Traduction
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Bekenntnisse
25. Er wendet sich gegen die, welche die Erklärungen anderer kühn verwerfen.
Niemand belästige mich daher fürder mit den Worten: „Moses hat das nicht gemeint, was du sagst, sondern er hat das gemeint, was ich sage“. Denn wenn er zu mir spräche: „Woher weißt du denn, daß Moses das gemeint hat, was du über diese seine Worte vorbringst?“, so müßte ich es mit Gleichmut hinnehmen und ihm etwa antworten, was ich bereits oben sagte, vielleicht gar noch ausführlicher, wenn jener zu hartnäckig mir zusetzte. Wenn er aber sagt: „Das hat jener nicht gemeint, was du sagst, sondern was ich sage“, ohne dabei in Abrede zu stellen, daß unsere beiden Ansichten richtig sind, dann, o du Leben der Armen, mein Gott, in dessen S. 326 Herzen kein Widerspruch wohnt, dann träufle mir Sanftmut ins Herz, daß ich solche Menschen in Geduld ertrage; denn sie sagen mir solche Worte nicht, weil sie von deinem Geiste erfüllt sind und im Herzen deines Dieners gelesen haben, was sie sagen, sondern weil sie voll Stolz sind und die Ansicht des Moses nicht kennen, sondern nur die ihrige lieben, nicht weil sie die wahre, sondern weil sie die ihrige ist. Sonst würden sie ja eine andere wahre Ansicht ebenso gern gelten lassen, wie ja auch ich gern gelten lasse, was sie sagen wenn es nur wahr ist, nicht weil es ihr Ausspruch, sondern weil es wahr ist. Und weil ihre Ansicht wahr ist, deshalb gehört sie nicht mehr ihnen allein an. Wenn sie selbst deswegen ihre Ansicht lieben wollen, weil sie wahr ist, dann gehört sie bereits ihnen und mir an, da die Wahrheit Gemeingut aller ihrer Freunde ist. Solche Behauptungen aber, nicht das habe Moses gemeint, was ich sage, sondern was sie selbst sagen, liebe ich nicht, von solchen will ich nichts hören; denn auch wenn es so wäre, so ist doch ihre vermessene Behauptung keine Frucht ihrer Wissenschaft, sondern ihrer Überhebung; und kein prophetisches Schauen, sondern Hochmut hat sie erzeugt. Und deshalb, o Herr, sind deine Gerichte so furchtbar, weil deine Wahrheit nicht mir, nicht diesem oder jenem, sondern uns allen gehört; uns alle hast du öffentlich zur Teilnahme an ihr berufen mit der furchtbaren Warnung, sie nicht ausschließlich für uns beanspruchen zu wollen, da wir sonst ihrer verlustig gingen. Denn jeder, der für sich in Anspruch nimmt, was du allen zum Genusse bestimmst, und als sein alleiniges Eigentum ansehen will, was allen gehört, der wird von dem gemeinsamen Besitztum weg zu dem seinigen verwiesen, das ist von der Wahrheit zur Lüge. Denn wer „Lügen redet, der redet aus dem Seinigen“1.
Höre es, o Gott, du gütigster Richter und die Wahrheit selber, höre es, was ich einem solchen Widersacher entgegne, höre es; denn ich spreche vor deinem Angesichte und vor meinen Brüdern, die von „deinem Gesetze einen rechten Gebrauch“2 machen, um zu seinem S. 327 Endziele, der Liebe, zu gelangen; höre es und habe acht auf das, was ich ihm sage, wenn es dir gefällt. Denn dieses brüderliche und friedliche Wort will ich ihm sagen: „Wenn wir beide sehen, daß, was du sagst, Wahrheit ist, und beide auch sehen, daß, was ich sage, Wahrheit ist, woher, ich bitte dich, können wir das erkennen? Sicherlich weder ich in dir, noch du in mir, sondern wir beide in der unwandelbaren Wahrheit selbst, die weit über unsere Geister erhaben ist. Wenn wir also über das Licht selbst, das uns von Gott, unserm Herrn, kommt, nicht streiten, warum sollen wir denn über die Gedanken unseres Nächsten streiten? Denn diese können wir doch nicht so erkennen, wie die unwandelbare Wahrheit erkannt wird; käme selbst Moses und spräche zu uns: „So habe ich es gemeint“, so würden wir es dennoch nicht sehen, sondern müßten es glauben. So soll sich also keiner „über die Schrift und keiner hochmütig wider den andern erheben“3. Vielmehr lasset uns lieben „den Herrn unsern Gott, aus unserm ganzen Herzen, aus unserer ganzen Seele und aus unserm ganzen Gemüte und unsern Nächsten wie“4 uns selbst! Wenn wir nicht glauben, daß Moses auf Grund dieses doppelten Gesetzes der Liebe gedacht hat, was er sich bei Abfassung seiner Schriften gedacht hat, so machen wir Gott zum Lügner, da wir dann über den Geist unseres Mitknechtes anders denken, als er uns gelehrt hat. Sieh also, wie töricht die frevelhafte Behauptung ist, Moses habe aus einer so großen Anzahl ganz wahrer Ansichten, die man aus Worten entnehmen kann, gerade eine bestimmte beabsichtigt, wie töricht es ist, durch gefährliches Gezänk die Liebe selbst zu verletzen, um derentwillen jener, dessen Worte wir zu erklären wagen, alles gesagt hat.
