Edition
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De carne Christi
V
[1] Sunt plane et alia tam stulta, quae pertinent ad contumelias et passiones dei: aut prudentiam dicant deum crucifixum. aufer hoc quoque, Marcion, immo hoc potius. quid enim indignius deo, quid magis erubescendum, nasci an mori, carnem gestare an crucem, circumcidi an suffigi, educari an sepeliri, in praesepe deponi an in monimento recondi? sapientior eris si nec ista credideris. sed non eris sapiens nisi stultus in saeculo fueris, dei stulta credendo. [2] an ideo passiones a Christo non rescidisti quia ut phantasma vacabat a sensu earum? diximus retro aeque illum et nativitatis et infantiae imaginariae vacua ludibria subire potuisse. sed iam hic responde, interfector veritatis: nonne vere crucifixus est deus? nonne vere mortuus est ut vere crucifixus? nonne vere resuscitatus ut vere scilicet mortuus? [3] falso statuit inter nos scire Paulus tantum Iesum crucifixum, falso sepultum ingessit, falso resuscitatum inculcavit? falsa est igitur et fides nostra, et phantasma erit totum quod speramus a Christo, scelestissime hominum, qui interemptores excusas dei: nihil enim ab eis passus est Christus, si nihil vere est passus. parce unicae spei totius orbis: quid destruis necessarium dedecus fidei? quodcunque deo indignum est mihi expedit: salvus sum si non confundar de domino meo: Qui me, inquit, confusus fuerit, confundar et ego eius. [4] alias non invenio materias confusionis quae me per contemptum ruboris probent bene impudentem et feliciter stultum. crucifixus est dei filius: non pudet, quia pudendum est. et mortuus est dei filius: prorsus credibile est, quia ineptum est. et sepultus resurrexit: certum est, quia impossibile. [5] sed haec quomodo vera in illo erunt si ipse non fuit verus, si non vere habuit in se quod figeretur quod moreretur quod sepeliretur et resuscitaretur, carnem scilicet hanc sanguine suffusam ossibus substructam nervis intextam venis implexam, quae nasci et mori novit, humanam sine dubio ut natam de homine? ideoque mortalis haec erit in Christo quia Christus homo et filius hominis. [6] aut cur homo Christus et hominis filius si nihil hominis et niliil ex homine, nisi si aut aliud est homo quam caro, aut aliunde caro hominis quam ex homine, aut aliud est Maria quam homo, aut homo deus Marcionis? aliter non diceretur homo Christus sine carne, nec hominis filius sine aliquo parente homine, sicut nec deus sine spiritu dei nec dei filius sine deo patre. [7] ita utriusque substantiae census hominem et deum exhibuit, hinc natum inde non natum, hinc carneum inde spiritalem, hinc infirmum inde praefortem, hinc morientem inde viventem. quae proprietas conditionum, divinae et humanae, aequa utique naturae cuiusque veritate dispuncta est, eadem fide et spiritus et carnis: virtutes spiritus dei deum, passiones carnem hominis probaverunt. [8] si virtutes non sine spiritu, perinde et passiones non sine carne: si caro cum passionibus ficta, et spiritus ergo cum virtutibus falsus. quid dimidias mendacio Christum? totus veritas fuit. [9] maluit, credo, nasci quam ex aliqua parte mentiri, et quidem in semetipsum, ut carnem gestaret sine ossibus duram, sine musculis solidam, sine sanguine cruentam, sine tunica vestitam, sine fame esurientem, sine dentibus edentem, sine lingua loquentem, ut phantasma auribus fuerit sermo eius per imaginem vocis. fuit itaque phantasma etiam post resurrectionem cum manus et pedes suos discipulis inspiciendos offert, Aspicite, dicens, quod ego sum, quia spiritus ossa non habet sicut me habentem videtis-- 10] sine dubio manus et pedes et ossa quae spiritus non habet, sed caro. quomodo hanc vocem interpretaris, Marcion, qui a deo optimo et simplici et bono tantum infers Iesum? ecce fallit et decipit et circumvenit omnium oculos, omnium sensus, omnium accessus et contactus. ergo iam Christum non de caelo deferre debueras sed de aliquo circulatorio coetu, nec deum praeter hominem sed magum hominem, nec salutis pontificem sed spectaculi artificem, nec mortuorum resuscitatorem sed vivorum avocatorem: nisi quod et si magus fuit, natus est.
