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Werke Augustinus von Hippo (354-430) Confessiones

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Bekenntnisse

2. Er fleht zu Gott um das Verständnis der Heiligen Schrift.

Wann aber werde ich völlig imstande sein, mit der Sprache meiner Feder aufzuzeichnen alle deine Mahnungen, Drohungen, Tröstungen und Führungen, durch die du mich veranlaßt hast, deinem Volke dein Wort zu predigen und dein Sakrament auszuspenden? Und selbst wenn ich alles ordnungsgemäß aufzuzählen vermöchte, so sind mir doch die Augenblicke zu kostbar dazu. Auch brenne ich längst danach, dein Gesetz zu betrachten und dir dabei zu bekennen, was ich weiß und was ich nicht weiß, die Anfänge deiner Erleuchtung und die Reste meiner Finsternis, bis meine Schwäche von deiner Stärke verschlungen wird. Auf nichts anderes sollen meine Stunden verwandt werden, soweit sie nicht durch notwendige körperliche Erholung oder geistige Arbeit oder die Liebesdienste, die wir pflichtgemäß oder freiwillig anderen erweisen, ausgefüllt werden.

O Herr, mein Gott, neige dein Ohr meinem Gebete, und dein Erbarmen erhöre mein Sehnen; nicht für mich allein schlägt heiß mein Herz, sondern in Liebe will es auch den Brüdern dienen. Und du weißt, daß mein Herz es so meint. Deinem Dienste möchte ich Gedanken und Sprache weihen; gib, was ich dir darbringen kann. Denn „elend bin ich und arm“1, „du aber bist reich für alle, die dich anrufen“ 2; selbst frei von Sorgen, trägst du Vatersorge für uns. Reinige von aller Vermessenheit und aller Lüge das Sinnen meines Herzens und die Lippen meines Mundes. Deine Schrift sei meine keusche Wonne; möge sie mich nicht in die Irre führen, noch ich S. 272 andere durch sie. Herr, achte auf mich und erbarme dich meiner, Herr mein Gott, du Licht der Blinden und Stärke der Starken: habe acht auf meine Seele und erhöre die Stimme des Rufenden aus der Tiefe. Denn wenn dein Ohr nicht auch in die Tiefe sich neigte, wohin sollen wir dann gehen, wohin unser Rufen richten? „Dein ist der Tag, und dein ist die Nacht“3, und auf deinen Wink fliegen die Augenblicke vorüber. So gib du mir Zeit, die Geheimnisse deines Gesetzes zu betrachten und verschließe es nicht denen, die anklopfen. Nicht umsonst hast du ja gewollt, daß auf so vielen Blättern so dunkle Geheimnisse verzeichnet wurden. Oder haben nicht auch die Wälder ihre Hirsche, die sich in sie zurückziehen, sich dort erquicken und ergehen, darin weiden, ruhen und wiederkäuen? O Herr, vollende dein Werk in mir und enthülle sie mir. Siehe, deine Stimme ist meine Freude, deine Stimme geht mir über alle Lust. Gib, was ich liebe; denn ich empfinde Liebe, und auch das ist dein Geschenk. Laß deine Geschenke nicht verloren gehen und verachte nicht dein dürstendes Pflänzlein. Ich will dir bekennen, was ich in deinen Büchern finde, und „ich will hören die Stimme deines Lobes “4, in dir meinen Durst stillen und die Geheimnisse deines Gesetzes betrachten von dem Anfange an, in dem du Himmel und Erde geschaffen, bis zu dem Reiche deiner heiligen Stadt, das ewig mit dir währt.

O Herr, erbarme dich meiner und erhöre mein Sehnen. Denn es erstreckt sich nicht, so glaube ich fest, auf Irdisches, nicht auf Gold, Silber, Edelsteine und prächtige Gewänder, nicht auf Ehre, Macht und fleischliche Lüste oder auf das, was wir für den Körper und die Dauer unserer Pilgerfahrt bedürfen; dies „alles wird uns ja zugegeben, wenn wir nach deinem Reiche und deiner Gerechtigkeit“5 trachten. Sieh, o Herr, wonach mein Verlangen steht! „Erzählt haben mir die Gottlosen von Freuden, aber sie waren nicht nach deinem Gesetze, o Herr.“ 6 Sieh, wonach mein Verlangen steht. Sieh, S. 273 o Vater, und schaue auf mich, sieh es an und billige es. Deine Gnade lasse mich Barmherzigkeit vor deinem Angesichte finden, daß sich mir, wenn ich anklopfe, die Geheimnisse deiner Worte erschließen. Ich beschwöre dich durch unsern Herrn Jesus Christus, deinen Sohn, „den Held deiner Rechten, den Menschensohn, den du eingesetzt hast“7 zum Mittler zwischen dir und uns, durch den du uns gesucht, als wir dich nicht suchten; du aber hast uns gesucht, auf daß wir dich suchten, dein Wort, durch das du alles gemacht, darunter auch mich, deinen Eingeborenen, durch den du das gläubige Volk zur Kindschaft berufen hast und darunter wiederum mich; ich beschwöre dich bei dem, der „zu deiner Rechten sitzet und für uns bei dir fürbittet“8 und „in dem alle Schätze der Weisheit und Wissenschaft verborgen sind“9. „Nach ihnen suche ich in deinen Schriften. Moses hat von ihm geschrieben“10; so sagt er selbst, so sagt es die Wahrheit.


