Edition
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Regulae pastoralis liber
Caput III.
Ut rector semper sit operatione
praecipuus.
Sit rector operatione praecipuus, ut vitae viam subditis vivendo denuntiet, et grex qui pastoris vocem moresque sequitur, per exempla melius quam per verba gradiatur. Qui enim loci sui necessitate exigitur summa dicere, hac eadem necessitate compellitur summa monstrare. Illa namque vox libentius auditorum cor penetrat, quam dicentis vita commendat, quia quod loquendo imperat, ostendendo adjuvat ut fiat. Hinc enim per prophetam dicitur: Super montem excelsum ascende tu qui evangelizas Sion (Isai. XL, 9). Ut videlicet qui coelesti praedicatione utitur, ima jam terrenorum operum deserens, in rerum culmine stare videatur; tantoque facilius subditos ad meliora pertrahat, quanto per vitae meritum de supernis clamat. Hinc divina lege armum sacerdos in sacrificium et dextrum accipit et separatum (Exod. XXIX, 22), ut non solum sit ejus operatio utilis, sed etiam singularis; nec inter malos tantummodo quae recta sunt faciat, sed bene quoque operantes subditos, sicut honore ordinis superat, ita etiam morum virtute transcendat. Cui in esu quoque pectusculum cum armo tribuitur, ut quod de sacrificio praecipitur sumere, hoc de semetipso auctori discat immolare. Et non solum pectore quae recta sunt cogitet, sed spectatores suos ad sublimia arma operis invitet: nulla prospera praesentis vitae appetat, nulla adversa pertimescat; blandimenta mundi respecto intimo terrore despiciat, terrores autem considerato internae dulcedinis blandimento contemnat. Unde supernae quoque vocis imperio (Exod. XXIX, 5) in utroque humero sacerdos velamine superhumeralis astringitur, ut contra adversa ac prospera virtutum semper ornamento muniatur; quatenus, juxta vocem Pauli (II Cor. VI, 7), per arma justitiae a dextris sinistrisque gradiens, cum ad sola quae interiora sunt nititur, in nullo delectationis infimae latere flectatur. Non hunc prospera elevent, non adversa perturbent, non blanda usque ad voluntatem demulceant, non aspera ad desperationem premant; ut dum nullis passionibus intentionem mentis humiliat, quanta in utroque humero superhumeralis pulchritudine tegatur ostendat. Quod recte etiam superhumerale ex auro, hyacintho, purpura, bis tincto cocco, et torta fieri bysso praecipitur (Exod. XXVIII, 8), ut quanta sacerdos clarescere virtutum diversitate debeat demonstretur. In sacerdotis quippe habitu ante omnia aurum fulget, ut in eo intellectus sapientiae principaliter emicet. Cui hyacinthus, qui aereo colore resplendet adjungitur, ut per omne quod intelligendo penetrat, non ad favores infimos, sed ad amorem coelestium surgat; ne dum suis incautus laudibus capitur, ipso etiam veritatis intellectu vacuetur. Auro quoque et hyacintho purpura permiscetur; ut videlicet sacerdotale cor, cum summa quae praedicat sperat, in semetipso etiam suggestiones vitiorum reprimat, eisque velut ex regia potestate contradicat, quatenus nobilitatem semper intimae regenerationis aspiciat, et coelestis regni sibi habitum moribus defendat. De hac quippe nobilitate spiritus per Petrum dicitur: Vos autem genus electum, regale sacerdotium (I Petr. II, 9). De hac etiam potestate, quia vitia subigimus, Joannis voce roboramur, qui ait: Quotquot autem receperunt eum, dedit eis potestatem filios Dei fieri (Joan. I, 12). Hanc dignitatem fortitudinis Psalmista considerat, dicens: Mihi autem nimis honorificati sunt amici tui, Deus, nimis confortatus est principatus eorum (Psal. CXXXVIII, 17). Quia nimirum sanctorum mens principaliter in summis erigitur, cum exterius perpeti abjecta cernuntur. Auro autem, hyacintho ac purpurae bis tinctus coccus adjungitur, ut ante interni judicis oculos omnia virtutum bona ex charitate decorentur; et cuncta quae coram hominibus rutilant, haec in conspectu occulti arbitri flamma intimi amoris accendat. Quae scilicet charitas, quia Deum simul ac proximum diligit, quasi ex duplici tinctura fulgescit. Qui igitur sic ad auctoris speciem anhelat, ut proximorum curam negligat, vel sic proximorum curam exsequitur, ut a divino amore torpescat, quia unum horum quodlibet negligit, in superhumeralis ornamento habere coccum his tinctum nescit. Sed cum mens ad praecepta charitatis tenditur, restat procul dubio ut per abstinentiam caro maceretur. Unde et his tincto cocco torta byssus adjungitur. De terra etenim byssus nitenti specie oritur. Et quid per byssum, nisi candens decore munditiae corporalis castitas designatur? Quae videlicet torta, pulchritudini superhumeralis innectitur; quia tunc castimonia ad perfectum munditiae candorem ducitur, cum per abstinentiam caro fatigatur. Cumque inter virtutes caeteras etiam afflictae carnis meritum proficit, quasi in diversa superhumeralis specie byssus torta candescit.