Übersetzung
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Über den Leib Christi. (BKV)
5. Cap. Leiden und Sterben ist Gottes mindestens ebenso unwürdig als geboren werden. Ein blosser Scheinleib würde Christus in die Notwendigkeit versetzt haben, beständig zu lügen.
Es gibt allerdings noch andere Dinge, welche in demselben Grade den Charakter der Thorheit an sich tragen, nämlich alles, was zu der S. 386 Schmach und den Leiden Gottes gehört. Oder will man die Lehre von einem gekreuzigten Gott als Klugheit bezeichnen? Beseitige diese auch noch, Marcion, oder richtiger, sie zuerst. Denn was ist Gottes wohl weniger würdig, geboren zu werden oder zu sterben, eine Leiblichkeit zu tragen oder ein Kreuz, beschnitten oder angeheftet zu werden, erzogen oder begraben zu werden, in eine Krippe gelegt oder in einem Grabmal beigesetzt zu werden? Du wirst noch weiser sein, wenn Du diese Dinge auch nicht mehr glaubst. Und doch wirst Du nicht weise werden, wenn Du nicht vor der Welt zum Thoren geworden bist, dadurch, dass Du die Thorheiten Gottes glaubst.
Oder hast Du vielleicht aus dem Grunde das Leiden von Christo nicht hinweggenommen, weil er als ein Phantasma keine Empfindung davon hatte? Ich habe vorhin schon bemerkt, dass er sich der wesenlosen Spielerei einer eingebildeten Geburt und Kindheit ebenso leicht hätte unterziehen können. Antworte daher, Du Mörder der Wahrheit, nunmehr auf folgende Fragen: Ist Gott nicht wirklich gekreuzigt worden? Ist er nicht wirklich gestorben, weil er wirklich gekreuzigt war? Ist er nicht wirklich auferweckt, weil er wirklich tot war? Dann hat sich Paulus also wohl mit Unrecht vorgenommen, unter uns nichts zu wissen, als Jesum den Gekreuzigten?1 Er hat auch seines Begräbnisses mit Unrecht gedacht und mit Unrecht seine Auferstehung betont? Falsch ist also auch unser Glaube und ein Phantasma alles, was wir von Christus hoffen? — Du grösster Verbrecher unter den Menschen, Du entschuldigst ja die Mörder Gottes! Denn wenn Christus nicht wirklich gelitten hat, so hat er auch von ihnen nichts zu leiden gehabt. Übe doch Schonung gegen den einzigen Gegenstand der Hoffnung des ganzen Erdkreises! Warum zerstörst Du die dem Glauben so nötige Schmach? Was immer da auch Gottes unwürdig ist, das ist mein Vorteil. Mein Heil ist es, wenn ich ob meines Herrn nicht in Verwirrung gerate. „Wer sich meiner“, sagt er, „schämen wird, dessen werde ich mich auch schämen.“2
Andere Veranlassungen, mich zu schämen, die mir durch Verachtung der Beschämung Gelegenheit geben, mich zu bewähren, und mein Nichterröten zu einem heilsamen, meine Thorheit zu einer glückseligen machen könnten, finde ich keine. Gottes Sohn ist gekreuzigt worden — ich schäme mich dessen nicht, gerade weil es etwas Beschämendes ist. Gottes Sohn ist gestorben — das ist erst recht glaubwürdig, weil es eine Thorheit ist; er ist begraben und wieder auferstanden — das ist ganz sicher, weil es unmöglich ist. Denn wie könnte etwas Wirkliches an ihm sein, wenn er selbst nicht ein Wirklicher war, wenn er nicht wirklich etwas an sich hatte, was angenagelt werden, was sterben, begraben und wieder auf erweckt S. 387 werden konnte, nämlich unser Fleisch, vom Blute durchströmt, an einem Knochengerüst aufgebaut, von Nerven