• Start
  • Werke
  • Einführung Anleitung Mitarbeit Sponsoren / Mitarbeiter Copyrights Kontakt Impressum
Bibliothek der Kirchenväter
Suche
DE EN FR
Werke Augustinus von Hippo (354-430) Confessiones

Übersetzung ausblenden
Bekenntnisse

21. Wie ist das glückselige Leben im Gedächtnisse enthalten?

Ist das glückselige Leben so in unserem Gedächtnisse, wie ich mich an Karthago erinnere, das ich gesehen habe? Nein; denn das glückselige Leben nehmen wir nicht mit den Augen wahr, weil es kein Körper ist. Etwa so, wie wir uns der Zahlen erinnern? Nein; denn wer die Zahlen kennt, sucht nicht erst in ihren Besitz zu gelangen; von dem seligen Leben aber haben wir Kunde, darum lieben wir es, und doch wollen wir es erlangen, um selig zu sein. Oder vielleicht so, wie wir uns an die Redekunst erinnern? Nein; denn wenn auch bei Nennung dieses Namens viele, die noch nicht beredt sind, sich daran erinnern und viele gern beredt sein möchten - daraus geht hervor, daß sie eine gewisse Kenntnis davon haben -, so haben sie doch die Beredsamkeit an anderen mit ihren leiblichen Sinnen wahrgenommen, haben sich darüber gefreut und wünschen ebenfalls beredt zu sein. Freilich beruht auch diese Freude nur auf innerer Erkenntnis, und sie würden nicht beredt sein wollen, wenn ihnen die Beredsamkeit keine Freude verursachte. Das glückselige Leben aber nehmen wir mit keinem Sinne an anderen wahr. Oder haben wir das glückselige Leben so in der Erinnerung wie etwa die Freude? Vielleicht so. Denn meine Freude vergegenwärtige ich mir auch in der Trauer, wie das glückselige Leben im Unglück; auch habe ich niemals meine Freude mit irgendeinem Sinn des Körpers gesehen oder gehört oder gerochen oder gekostet oder berührt, sondern in S. 240 meinem Geiste habe ich sie empfunden, wenn ich mich freute, und die Kenntnis davon blieb in meinem Gedächtnis, so daß ich mich daran erinnern kann, bald mit Geringschätzung, bald mit Sehnsucht, je nach der Verschiedenheit der Dinge, über die ich mich, wie meine Erinnerung mir sagt, gefreut habe. Denn auch schändliche Genüsse haben mich eine Art Freude kosten lassen, was ich jetzt in der Erinnerung verabscheue und verfluche; doch auch über Gutes und Ehrbares freute ich mich zuweilen, und dessen gedenke ich mit Sehnsucht, obgleich diese Freuden vielleicht jetzt nicht mehr für mich vorhanden sind, und insofern erinnere ich mich meiner früheren Freude nur mit Trauer.

Wo also und wann habe ich mein glückseliges Leben durch Erfahrung kennen gelernt, so daß ich jetzt mich seiner erinnern, es lieben und mich nach ihm sehnen kann? Und nicht ich allein oder ich mit ein paar andern, sondern alle insgesamt wollen wir glücklich sein. Und wenn wir es nicht aus so sicherer Kunde wüßten, so würden wir es nicht mit solcher Bestimmtheit verlangen. Doch wie verhält es sich mit folgendem? Wenn zwei gefragt werden, ob sie Kriegsdienste nehmen wollen, würde der eine die Frage vielleicht bejahen, der andere verneinen. Fragt man sie aber, ob sie glückselig sein wollen, so würde wohl jeder von beiden sofort und ohne alles Bedenken mit ja antworten. Und doch würde der eine gern Kriegsdienste nehmen, der andere ebenso gern darauf verzichten aus keinem anderen Grunde, als um glückselig zu sein. Ist also der Urgrund der Freude bei beiden ganz verschieden? So stimmen wohl alle in dem Wunsche nach Glückseligkeit überein, wie sie, wenn sie gefragt würden, übereinstimmen würden in dem Wunsche nach Freude; und die Freude selbst nennen sie glückseliges Leben. Und ob der eine auf diese, der andere auf jene Weise sein Ziel erstrebt das gemeinsame Ziel, nach dem sie alle streben, ist die Freude. Da nun die Freude etwas ist, das kennen gelernt zu haben wohl jeder gestehen muß, so wird sie im Gedächtnisse sofort vorgefunden und wieder erkannt, wenn man das Wort vom glückseligen Leben hört. S. 241