Übersetzung
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Buch der Pastoralregel (BKV)
III. Kapitel: Der Seelenführer muß stets musterhaft in seinem Wandel sein
Der Seelenführer sei musterhaft im Wandel, damit er den Untergebenen durch sein Leben zeigt, wie sie selbst leben müssen, und damit die Herde, die der Stimme und dem Beispiel des Hirten nachgeht, mehr noch nach seinem Vorbild als nach seinen Worten sich richten kann. Denn da seine Stellung ihn nötigt, die erhabensten Wahrheiten zu verkündigen, so tritt gerade deshalb die Notwendigkeit an ihn heran, das erhabenste Beispiel zu geben. Jenes Wort findet nämlich leicht den Weg ins Herz der Zuhörer, das der Prediger durch sein Leben schon empfiehlt; denn er verhilft dem Werke, das er durch sein Wort befiehlt, dadurch zur Ausführung, daß er es vormacht. Darum heißt es beim Propheten: „Auf hohen Berg steig’ hinan, der du Sion frohe Botschaft bringst!“1 Denn wer über himmlische Dinge predigt, muß die Niederungen der Welt verlassen und hoch über allem Irdischen stehen, damit er die Untergebenen um so leichter zu einem vollkommenen Leben bewegen kann, je höher die Stufe ist, von der aus er ihnen zuruft. Deshalb bekam auch der Priester beim Opfer das rechte Schulterstück, und zwar losgetrennt,2 auf daß sein Wandel nicht bloß nutzbringend sei, sondern unter allen hervorrage, und auf daß er nicht nur unter Bösen das Rechte tue, sondern auch die Rechtschaffenen von seinen Untergebenen seiner Würde entsprechend an Tugend überrage. Es wird ihm dann zum Mahle mit dem S. 91 Schulterstück auch das Bruststück gegeben, damit er lerne, das an und für sich schon dem Schöpfer zu opfern, was er nach dem Gesetze von dem Opfer zu nehmen hat. Und nicht nur gute Gedanken sollen seine Brust bewegen, sondern er soll auch alle, die auf ihn schauen, durch sein Wirken, das durch das Schulterstück angedeutet wird,3 nach oben lenken; er trage kein Verlangen nach den Glücksgütern dieser Welt und fürchte kein Ungemach; die Lockungen der Welt soll er verachten, indem er den Schrecken in seinem Innern betrachtet, ihre Schrecken aber für nichts halten, indem er hinsieht auf den süßen Trost in seinem Innern. Deshalb wird der Priester auf Gottes Befehl auf beiden Schultern mit dem Schulterkleid angetan,4 auf daß er immer, im Glück und im Unglück, gewappnet sei und so nach den Worten des Apostels Paulus „in den Waffen der Gerechtigkeit zur Rechten und zur Linken“5 einherschreite, indem er einzig und allein auf das Innere sein Bestreben richtet und in keiner Weise zu niedriger Lust sich herabwürdigt. Das Glück darf ihn nicht stolz machen, das Unglück nicht in Verwirrung bringen; Angenehmes soll ihn nicht verweichlichen, Hartes nicht zur Verzweiflung bringen; und so soll er, keiner Leidenschaft die Seele unterwerfend, die Schönheit seines Schulterkleides auf beiden Seiten den Menschen sehen lassen.