durchwoben und von Adern durchflochten, welches geboren werden und sterben konnte und ohne Zweifel ein menschliches war, weil aus einem Menschen geboren. Deshalb eben wird es bei Christus ein sterbliches gewesen sein, weil Christus ein Mensch und der Menschensohn war. Oder warum ist Christus Mensch und Menschensohn, wenn er nichts von einem Menschen und nichts aus einem Menschen an sich hatte? Es müsste denn etwa der Mensch etwas anderes sein können als Fleisch, oder das menschliche Fleisch anderswoher stammen können als aus einem Menschen, oder Maria ist etwas anderes gewesen als ein Mensch, oder aber der Gott Marcions ist Mensch. Andernfalls würde Christus gar nicht Mensch genannt worden sein ― nämlich ohne Fleisch ― noch Menschensohn ― ohne eine menschliche Gebärerin, ebenso wenig als Gott ― ohne den Geist Gottes, oder Gottes Sohn ― ohne einen göttlichen Vater.
So hat die Abstammung beider Naturen uns den Gottmenschen gezeigt, auf der einen Seite als den geborenen, auf der andern als den ungeborenen, hier leiblich, dort geistig, hier schwach, dort überstark, hier sterbend, dort lebend. Diese Eigentümlichkeiten der beiden Seinsweisen, der göttlichen und menschlichen, sind in gleicher Realität bei beiden Naturen vollendet, mit derselben Glaubhaftigkeit des Geistes und des Leibes. Die Wunder des Geistes Gottes haben den Gott, die Leiden den menschlichen Leib dokumentiert. Wenn die Wunder nicht ohne den Geist3 zustande kamen, dann ebenso wenig die Leiden ohne das Fleisch. Wenn das Fleisch mit seinen Leiden ein fingiertes war, dann war auch der Geist mit seinen Wunderkräften kein echter.
Warum spaltest Du durch Deine falschen Aussagen Christum? Nur in seiner Ungeteiltheit war er eine Wirklichkeit. Er hätte es, glaube mir, weit vorgezogen, sich der Geburt zu unterziehen, als in einem Punkte zu lügen und noch dazu in betreff seiner eignen Person, einen Leib zu haben, der ohne Knochen Festigkeit, ohne Muskeln Stärke besass, ohne Blut zu haben, blutig war, der, ohne ein Gewand zu haben, bekleidet war, den ohne die Empfindung des Hungers hungerte, der ohne Zähne ass und ohne Zunge redete, so dass seine Rede durch den Glauben, dass man eine Stimme höre, für die Ohren etwas Gespenstisches gehabt hätte. Er war dann auch nach seiner Auferstehung noch ein blosses Phantasma, als er die Jünger seine Hände und Füsse sehen liess mit den Worten: „Sehet, dass ich es bin, da ein Geist ja keine Knochen hat, wie ihr seht, dass ich habe“,4 ohne Zweifel Hände, Füsse und Knochen, nicht wie sie der S. 388 Geist besitzt, sondern der menschliche Leib. Wie willst Du diesen Ausspruch erklären, Marcion, der Du ja Deinen Jesus vom höchsten, einfachen, guten Gotte kommen lassest? Siehe da! er täuscht, betrügt und überlistet die Augen aller, die Sinne aller, alle noch beim Herzutreten und Betasten. Folglich hättest Du Deinen Christus nicht sollen vom Himmel kommen lassen, sondern aus irgend einer Gauklertruppe, nicht sollen zum Menschen und Gott machen, sondern zum Menschen und Zauberer, nicht zu einem Priester des Heils, sondern zu einem Bühnenkünstler, nicht zu einem Auferwecker der Toten, sondern zu einem Wegzauberer der Lebendigen. Nur musste er, wenn er ein Zauberer war, jedenfalls auch geboren sein.