Edition
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Regulae pastoralis liber
Caput VII.
Quomodo admonendi
impudentes et verecundi.
Aliter admonendi sunt impudentes, atque aliter verecundi. Illos namque ab impudentiae vitio non nisi increpatio dura compescit; istos autem plerumque ad melius exhortatio modesta componit. Illi se delinquere nesciunt, nisi etiam a pluribus increpentur; istis plerumque ad conversionem sufficit quod eis doctor mala sua saltem leniter ad memoriam reducit. Illos melius corrigit qui invehendo reprehendit; istis autem major profectus adducitur, si hoc quod in eis reprehenditur quasi ex latere tangatur. Impudentem quippe Judaeorum plebem Dominus aperte increpans, ait: Frons mulieris meretricis facta est tibi, noluisti erubescere (Jerem. III, 3). Et rursum verecundantem refovet, dicens: Confusionis adolescentiae tuae oblivisceris, et opprobrii viduitatis tuae non recordaberis, quia dominabitur tui qui fecit te (Isai. LIV, 4). Impudenter quoque delinquentes Galatas aperte Paulus increpat, dicens: O insensati Galatae, quis vos fascinavit (Galat. III, 1)? Et rursum: Sic stulti estis, ut cum spiritu coeperitis, nunc carne consummamini (Ibid. 3)? Culpas vero verecundantium quasi compatiens reprehendit, dicens: Gavisus sum in Domino vehementer, quoniam tandem aliquando refloruistis pro me sentire sicut et sentiebatis; occupati enim eratis (Philipp. IV, 10); ut et illorum culpas increpatio dura detegeret, et horum negligentiam mollior sermo velaret.
Traduction
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Buch der Pastoralregel (BKV)
VII. Kapitel: Wie Dreiste und wie Schüchterne zu ermahnen sind
Anders sind Dreiste, anders Schüchterne zu ermahnen. Jene bringt nichts von ihrem kecken Wesen ab als harte Worte des Tadels, diese führt meistens schon eine sanfte Mahnung auf besseren Weg. Jene glauben gar nicht, daß sie gefehlt haben, wenn sie nicht von vielen darob zurechtgewiesen werden; bei diesen ist es meistens zur Besserung schon hinreichend, daß der Lehrmeister ihnen mit einigen sanften Worten ihre Fehler ins Gedächtnis ruft. Bei jenen erreicht man am ehesten etwas, wenn man sie heftig ausschilt; bei diesen, wenn man das Tadelnswerte nur nebenher berührt. So schilt der Herr das freche Judenvolk geradezu mit folgenden Worten: „Du zeigtest die Stirn einer Buhlerin und wolltest dich nicht schämen.“1 Hiergegen ermutigt er wieder das Volk, wenn es schüchtern sich ihm naht, mit den Worten: „Der Schmach deiner Jugend wirst du vergessen und der S. 144 Schande deiner Witwenschaft nicht mehr gedenken; denn dein Schöpfer wird über dich herrschen.“2 Unverhohlen tadelt Paulus die Galater, welche frech sündigten: „O ihr unverständigen Galater! Wer hat euch bezaubert?“3 Und ferner: „So töricht seid ihr, daß, nachdem ihr im Geiste angefangen, ihr im Fleische zur Vollendung geführt werden wollt?“4 Mitleidig aber tadelt er die Sünde der Schüchternen mit den Worten: „Höchlich aber habe ich mich im Herrn gefreut, daß ihr endlich einmal wieder aufgeblüht seid, für mich besorgt zu sein, wie ihr ja auch besorgt wäret; doch ihr wäret durch die Umstände behindert.“5 So enthüllte er in schonungslosem Tadel den Fehler der einen, während er mit schonender Rede die Lässigkeit der andern zudeckte.