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De Anima
LI. NIHIL ANIMAE IN CORPORE SVBREMANERE.
[1] Opus autem mortis in medio est, discretio corporis animaeque. Sed quidam ad immortalitatem animae, quam quidem non a deo edocti infirme tuentur, ita argumentationes emendicant, ut uelint credi etiam post mortem quasdam animas adhaerere corporibus. [2] Ad hoc enim et Plato, etsi quas uult animas ad caelum statim expedit, in Politia tamen cuiusdam insepulti cadauer opponit longo tempore sine ulla labe prae animae scilicet indiuiduitate seruatum. Ad hoc et Democritus crementa unguium et comarum in sepulturis aliquanti temporis denotat. [3] Porro et aeris qualitas corpori illi potuit tutela fuisse. Quid enim, si aridior aer et solum salsius? Quid, si et ipsius corporis substantia exsuccior? Quid, si et genus mortis ante iam corruptelae materias erogarat? Vngues autem cum exodia neruorum sint, merito neruis resolutione porrectis prouectiores et cotidie deficiente carne expelli uidentur. Comae quoque alimenta de cerebro, quod aliquamdiu durare praestat secreta munitio. Denique in uiuentibus etiam pro cerebri ubertate uel affluit capillago uel deserit. Habes medicos. [4] Sed nec modicum quid animae subsidere in corpore est decessurum quandoque et ipsum, cum totam corporis scenam tempus aboleuerit. Et hoc enim in opinione quorundam est; propterea nec ignibus funerandum aiunt parcentes superfluo animae. Alia est autem ratio pietatis istius, non reliquiis animae adulatrix, sed crudelitatis etiam corporis nomine auersatrix, quod et ipsum homo non utique mereatur poenali exitu impendi. [5] Ceterum anima indiuisibilis, ut immortalis, etiam mortem indiuisibilem exigit credi, non quasi immortali, sed quasi indiuisibili animae indiuisibiliter accidentem. Diuidetur autem et mors, si et anima, superfluo scilicet animae quandoque morituro; ita portio mortis cum animae portione remanebit. [6] Nec ignoro aliquod esse uestigium opinionis istius. De meo didici. Scio feminam quandam uernaculam ecclesiae, forma et aetate integra functam, post unicum et breue matrimonium cum in pace dormisset et morante adhuc sepultura interim oratione presbyteri componeretur, ad primum halitum orationis manus a lateribus dimotas in habitum supplicem conformasse rursumque condita pace situi suo reddidisse. [7] Est et illa relatio apud nostros, in coemeterio corpus corpori iuxta collocando spatium accessui communicasse. Si et apud ethnicos tale quid traditur, ubique deus potestatis suae signa proponit, suis in solacium, extraneis in testimonium. Magis enim credam in testimonium ex deo factum quam ex ullis animae reliquiis, quae si inessent, alia quoque membra mouissent, et si manus tantum, sed non in causam orationis. Corpus etiam illud non modo fratri cessisset, uerum et alias mutatione situs sibimet ipsi refrigerasset. [8] Certe undeunde sunt ista, signis potius et ostentis deputanda, naturam facere non possunt. Mors, si non semel tota est, non est; si quid animae remanserit, uita est; non magis uitae miscebitur mors quam diei et nox.
Übersetzung
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Über die Seele. (BKV)
51. Cap. Es bleibt nach dem Tode von der Seele nichts im Körper zurück.
Die Wirkung des Todes liegt auf der Hand: Trennung von Seele und Leib. Einige jedoch thun sich zu gunsten der Unsterblichkeit der Seele, welche sie, ohne von Gott darüber belehrt zu sein, so halb und halb aufrecht erhalten, nach bettelhaften Argumentationen um und wollen, man solle glauben, einzelne Seelen blieben auch nach dem Tode noch an ihren Körpern haften. Zu diesem Zwecke wendet Plato, wenn er auch sonst sämtliche Seelen sofort in den Himmel schickt, dennoch im „Staate” ein, der Leichnam eines Unbeerdigten sei lange Zeit hindurch ohne alle Spur von Verwesung geblieben, nämlich wegen nicht stattgefundener Absonderung der Seele. Zu diesem Zweck macht Demokritus auf das Wachsen der Nägel und Haare in den Gräbern, das sich geraume Zeit hindurch fortsetzt, aufmerksam. Es war aber auch möglich, dass die Beschaffenheit der Luft für jenen Leichnam einen Schutz bildete. Wie, wenn die Luft trockener und die Erde salzhaltiger gewesen wäre? Wie, wenn die Bestandteile des Körpers selbst saftloser gewesen wären? Wie, wenn seine Todesart selbst schon im voraus die die Fäulnis bewirkenden Stoffe hinausgeschafft hätte? Die Nägel aber scheinen, da sie die Ausgangspunkte der Sehnen sind, ganz natürlich, sobald die Sehnen durch Auflösung länger werden und das Fleisch täglich abnimmt, länger hervorzutreten. Die Haare erhalten ihre Nahrung aus dem Gehirn, welchem durch seine geschützte Lage die Fortdauer noch einige Zeit lang gesichert ist. So ist ja auch bei den Lebenden der Haarwuchs je nach der Masse des Gehirns wuchernd oder er geht aus. Die Ärzte vertreten dies.
