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Werke Zenon von Verona (300-371) Sermones seu Tractatus Predigten und Ansprachen (BKV)
Buch 1
Traktat X. Die Habsucht II.

1.

Wenn nur alle Menschen ebenso leicht, wie sie die Habsucht tadeln, sich der Liebe zu ihr entziehen könnten! Aber sie ist eine Zauberin, ein süßes Übel, und dabei für die ganze Menschheit allezeit ein Fluch. Leuten, die keinen Reichtum besitzen, flößt sie ein heißes Verlangen nach solchem ein; und Leuten, die solchen ihr eigen nennen, läßt sie an ihm keine Befriedigung finden. So reißt sie alle im Sturme zu wahnsinniger Leidenschaft fort, so daß man nicht weiß, ob sie bei dem einen oder bei dem andern größer ist. Sie gleicht einem Feuer, das trockenes Heu zur Nahrung vorfindet und nicht erlischt, bis dasselbe völlig aufgezehrt ist. Leute, die in mittleren Verhältnissen leben, huldigen ihr durch Betrügereien, Reiche durch Mangel an jedem genügsamen Selbstbescheiden, Richter durch Parteilichkeit, Rhetoren durch S. 140 eine feile und doppelzüngige Beredsamkeit, Könige durch Übermut, Kaufleute durch Übervorteilung, Arme durch eitle Wünsche, Priester Gottes in verlogenem Haß1 — alle Völker und Nationen durch den Krieg. Wahnsinnig rast sie über den Erdkreis hin, brennend, neue verschiedenartige Kunstgriffe zu ersinnen. Sie kennt keine Ruhe, nicht bei Tag und nicht bei Nacht, nicht im Krieg und nicht im Frieden. Sie bekommt nie genugj ja, je größer der Gewinn, desto elender wird sie. Sie stellt eine neue Art von Übel dar, weil sie immerzu wächst, ein Absterben nicht kennt. Sie zu brechen vermag nicht der Eltern Liebe, nicht der Kinder Zärtlichkeit, nicht die Zuneigung der Ehegatten, nicht das innige Verhältnis der Geschwister, nicht das Recht der Freundschaft, nicht die Rücksicht auf zarte Waisen, nicht das harte Los der Witwenschaft, nicht das Elend der Armut, nicht die Betrachtung Gottes: all den Genannten schmeichelt oder schadet sie mit allen Mitteln, wie sie eben kann, nur um ihnen zu nehmen, was sie etwa besitzen. Freilich, wen sollte sie schonen, die sogar zu jeder Zeit sich selbst zum Tode drängt, auch um eines armseligen und schändlichen Gewinnes willen?2


  1. Die Priester Gottes geben vor, die Habsucht zu hassen, und tragen sie doch in sich. ↩

  2. Anspielung auf Gladiatoren- oder ähnliche mit Lebensgefahr verbundene Kämpfe. ↩

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Übersetzungen dieses Werks
Predigten und Ansprachen (BKV)

Inhaltsangabe

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