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Bekenntnisse
6. Er gerät in die Netze der Manichäer.1
Daher geriet ich unter Menschen, die in wahnsinnigem Stolze tobten, überaus sinnlich und geschwätzig S. 46 waren. In ihrem Munde waren die Fallstricke des Satans; die Lockspeise aber hatten sie bereitet aus einer Mischung von Silben deines Namens, des Namens des Herrn Jesus Christus und des Heiligen Geistes, unseres Trösters. Diese Namen kamen nicht von ihren Lippen. Doch es war nur Schall und Getön ihrer Zunge; ihr Herz aber wußte nichts von der Wahrheit. Ihre Rede war zwar "Wahrheit" und wieder "Wahrheit", und ständig führten sie vor mir dieses Wort im Munde; aber nirgends war sie bei ihnen zu finden, Dafür brachten sie falsche Lehren vor, nicht nur über dich, der du in Wahrheit die Wahrheit bist, sondern auch über die Elemente der Welt, deine Geschöpfe, deren Auffassung und Darstellung durch die Philosophie ich - mochte sie auch auf Wahrheit beruhen - doch hätte bei Seite lassen sollen aus Liebe zu dir, höchster, bester Vater, du Schönheit alles Schönen. O Wahrheit, Wahrheit, wie innig seufzte schon damals meine Seele in ihrem Marke nach dir, als jene immer und immer wieder den bloßen Schall von dir in Reden und vielen gewaltigen Büchern S. 47 vernehmen ließen! Das waren die Schüsseln, in denen mir, da ich nach dir Hunger hatte, Sonne und Mond, deine schönen Werke, aufgetragen wurden; aber deine Werke nur waren es, nicht du. Und es waren nicht einmal die vorzüglichsten deiner Werke, denn die geistigen Werke behaupten immer den Vorrang vor den körperlichen, mögen sie auch noch so lichtbringend und himmlisch sein. Doch dürstete und hungerte ich auch nicht nach diesen höheren Werken, sondern nach dir selbst, o Wahrheit, in der "kein Wechsel und kein Schatten von Veränderlichkeit" ist 2. Dazu setzte man mir in jenen Schüsseln glänzende Phantasiegebilde vor. Dann war es wirklich besser, die Sonne, die sich doch tatsächlich unsern Augen bietet, zu lieben als jene Trugbilder eines wirren Geistes. Aber weil ich dich darin vermutete aß ich davon, nicht gerade begierig, denn ich schmeckte in meinem Munde nicht dein eigentliches Wesen - hattest du doch auch nichts zu tun mit jenen nichtigen Gebilden! -, und ich wurde davon auch nicht satt, sondern immer hungriger. Eine Speise im Traum gleicht aufs Haar einer Speise der Wachenden; und doch werden die Schlafenden nicht satt; sie schlafen eben. Aber jene Phantasiegebilde hatten gar keine Ähnlichkeit mit dir, wie du jetzt zu mir gesprochen hast, weil es Gebilde von Körpern waren, noch dazu von falschen Körpern, deren Wirklichkeit weit nachsteht der jener Körper, die wir mit leiblichen Augen sehen, mögen es nun himmlische oder irdische sein; denn ebenso wie wir sehen sie auch die Tiere und Vögel, und deshalb sind sie wirklicher, als wenn sie nur in unserer Einbildung beständen. Und wiederum haben diese Vorstellungen eine sicherere Grundlage, als wenn wir darauf Hypothesen noch größerer und unbegrenzter Dinge bauen, die tatsächlich gar nicht existieren. Solche Truggebilde sollten mich damals sättigen, aber ich wurde nicht satt. Aber du meine Liebe, an die ich mich lehne, um stark zu sein, bist weder die Dinge, die wir am Himmel sehen, noch die, die wir dort nicht sehen, weil sie dein Werk und nicht einmal dein höchstes sind. Wie weit entfernt also S. 48 bist du doch von jenen meinen Phantasiegebilden, Gebilden von Körpern, die gar nicht sind! Wahrhafter als diese sind die Vorstellungen wirklicher Körper, und wahrhafter als diese die Körper selbst; aber auch diese sind nicht du. Ebensowenig bist du die Seele, die den Körpern Leben gibt - daher ist das Leben der Körper gegründeter und sicherer als die Körper selbst -, sondern du bist das Leben der Seelen, das Leben alles Lebens, lebend aus dir selbst und ohne Wandlung, das Leben meiner Seele.
Wo also warest du nur damals und in welcher Ferne? Weit von dir zog ich in der Fremde umher, ausgeschlossen selbst von den Träbern der Schweine, die ich mit Träbern fütterte. Wie viel besser waren doch die Märchen der Dichter und Grammatiker als jene Fallgruben! Denn Vers und Gedicht und die fliegende Medea sind sicher nützlichere Dinge als die fünf Elemente3 mit ihren verschiedenen Farben wegen der fünf Höhlen der Finsternis, was alles gar nicht ist, aber den, der daran glaubt, tötet. Denn Vers und Gedicht können noch einen tatsächlichen Nutzen gewähren; und wenn ich selbst die fliegende Medea besang, so gab ich es doch noch nicht für Wahrheit aus; hörte ich aber sie besingen, so glaubte ich es nicht. Jene Dinge aber habe ich geglaubt, wehe, wehe mir! Auf welchen Stufen ließ ich mich in den Abgrund der Hölle hinabziehen! Wie mühte ich mich ab, wie glühte ich bei dem Verlangen nach Wahrheit, als ich dich, mein Gott, dir bekenne ich es, der du dich meiner erbarmt, als ich dich noch nicht bekannte - nicht mit der Einsicht meines Verstandes, durch welchen du mich vor den Tieren auszeichnen wolltest, sondern nach den Sinnen meines Fleisches suchte! Du aber warst innerlicher als mein Innerstes und höher als mein Höchstes4. Ich bin auf jenes S. 49 freche Weib ohne Klugheit, das Rätsel Salomons, gestoßen, das auf dem Stuhle an der Türe sitzt und also spricht: „Esset fröhlich hier verborgenes Brot und trinket verstohlen süßes Wasser“5. Es hat mich verführt, denn es fand mich, wie ich draußen im Auge meines Fleisches wohnte und in meinem Inneren nur wiederkäute, was ich durch dieses aufgenommen hatte.