  1. Ps. 85,1. ↩

  2. Röm. 10,12. ↩

  3. Ps. 73,16. ↩

  4. Ps. 25,7. ↩

  5. Matth. 6,33. ↩

  6. Ps. 118,85. ↩

  7. Ps. 79,18. ↩

  8. Röm. 8,34. ↩

  9. Kol. 2,3. ↩

  10. Vgl. Joh. 5,46. ↩

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Confessiones (PL)

CAPUT II. Petit a Deo Scripturarum sanctarum intelligentiam.

2. Quando autem sufficio lingua calami enuntiare omnia hortamenta tua, et omnes terrores tuos, et consolationes, et gubernationes quibus me perduxisti praedicare verbum, et sacramentum tuum dispensare populo tuo? Et si sufficio haec enuntiare ex ordine, caro mihi valent stillae temporum. Et olim inardesco meditari in lege tua, et in ea tibi confiteri scientiam et imperitiam meam, primordia illuminationis tuae, et reliquias tenebrarum mearum, quousque devoretur a fortitudine infirmitas. Et nolo in aliud horae diffluant, quas invenio liberas a necessitatibus reficiendi corporis, et intentionis animi, et servitutis quam debemus hominibus, et quam non debemus et tamen reddimus.

3. Domine Deus meus, intende orationi meae, et misericordia tua exaudiat desiderium meum, quoniam non mihi soli aestuat, sed usui vult esse fraternae charitati: et vides in corde meo quia sic est. Sacrificem tibi famulatum cogitationis et linguae meae; et da quod offeram tibi. Inops enim et pauper sum; tu dives in [Col. 0810] omnes invocantes te 1, qui securus curam nostri geris. Circumcide ab omni temeritate omnique mendacio interiora et exteriora labia mea. Sint castae deliciae meae Scripturae tuae; nec fallar in eis, nec fallam ex eis. Domine, attende; et miserere, Domine Deus meus, lux caecorum et virtus infirmorum, statimque lux videntium et virtus fortium, attende animam meam, et audi clamantem de profundo. Nam nisi adsint et in profundo aures tuae, quo ibimus? quo clamabimus? Tuus est dies, et tua est nox 2: ad nutum tuum momenta transvolant. Largire inde spatium meditationibus nostris in abdita legis tuae, neque adversus pulsantes claudas eam. Neque enim frustra scribi voluisti tot paginarum opaca secreta; aut non habent illae silvae cervos suos recipientes se in eas et resumentes, ambulantes et pascentes, recumbentes et ruminantes. O Domine, perfice me, et revela mihi eas. Ecce vox tua gaudium meum, vox tua super affluentiam voluptatum. Da quod amo: amo enim; et hoc tu dedisti. Ne dona tua deseras, nec herbam tuam spernas sitientem. Confitear tibi quidquid invenero in Libris tuis; et audiam vocem laudis 3 et te bibam, et considerem mirabilia de lege tua, ab usque principio in quo fecisti coelum et terram, usque ad regnum tecum perpetuum sanctae civitatis tuae.

4. Domine, miserere mei, et exaudi desiderium meum. Puto enim quod non sit de terra, non de auro et argento et de lapidibus, aut decoris vestibus, aut honoribus et potestatibus, aut voluptatibus carnis, neque de necessariis corpori, et huic vitae peregrinationis nostrae, quae omnia nobis apponuntur quaerentibus regnum et justitiam tuam. Vide, Domine Deus meus, unde sit desiderium meum. Narraverunt mihi injusti delectationes, sed non sicut lex tua, Domine 4. Ecce unde est desiderium meum. Vide, Pater, aspice, et vide, et approba; et placeat in conspectu misericordiae tuae invenire me gratiam ante te, ut aperiantur pulsanti mihi interiora sermonum tuorum. Obsecro per Dominum nostrum Jesum Christum filium tuum, virum dexterae tuae 5, filium hominis, quem confirmasti tibi mediatorem tuum et nostrum, per quem nos quaesiisti non quaerentes [Col. 0811] te, quaesisti autem ut quaereremus te; Verbum tuum per quod fecisti omnia, in quibus et me; Unicum tuum per quem vocasti in adoptionem populum credentium, in quo et me: per eum te obsecro qui sedet ad dexteram tuam et te interpellat pro nobis, in quo sunt omnes thesauri sapientiae et scientiae absconditi 6. Ipsum quaero in Libris tuis. Moyses de illo scripsit 7: hoc ipse ait; hoc Veritas ait.


  1. Rom. X, 12  ↩

  2. Psal. LXXIII, 16  ↩

  3. Psal. XXV, 7  ↩

  4. Psal. CXVIII, 85  ↩

  5. Psal. LXXIX, 18  ↩

  6. Coloss. II, 3  ↩

  7. Joan. V, 46 ↩

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