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Über das Fliehen in der Verfolgung. (BKV)
13. Cap. Fortsetzung.
Ich will jedem, der mich bittet, geben als Almosen, nicht aber infolge einer prellerhaften Einschüchterung. Wie heisst's? — Dem, der mich bittet? Nun aber bittet der nicht, der mich einschüchtert. Wer droht, wenn er nichts bekommt, der fordert nicht, sondern erpresst. Wer nicht in der Eigenschaft eines Bemitleidenswerten kommt, sondern wie ein Mensch, der Furcht einflössen will, der erwartet kein Almosen. Ich will also aus Mitleid, nicht aus Furchtsamkeit dort meine Gaben reichen, wo der Empfänger Gott ehrt und mir mit dem Gotteslohn vergilt, nicht da, wo umgekehrt er eine Wohlthat erwiesen zu haben glaubt und auf seine Beute blickend, sagt: „Es ist von wegen des Vergehens.“ — Ich soll ja aber auch den Feind beschwichtigen.1 — Jawohl, aber die Feindschaften haben S. 396 auch andere Titel. Es heisst nicht, ich soll den Angeber, Verfolger oder Einschüchterer beschwichtigen. Denn was diese angeht, so sammle ich vielmehr Kohlen auf ihr Haupt, wenn ich mich nicht loskaufe. Sodann heisst es: „Wer dir den Rock genommen hat, dem lass auch noch den Mantel.“2 Das bezieht sich auf den, der uns unsere Habe, nicht auf den, der uns den Glauben entreissen will. Gern will ich den Mantel einem, der mich nicht mit Anzeigen bedroht, überlassen. Wenn er mich aber bedroht, dann werde ich sogar meinen Rock noch von ihm zurückfordern. Jede Lehre des Herrn hat bereits jetzt ihre specielle Ursachen, Regeln und Grenzen; sie gehen nicht aufs unbestimmte und nicht auf alles. Daher heisst er jedem, der bittet, geben; er selbst gibt aber denen, die ihn um ein Zeichen bitten, keines. Sonst, wenn du allen, die dich bitten, ohne Unterschied gibst, so kommst du mir vor, wie einer, der einem Fieberkranken Wein, oder gar einem, der den Tod sucht, Gift oder ein Schwert gibt, wenn er es verlangt. Wie aber das Wort: „Machet Euch Freunde durch den Mammon“ zu verstehen sei, zeigt dir die vorausgehende Parabel. Der Ausspruch ist an das jüdische Volk gerichtet; dasselbe hätte, da es die ihm vom Herrn auferlegte Rechenschaft schlecht bestanden, darauf bedacht sein sollen, sich aus den Mammonsdienern, — das waren aber wir — eher Freunde als Feinde zu machen, und uns von unsern Sünden, deren wir vor Gott schuldig waren, zu erleichtern. Hätten sie uns davon3 nach der Absicht des Herrn mitgeteilt, dann hätten sie, wenn ihnen die Gnade zu mangeln begann, zu unserer Treue ihre Zuflucht nehmen und in die ewigen Wohnungen aufgenommen werden können. Indes glaube für jetzt, dass die richtige Erklärung jener Parabel und Sentenz eine andere sei, da du wohl weisst, wie unwahrscheinlich es ist, dass unsere Einschüchterer durch den Mammon unsere Freunde werden und uns alsdann in die ewigen Wohnungen aufnehmen. Doch was wird ein furchtsamer Sinn nicht alles glauben machen! Als wenn die h. Schrift zu fliehen erlaubte und sich loszukaufen vorschriebe! Es ist ihnen schliesslich noch zu wenig, wenn der eine oder andere auf diese Weise befreit wird. Ganze Gemeinden in Masse haben sich eine Abgabe auferlegt. Ich weiss nicht, ob man es bedauern oder ob man sich darüber schämen soll, wenn in den Matrikeln der Polizeisoldaten4 und geheimen Agenten zwischen Kneipwirten, Badedieben, Hazardspielern und Kupplern5 auch die Christen als ihnen steuerbar aufgezählt sind. Dies ist die Mode, die sie S. 397 für ihren Episkopat, vorsichtiger als die Apostel,6 eingeführt haben, damit sie ihrer Herrschaft auch hübsch mit Ruhe und Sicherheit geniessen können, unter dem Vorwande der Hirtensorge. Denn wohlgemerkt, das ist der Friede, den Christus bei seiner Rückkehr zum Vater hinterliess, der, den man sich durch Neujahrstrinkgelder7 von den Soldaten erkaufen muss.
