Ewigkeit. Amen.