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Werke Augustinus von Hippo (354-430) Confessiones

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Bekenntnisse

33. Sein Verhalten gegenüber den Versuchungen des Gehörs.

Die sinnliche Lust, wie sie durch die Ohren auf uns eindringt, hatte mich fester umgarnt und unterjocht, aber du hast die Fessel gelöst und mich befreit. Auch jetzt noch muß ich bekennen, daß ich mich ein wenig den Tönen hingebe, wenn deine Worte sie beseelen und sie mit lieblicher und geschulter Stimme gesungen werden; doch lasse ich mich nicht ganz von ihnen gefangen nehmen, sondern ich reiße mich los, sobald ich will. Aber wenn sie zugleich mit den Worten, die ihnen Leben einhauchen, Einlaß bei mir verlangen, fordern sie auch einen einigermaßen würdigen Platz in meinem Herzen, und schwerlich weise ich ihnen den richtigen an. Denn manchmal, so will mir scheinen, erweise ich ihnen mehr Ehre als sich gebührt. Ich mache nämlich die Beobachtung, daß unsere Herzen durch die heiligen Worte zu inbrünstigerer Frömmigkeit und glühenderer Andacht entflammt werden, wenn sie auf solche Weise gesungen werden, als wenn sie nicht so gesungen werden, und daß alle Affekte unseres Herzens je nach ihrer Verschiedenheit ihre eigene Weise in Wort und Lied haben, durch die sie wie in geheimer Verwandtschaft angeregt werden. S. 253 Allein meine sinnliche Lust, der man den Geist nicht preisgeben darf, daß er entnervt werde, täuscht mich gar oft, indem die Sinneswahrnehmung die Vernunft nicht so begleitet, daß sie dieser den Vorrang ließe, sondern sogar selbst Vorrang und Führung in Anspruch nimmt, obwohl sie doch nur durch sie eingelassen wurde. So sündige ich hierin, ohne es zu wollen, aber nachher merke ich es.

Manchmal aber hüte ich mich vor solchem Truge allzu ängstlich und irre dann durch allzu große Strenge; zuweilen irre ich so sehr, daß ich all die lieblichen Melodien, in denen die Psalmen Davids gesungen zu werden pflegen, von meinen und selbst aus der Kirche Ohren entfernt wünsche. Für sicherer erscheint mir dann, was ich, wie ich mich erinnere, oft von Athanasius, dem Bischofe von Alexandrien, gehört habe, der die Psalmen mit so mäßiger Modulation der Stimme vortragen ließ, daß der Vortrag mehr dem Sprechen als dem Gesange glich. Wenn ich jedoch meiner Tränen gedenke, die ich beim Gesange deiner Kirche in der ersten Zeit meiner Rückkehr zum Glauben vergossen habe, wenn ich weiter bedenke, wie auch jetzt mich weniger des Gesanges Weise, sondern der Inhalt des gesungenen Textes rührt, wenn er mit reiner Stimme und passendstem Tonfalle gesungen wird, so erkenne ich wiederum daraus den großen Nutzen dieser Einrichtung. Und so schwanke ich hin und her zwischen der Gefahr der Sinnenlust und der Heilsamkeit des Kirchengesanges, die ich selbst erfahren; mehr jedoch fühle ich mich geneigt, ohne jedoch ein abschließendes Urteil abgeben zu wollen, die Gepflogenheit, in der Kirche zu singen, gutzuheißen, auf daß auch schwächere Gemüter durch das Ergötzen der Ohren zu den Gefühlen der Andacht angeregt werden. Sollte ich aber merken, daß der Gesang mehr Eindruck auf mich macht als das Gesungene, dann gestehe ich ein, sträflich zu sündigen, und dann möchte ich den Sänger lieber nicht hören. Siehe, so steht es mit mir! Weinet mit mir und weinet für mich, ihr alle, deren Herzen gute Gesinnungen bewegen, aus denen Taten hervorgehen. Denn euch, deren Herz nicht so auf Gutes bedacht ist, euch kann das nicht bewegen. S. 254 Du aber, Herr mein Gott, „erhöre mich, schaue auf mich her“1 und sieh mich an; „erbarme dich meiner und heile mich“2, du, vor dessen Augen ich ein Rätsel geworden bin denn eben dies ist mein Siechtum.


  1. Ps. 12,4. ↩

  2. Ps. 6,3. ↩

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The Confessions of St. Augustin In Thirteen Books

Chapter XXXIII.--He Overcame the Pleasures of the Ear, Although in the Church He Frequently Delighted in the Song, Not in the Thing Sung.

49. The delights of the ear had more powerfully inveigled and conquered me, but Thou didst unbind and liberate me. Now, in those airs which Thy words breathe soul into, when sung with a sweet and trained voice, do I somewhat repose; yet not so as to cling to them, but so as to free myself when I wish. But with the words which are their life do they, that they may gain admission into me, strive after a place of some honour in my heart; and I can hardly assign them a fitting one. Sometimes I appear to myself to give them more respect than, is fitting, as I perceive that our minds are more devoutly and earnestly elevated into a flame of piety by the holy words themselves when they are thus sung, than when they are not; and that all affections of our spirit, by their own diversity, have their appropriate measures in the voice and singing, wherewith by I know not what secret relationship they are stimulated. But the gratification of my flesh, to which the mind ought never to be given over to be enervated, often beguiles me, while the sense does not so attend on reason as to follow her patiently; but having gained admission merely for her sake, it strives even to run on before her, and be her leader. Thus in these things do I sin unknowing, but afterwards do I know it.

50. Sometimes, again, avoiding very earnestly this same deception, I err out of too great preciseness; and sometimes so much as to desire that every air of the pleasant songs to which David's Psalter is often used, be banished both from my ears and those of the Church itself; and that way seemed unto me safer which I remembered to have been often related to me of Athanasius, Bishop of Alexandria, who obliged the reader of the psalm to give utterance to it with so slight an inflection of voice, that it was more like speaking than singing. Notwithstanding, when I call to mind the tears I shed at the songs of Thy Church, at the outset of my recovered faith, and how even now I am moved not by the singing but by what is sung, when they are sung with a clear and skilfully modulated voice, I then acknowledge the great utility of this custom. Thus vacillate I between dangerous pleasure and tried soundness; being inclined rather (though I pronounce no irrevocable opinion upon the subject) to approve of the use of singing in the church, that so by the delights of the ear the weaker minds may be stimulated to a devotional frame. Yet when it happens to me to be more moved by the singing than by what is sung, I confess myself to have sinned criminally, and then I would rather not have heard the singing. See now the condition I am in! Weep with me, and weep for me, you who so control your inward feelings as that good results ensue. As for you who do not thus act, these things concern you not. But Thou, O Lord my God, give ear, behold and see, and have mercy upon me, and heal me, 1 --Thou, in whose sight I am become a puzzle to myself; and "this is my infirmity." 2


  1. Ps. vi. 2. ↩

  2. Ps. lxxvii. 10. ↩

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Prolegomena
The Opinion of St. Augustin Concerning His Confessions, as Embodied in His Retractations, II. 6
Translator's Preface - Confessions

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