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Werke Augustinus von Hippo (354-430) Confessiones

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Bekenntnisse

2. Er verschiebt die Niederlegung seines Lehramtes bis zu den Herbstferien.

Und ich beschloß vor deinem Angesichte, vom Dienste meiner Zunge auf dem Marktplatze der Geschwätzigkeit nicht geräuschvoll, sondern unauffällig zurückzutreten, damit nicht länger Knaben, „die dein Gesetz nicht beachten“1, aus meinem Munde statt deines Friedens lügenhaften Unsinn und Gerichtshändel, die Waffen ihrer Leidenschaft kauften. Und es kam mir sehr gelegen, daß bis zur Weinlese nur noch sehr wenige Tage waren, und ich beschloß daher, so lange noch auszuharren, um dann feierlich zurückzutreten und, nachdem du mich freigekauft, nicht mehr ein käuflicher Sklave zu werden. Dir also war mein Plan bekannt, unter den Menschen aber nur den wenigen Vertrauten. Und wir waren übereingekommen, diesen Plan zurzeit keinem mitzuteilen, obgleich du uns, als wir „aus dem Tränental“2 hinaufstiegen und den „Stufengesang“3 S. 188 sangen, „scharfe Pfeile gabest und feurige Kohlen gegen die trügerische Zunge“4, die gute Ratschläge zu geben scheint, aber uns vom rechten Wege abrät und aus Liebe verschlingt, wie wir die Speise zu uns nehmen.

Du hattest unsere Herzen mit den Pfeilen deiner Liebe durchbohrt, und wir trugen deine Worte in unserem Herzen eingegraben; die Beispiele deiner Diener, die du aus Knechten der Finsternis zu Dienern des Lichtes, aus Toten zu Lebenden umgewandelt hattest, lagen im Schoße unseres Denkens aufgehäuft, und unter ihren Glutstrahlen schwand die schwere Erstarrung, daß wir nicht zur Hölle führen; sie entzündeten uns so mächtig, daß jeder Hauch des Widerspruchs der "trügerischen Zunge" uns nur mehr entflammen, nicht aber auslöschen konnte. Aber da unser Entschluß und unser Vorhaben wegen deines Namens, den du auf Erden geheiligt hast, ganz bestimmt auch seine Lobredner gefunden hätte, so hätte es wie Prahlerei ausgesehen, wenn ich die so nahe Ferienzeit nicht abgewartet, sondern noch vorher mein öffentliches, allen wohlbekanntes Lehramt aufgegeben hätte; denn dann hätten sich die Blicke aller auf meinen Schritt gerichtet, so daß es hätte scheinen können, als ob ich den nahen Ferienbeginn nicht hätte erwarten können, und gar manche hätten wohl gemeint, daß ich es getan hätte, um groß zu erscheinen. Und wozu sollte mir das nützen, daß man über meine Gesinnungen Vermutungen aufstellte und hin und her stritt und „unser Gut der Lästerung preisgegeben würde?“5

Dazu kam, daß gerade in diesem Sommer meine Lunge infolge allzu angestrengter wissenschaftlicher Tätigkeit angegriffen war, so daß mir das Atmen schwer fiel; Brustschmerzen bezeugten ihre Erkrankung und machten mir lautes und längeres Sprechen zur Unmöglichkeit. Dies hatte mich anfangs beunruhigt, weil es mich beinahe in die Notwendigkeit versetzt hätte, entweder die Bürde meines Lehramtes niederzulegen oder aber, wenn ich geheilt und wiederhergestellt werden konnte, wenigstens um Urlaub einzukommen. Seit in mir S. 189 aber der volle Wille aufging und sich festsetzte, „frei zu werden und zu sehen, daß du der Herr bist“6, da - du weißt es, Herr, mein Gott - da begann ich Freude zu empfinden, daß mir auch diese nicht erlogene Entschuldigung zu Gebote stand, mit der ich den Unmut der Eltern beschwichtigen konnte, die sonst ihrer Kinder wegen mich auf keinen Fall freilassen wollten. Im Vollgefühl solcher Freude also hielt ich noch diese kurze Zeit aus, bis sie verstrich; vielleicht waren es gerade zwanzig Tage. Dennoch hielt ich sie mutig aus; der Ehrgeiz, der mir sonst die schwere Arbeit tragen half, war geschwunden, und ich wäre wohl erdrückt worden, wenn nicht für ihn die Geduld eingetreten wäre. Vielleicht behauptet nun einer deiner Knechte, meiner Brüder, ich hätte gesündigt, weil ich, obwohl schon mit ganzer Seele zu deinem Heerbann gehörig, es übers Herz gebracht habe, auch nur noch eine Stunde auf dem Lehrstuhle der Lüge zu sitzen; ich streite nicht. Aber du, o Herr, Allbarmherziger, hast du nicht mit den übrigen schrecklichen und todbringenden Sünden auch diese im heiligen Bade mir verziehen und nachgelassen?