Gar schön ist auch die Anordnung, daß das Schulterkleid aus Gold, Hyazinth, Purpur, zweimal gefärbtem Karmesin und gezwirntem Byssus verfertigt werden soll;6 damit sollen nämlich alle die Tugenden angedeutet werden, mit denen der Priester geschmückt sein muß. Am Hohenpriesterkleid glänzt vor allem das Gold, weil der Priester durch Verstand und Weisheit sich auszeichnen muß. Ihm reiht sich der Hyazinth mit der himmelblauen S. 92 Farbe an, weil der Priester in seinem ganzen Gedankenleben sich zur Gottesliebe erheben, nicht aber nach Menschengunst verlangen soll, damit er sich nicht unvorsichtig durch Lob hinreißen lasse und dadurch schließlich das Verständnis für die Wahrheit verliere. Zu Gold und Hyazinth kommt der Purpur; denn der Priester, der all das Hohe, von dem er predigt, doch auch für sich selbst erhofft, muß in seinem Herzen sogar schon alle Versuchungen zum Bösen unterdrücken; er muß ihnen gleichsam mit königlicher Gewalt entgegentreten, den Adel seiner geistigen Wiedergeburt immer im Auge behalten und sein Anrecht auf das Himmelreich sich durch seine Tugenden wahren. Von diesem Geistesadel spricht Petrus, wenn er sagt: „Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, ein königliches Priestertum.“7 Daß wir aber Gewalt besitzen, das Böse zu unterdrücken, darüber versichert uns Johannes mit den Worten: „Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden.“8 Diese machtvolle Würde hat der Psalmist im Auge, wenn er sagt: „Deine Freunde, o Gott, sind von mir sehr geehrt; ihre Herrschaft ist überaus mächtig geworden.“9 So erhebt sich der Geist der Heiligen zu fürstlichen Höhen, während man sie äußerlich Geringschätzung erleiden sieht.
Zu Gold, Hyazinth und Purpur kommt zweimal gefärbter Karmesin, weil in den Augen des inneren Richters die Tugend erst durch die Liebe ihren Wert bekommt und weil alles, was vor den Menschen glänzt, erst vor dem Angesichte des verborgenen Richters an der Flamme inniger Liebe entzündet werden muß. Und da die Liebe sich zugleich auf Gott und auf den Nächsten bezieht, muß sie gleichsam in doppelter Färbung erstrahlen. Wenn es also einer in der Liebe gegen den Schöpfer so hält, daß er die Sorge für den Nächsten vernachlässigt, oder wenn einer über der Nächstenliebe die Liebe zu Gott erkalten läßt, wenn er also eines von S. 93 beiden hintansetzt, so versteht er nicht, den doppelt gefärbten Karmesin an seinem Schulterkleid zu tragen. Wenn aber die Seele sich nach den Geboten der Liebe richtet, so erübrigt noch ohne Zweifel, daß auch das Fleisch durch Enthaltsamkeit abgetötet werde. Deshalb kommt zum zweimal gefärbten Karmesin der gezwirnte Byssus. Der Byssus sproßt nämlich weiß und glänzend aus der Erde hervor. Was bedeutet er anders als die Keuschheit, den blendend weißen Schmuck körperlicher Reinheit? Er wird gezwirnt und in den Schmuck des Schulterkleides verwoben, weil die Keuschheit nur dann zum vollen Glanz der Reinheit gelangt, wenn das Fleisch durch Enthaltsamkeit gezügelt wird. Wenn so zu den übrigen Tugenden auch das Verdienst leiblicher Abtötung kommt, so erglänzt an dem bunten Schulterkleid auch der weiße, gezwirnte Byssus.