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Ich habe dem Zusammenhange nach ein passendes Wort ergänzt. Der Text hat Irascar et inimicum, was keinen Sinn gibt. Unter den vorhandenen Emendationen befriedigt mich keine. Ich glaube, die Stelle muss nach Matth. 5, 39, 40 oder Luk. 6, 29 emendiert werden, etwa Placabo oder dergleichen. Als die beste unter den vorhandenen Emendationen erscheint noch mir die von Ursinus: Pascam. ↩
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Matth. 5, 40. ↩
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Ich vermute, dass statt id zu lesen sei inde. ↩
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Beneficiarii, Soldaten, die von niedern Diensten befreit waren, Gefreite, und die dann zu allerlei Vertrauensdiensten gebraucht wurden. ↩
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Lauter Leute, die irgend ein unerlaubtes Gewerbe trieben. Tabernarii, Inhaber von schlechten Kneipen; die janei sind noch unerklärt, vielleicht verschrieben für ganeones oder ganei. ↩
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Apostoli providentius gibt keinen Sinn. Die Stelle ist ironisch, und es muss ohne Zweifel heissen: apostolis providentius. ↩
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Eigentlich Präsente, Trinkgelder, die an den Saturnalien gegeben wurden. Da diese an den Jahresschluss fallen, so habe ich mir obiges quid pro quo erlaubt. ↩
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De Fuga in Persecutione
13.
But also to every one who asks me I will give on the plea of charity, not under any intimidation. Who asks? 1 He says. But he who uses intimidation does not ask. One who threatens if he does not receive, does not crave, but compels. It is not alms he looks for, who comes not to be pitied, but to be feared. I will give, therefore, because I pity, not because I fear, when the recipient honours God and returns me his blessing; not when rather he both believes that he has conferred a favour on me, and, beholding his plunder, says, "Guilt money." Shall I be angry even with an enemy? But enmities have also other grounds. Yet withal he did not say a betrayer, or persecutor, or one seeking to terrify you by his threats. For how much more shall I heap coals upon the head of a man of this sort, if I do not redeem myself by money? "In like manner," says Jesus, "to him who has taken away your coat, grant even your cloak also." But that refers to him who has sought to take away my property, not my faith. The cloak, too, I will grant, if I am not threatened with betrayal. If he threatens, I will demand even my coat back again. Even now, the declarations of the Lord have reasons and laws of their own. They are not of unlimited or universal application. And so He commands us to give to every one who asks, yet He Himself does not give to those who ask a sign. Otherwise, if you think that we should give indiscriminately to all who ask, that seems to me to mean that you would give, I say not wine to him who has a fever, but even poison or a sword to him who longs for death. But how we are to understand, "Make to yourselves friends of mammon," 2 let the previous parable teach you. The saying was addressed to the Jewish people; inasmuch as, having managed ill the business of the Lord which had been entrusted to them, they ought to have provided for themselves out of the men of mammon, which we then were, friends rather than enemies, and to have delivered us from the dues of sins which kept us from God, if they bestowed the blessing upon us, for the reason given by the Lord, that when grace began to depart from them, they, betaking themselves to our faith, might be admitted into everlasting habitations. Hold now any other explanation of this parable and saying you like, if only you clearly see that there is no likelihood of our opposers, should we make them friends with mammon, then receiving us into everlasting abodes. But of what will not cowardice convince men? As if Scripture both allowed them to flee, and commanded them to buy off! Finally, it is not enough if one or another is so rescued. Whole Churches have imposed tribute en masse on themselves. I know not whether it is matter for grief or shame when among hucksters, and pickpockets, and bath-thieves, and gamesters, and pimps, Christians too are included as taxpayers in the lists of free soldiers and spies. Did the apostles, with so much foresight, make the office of overseer of this type, that the occupants might be able to enjoy their rule free from anxiety, under colour of providing (a like freedom for their flocks)? For such a peace, forsooth, Christ, returning to His Father, commanded to be bought from the soldiers by gifts like those you have in the Saturnalia!