Edition
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Confessiones
Caput 25
Nemo iam mihi molestus sit dicendo mihi: non hoc sensit Moyses, quod tu dicis, sed hoc sensit, quod ego dico. si enim mihi diceret: unde scis hoc sensisse Moysen, quod de his verbis eius eloqueris? aequo animo ferre deberem, et responderem fortasse, quae superius respondi vel aliquanto uberius, si esset curior. cum vero dicit: non hoc ille sensit, quod tu dicis, sed quod ego dico neque tamen negat, quod uterque nostrum dicit, utrumque verum esse, o vita pauperum, deus meus, in cuius sinu non est contradictio, plue mihi mitigationes in cor, ut patienter tales feram; qui non mihi hoc dicunt, quia divini sunt et in corde famuli tui viderunt quod dicunt, sed quia superbi sunt nec noverunt Moysi sententiam, sed amant suam, non quia vera est, sed quia sua est. alioquin et aliam veram pariter amarent, sicut ego amo quod dicunt, quando verum dicunt, non quia ipsorum, sed quia verum est: et ideo iam nec ipsorum est, quia verum est. si autem ideo ament illud, quia verum est, iam et ipsorum est et meum est, quoniam in commune omnium est veritatis amatorum. illud autem, quod contendunt non hoc sensisse Moysen, quod ego dico, sed quod ipsi dicunt, nolo, non amo, quia etsi ita est, tamen ista temeritas non scientiae, sed audaciae est, nec visus, sed typhus eam peperit. ideoque, domine, tremenda sunt iudicia tua, quoniam veritas tua nec mea est nec illius aut illius, sed omnium nostrum, quod ad eius communionem publice vocas, terribiliter admonens nos, ut nolimus eam habere privatam, ne privemur ea. nam quisquis id, quod tu omnibus ad fruendum proponis, sibi proprie vindicat, et suum vult esse quod omnium est, a communi propellitur ad sua, hoc est a veritate ad mendacium. qui enim loquitur mendacium, de suo loquitur. Adtende, iudex optime, deus, ipsa veritas, adtende, quid dicam contradictori huic, adtende; coram te enim dico et coram fratribus meis, qui legitime utuntur lege usque ad finem caritatis; adtende et vide, quid ei dicam, si placet tibi. hanc enim vocem huic refero fraternam et pacificam: si ambo videmus verum esse quod dicis, et ambo videmus verum esse quod dico, ubi, quaeso, id videmus? nec ego utique in te nec tu in me, sed ambo in ipsa quae supra mentes nostras est incommutabili veritate. cum ergo de ipsa domini dei nostri luce non contendamus, cur de proximi cogitatione contendimus, quam sic videre non possumus, ut videtur incommutabilis veritas, quando, si ipse Moyses apparuisset nobis atque dixisset: hoc cogitavi, nec sic eam videremus, sed crederemus? non itaque supra quam scriptum est unus pro altero infletur adversus alterum. diligamus dominum deum nostrum ex toto corde, ex toto anima, ex tota mente nostra, et proximum nostrum sicut nosmet ipsos. propter quae duo praecepta caritatis sensisse Moysen, quidquid in illis libris sensit, nisi crediderimus, mendacem faciemus dominum, cum de animo conservi aliter quam ille docuit opinamur. iam vide, quam stultum sit in tanta copia verissimarum sententiarum, quae de illis verbis erui possunt, temere adfirmare, quam earum Moyses potissimum senserit, et perniciosis contentionibus ipsam offendere caritatem, propter quam dixit omnia, cuius dicta conamur exponere.