  1. Ps. 118,70. ↩

  2. Ps. 83,6 f. ↩

  3. Ps. 119,1 und 120,1. ↩

  4. Ps. 119,3-5. ↩

  5. Röm. 14,16. ↩

  6. Ps. 45,11. ↩

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Confessiones (PL)

CAPUT II. Deserere rhetorices professionem differt usque ad vindemiales ferias.

2. Et placuit mihi in conspectu tuo non tumultuose abripere, sed leniter subtrahere ministerium linguae meae nundinis loquacitatis; ne ulterius pueri meditantes non legem tuam, non pacem tuam, sed insanias mendaces, et bella forensia, mercarentur ex ore meo arma furori suo. Et opportune jam paucissimi dies supererant ad vindemiales ferias, et statui tolerare illos ut solemniter abscederem, et redemptus a te jam non redirem venalis. Consilium ergo nostrum erat coram te; coram hominibus autem, nisi nostris, [Col. 0764] non erat. Et convenerat inter nos ne passim cuiquam effunderetur; quanquam tu nobis a convalle plorationis ascendentibus 1, et cantantibus canticum graduum, dederas sagittas acutas, et carbones vastatores adversus linguam subdolam 2, velut consulendo contradicentem, et, sicut cibum assolet, amando consumentem.

3. Sagittaveras tu cor nostrum charitate tua, et gestabamus verba tua transfixa visceribus; et exempla servorum tuorum, quos de nigris lucidos, et de mortuis vivos feceras, congesta in sinum cogitationis nostrae urebant et absumebant gravem torporem, ne in ima vergeremus; et ascendebant nos valide, ut omnis ex lingua subdola contradictionis flatus inflammare nos acrius posset, non exstinguere. Verumtamen quia propter nomen tuum, quod sanctificasti per terras, etiam laudatores utique haberet votum et propositum nostrum, jactantiae simile videbatur non opperiri tam proximum feriarum tempus, sed de publica professione atque ante oculos omnium sita ante discedere, ut conversa in factum meum ora cunctorum insuentium, quam vicinum vindemialium diem praevenire voluerim, multa dicerent, quod quasi appetissem magnus videri. Et quo mihi erat istud, ut putaretur et disputaretur de animo meo, et blasphemaretur bonum nostrum?

4. Quin etiam, quod ipsa aestate litterario labori nimio pulmo meus cedere coeperat, et difficulter trahere suspiria, doloribusque pectoris testari se saucium, vocemque clariorem productioremve recusare, primo perturbaverat me, quia magisterii illius sarcinam pene jam necessitate deponere cogebat, aut si curari et convalescere potuissem, certe intermittere. Sed ubi plena voluntas vacandi, et videndi quoniam tu es Dominus, oborta mihi est atque firmata; nosti, Deus meus, etiam gaudere coepi, quod haec quoque suberat non mendax excusatio, quae offensionem hominum temperaret, qui propter liberos suos me liberum esse nunquam volebant. Plenus igitur tali gaudio tolerabam illud intervallum temporis, donec decurreret: nescio utrum vel viginti dies erant, sed tamen fortiter tolerabantur; quia recesserat cupiditas quae mecum solebat ferre grave negotium, et ego premendus remanseram, nisi patientia succederet. Peccasse [Col. 0765] me in hoc quisquam servorum tuorum fratrum meorum dixerit, quod jam pleno corde militia tua, passus me fuerim vel una hora sedere in cathedra mendacii. At ego non contendo. Sed tu, Domine misericordissime, nonne et hoc peccatum cum caeteris horrendis et funereis, in aqua sancta ignovisti et remisisti mihi?


  1. Psal. LXXXIII, 6, 7  ↩

  2. Psal. CXIX, 3-5 ↩

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