Nicht einmal das Geringste von der Seele kann im Körper zurückbleiben; es würde zuletzt auch entweichen müssen, wenn die Zeit das ganze Gebäude des Leibes vernichtet hat. Es gibt Leute, die auch diese Meinung hegen; darum sagen sie, man dürfe die Leichen aus Mitleid mit dem Seelenreste nicht verbrennen. Ganz anders aber ist das Verfahren der Frömmigkeit1 in diesem Punkte, sie nimmt keine höfliche Rücksicht auf S. 365 die Reste der Seele, sondern verabscheut diese Grausamkeit schon um des Körpers willen, weil der Mensch so etwas jedenfalls nicht verdient, in der Todesart der Verbrecher hingeopfert zu werden. Die Seele ist übrigens unteilbar, weil unsterblich, und dies nötigt, anzunehmen, auch der Tod sei ein ungeteilter, indem er die Seele nicht so fast als unsterbliches, sondern als unteilbares Wesen in unteilbarer Weise trifft. Denn würde die Seele geteilt, so würde auch der Tod in Teile zerlegt werden, nämlich in Bezug auf den Rest der Seele, der einstens ebenfalls sterben muss. So würde mit dem einen Teile der Seele auch noch ein Teil des Todes in Rückstand bleiben.
Ich weiss wohl, dass es Anzeichen gibt, die für jene Meinung sprechen. Ich habe persönliche Erfahrung darüber gemacht. Mir ist der Fall bekannt, dass eine Frau, welche, als Glied der Kirche geboren, ohne Gebrechen an Form und Lebensalter, nach einer einzigen und kurzen Ehe in Frieden entschlafen war. Die Beerdigung verzögerte sich noch, und die Person wurde unter den Gebeten des Priesters unterdessen dafür zurecht gelegt; beim ersten Tone des Gebetes hob sie ihre Hände von den Seiten auf, nahm die Haltung des Gebetes an und legte sie nach Beendigung des Friedensgebetes wiederum in ihre frühere Lage zurück. Auch lebt im Munde der Unsrigen die Erzählung, dass auf dem Kirchhofe ein Leichnam einem andern, der daneben gelegt werden sollte, durch Zurückweichen Platz gemacht habe.
Wenn sich bei den Heiden derartige Erzählungen auch finden, so ist zu sagen, Gott lässt allerwärts Zeichen seiner Macht sehen, den Seinigen zum Troste, den andern zum Verderben. Ich für meinen Teil möchte lieber glauben, Gott wirke dergleichen zum Zeichen, als dass es durch irgendwelche Reste der Seele geschehe. Wenn solche noch da wären, so würden sie wohl auch die anderen Glieder in Bewegung gesetzt haben, und wenn bloss die Hände, dann doch nicht zum Zwecke des Gebetes. Jene andere Leiche würde nicht bloss dem Bruder Platz gemacht haben, sondern sonst noch durch Veränderung ihrer Lage sich selbst Erleichterung verschafft haben. Woher nun diese Dinge auch kommen, so viel ist gewiss, sie sind für Zeichen und Wunder zu halten, und können nicht die Regel bilden. Wenn der Tod nicht mit einem Male und ganz eintritt, so ist er gar keiner. Wenn etwas von der Seele zurückbleibt, so ist Leben vorhanden. Tod und Leben werden sich ebensowenig miteinander verbinden, als der Tag mit der Nacht.
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Das christliche Gefühl sprach sich gegen das Verbrennen der Leichen aus. ↩