Übersetzung ausblenden
The Confessions of St. Augustin In Thirteen Books

Chapter XXI.--How a Happy Life May Be Retained in the Memory.

30. But is it so as one who has seen Carthage remembers it? No. For a happy life is not visible to the eye, because it is not a body. Is it, then, as we remember numbers? No. For he that hath these in his knowledge strives not to attain further; but a happy life we have in our knowledge, and, therefore, do we love it, while yet we wish further to attain it that we may be happy. Is it, then, as we remember eloquence? No. For although some, when they hear this name, call the thing to mind, who, indeed, are not yet eloquent, and many who wish to be so, whence it appears to be in their knowledge; yet have these by their bodily perceptions noticed that others are eloquent, and been delighted with it, and long to be so,--although they would not be delighted save for some interior knowledge, nor desire to be so unless they were delighted,--but a happy life we can by no bodily perception make experience of in others. Is it, then, as we remember joy? It may be so; for my joy I remember, even when sad, like as I do a happy life when I am miserable. Nor did I ever with perception of the body either see, hear, smell, taste, or touch my joy; but I experienced it in my mind when I rejoiced; and the knowledge of it clung to my memory, so that I can call it to mind sometimes with disdain and at others with desire, according to the difference of the things wherein I now remember that I rejoiced. For even from unclean things have I been bathed with a certain joy, which now calling to mind, I detest and execrate; at other times, from good and honest things, which, with longing, I call to mind, though perchance they be not nigh at hand, and then with sadness do I call to mind a former joy.

31. Where and when, then, did I experience my happy life, that I should call it to mind, and love and long for it? Nor is it I alone or a few others who wish to be happy, but truly all; which, unless by certain knowledge we knew, we should not wish with so certain a will. But how is this, that if two men be asked whether they would wish to serve as soldiers one, it may be, would reply that he would, the other that he would not; but if they were asked whether they would wish to be happy, both of them would unhesitatingly say that they would; and this one would wish to serve, and the other not, from no other motive but to be happy? Is it, perchance, that as one joys in this, and another in that, so do all men agree in their wish for happiness, as they would agree, were they asked, in wishing to have joy,--and this joy they call a happy life? Although, then, one pursues joy in this way, and another in that, all have one goal, which they strive to attain, namely, to have joy. This life, being a thing which no one can say he has not experienced, it is on that account found in the memory, and recognised whenever the name of a happy life is heard.

  Drucken   Fehler melden
  • Text anzeigen
  • Bibliographische Angabe
  • Scans dieser Version
Editionen dieses Werks
Confessiones (CSEL) vergleichen
Confessiones (PL) vergleichen
Übersetzungen dieses Werks
Bekenntnisse
Les confessions de Saint Augustin vergleichen
The Confessions of St. Augustin In Thirteen Books
Kommentare zu diesem Werk
Einleitung in die Confessiones
Prolegomena
The Opinion of St. Augustin Concerning His Confessions, as Embodied in His Retractations, II. 6
Translator's Preface - Confessions

Inhaltsangabe

Theologische Fakultät, Patristik und Geschichte der alten Kirche
Miséricorde, Av. Europe 20, CH 1700 Fribourg

© 2025 Gregor Emmenegger
Impressum
Datenschutzerklärung