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Genannt nach Mani, geb. um 216 n. Chr. In Babylonien, gekreuzigt 276 auf Befehl des persischen Königs Bahram I. Seine Lehre setzte sich zusammen aus chaldäischen, persischen, buddhistischen und christlichen Elementen und wurde von ihm in verschiedenen, jetzt verlorenen (nur Titel sind noch erhalten) Sendschreiben niedergelegt. Hauptstütze seines Systems ist der Satz: Von Ewigkeit gibt es zwei gleichwertige, ungezeugte, lebendige Wesen, deren eines gut (Licht, Geist), das andere böse (Finsternis, Materie) ist; jedes von beiden Wesen hat ein wohlgegliedertes, aus fünf Regionen bestehendes Reich, das von unzähligen Wesen bevölkert ist. Die sichtbare Welt und der Mensch entstand bei einem feindlichen Angriff des Reiches der Finsternis auf das Reich des Lichtes aus einer Vermischung des Lichtes und der Finsternis, indem die Fürsten der Finsternis Lichtteilchen, also Bestandteile Gottes, an sich rissen, in die Materie einschlossen und so den Menschen bildeten. Die Erlösung geschieht nach Mani durch die Befreiung der in der Materie eingeschlossenen Lichtteilchen und ihrer Zurückführung in das Lichtreich. Kernpunkt seiner Sittenlehre sind die drei Siegel des Mundes, der Hände und des Schoßes (tria signacula oris, manum et sinus). Da diese sich aber in ihren Folgerungen als praktisch unausführbar erwies, so kamen die Manichäer bald dazu, zwei Klassen oder Grade zu unterscheiden, die Klasse der Hörer (auditiones) und die der Auserwählten (electi). Schon Diokletian erliess Gesetze gegen sie, später die christlichen Kaiser Valentinian I.,II. und III., Theodosius, Honorius, Justinus, Justinian.Trotz aller Verfolgungen erhielt sich die Irrlehre doch fast 1000 Jahre; mit manichäischen Vostellungen durchsetzt sind vor allem die Irrlehren der Priszillianisten, Bogomilen, Albigenser, Waldenser und Katharer. ↩
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Jak. 1,17. ↩
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August. De haeres. C. XLVI: Quinque elementa, quae genuerunt principes proprios, genti tribunt tenebrarum; eaque elementa his nominibus nuncupant fumum, tenebras, ignem, aquam, ventum. In fumo nata animalia, bipedia, unde homines ducere originem censet, in tenebris serpentia, in igne quadrupedia, in aquis natalia, in vento volatalia. ↩
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die Seele. ↩
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Spr. 9,17. ↩
Edition
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Confessiones (PL)
CAPUT VI. A Manichaeis quomodo captus.
10. Incidi itaque in homines superbe delirantes, et carnales nimis et loquaces, in quorum ore laquei diaboli, et viscum confectum commixtione syllabarum nominis tui, et Domini Jesu Christi, et Paracleti consolatoris nostri Spiritus sancti. Haec nomina non recedebant de ore eorum, sed tenus sono et strepitu linguae; et caeterum, cor inane veri. Et dicebant, Veritas, [Col. 0687] et veritas: et multum eam dicebant mihi, et nusquam erat in eis; sed falsa loquebantur, non de te tantum, qui vere Veritas es, sed etiam de istis elementis hujus mundi creatura tua, de quibus etiam vera dicentes philosophos transgredi debui prae amore tuo, mi Pater summe bone, pulchritudo pulchrorum omnium. O Veritas, Veritas, quam intime etiam tum medullae animi mei suspirabant tibi, cum te illi sonarent mihi frequenter et multipliciter voce sola, et libris multis et ingentibus! Et illa erant fercula in quibus mihi esurienti te, inferebantur pro te sol et luna, pulchra opera tua; sed tamen opera tua, non tu, nec ipsa prima. Priora enim spiritualia opera tua, quam ista corporea, quamvis lucida et coelestia. At ego nec priora illa, sed teipsam, te, Veritas, in qua non est commutatio nec momenti obumbratio 1, esuriebam et sitiebam; et apponebantur adhuc mihi in illis ferculis phantasmata splendida, quibus jam melius erat amare istum solem, saltem istis oculis verum, quam illa falsa animo decepto per oculos. Et tamen, quia te putabam, manducabam; non avide quidem, quia nec sapiebas in ore meo sicuti es; neque enim tu eras figmenta illa inania; nec nutriebar eis, sed exhauriebar magis. Cibus in somnis simillimus est cibis vigilantium, quo tamen dormientes non aluntur; dormiunt enim: at illa nec similia erant ullo modo tibi, sicut nunc mihi locuta es; quia illa erant corporalia phantasmata, falsa corpora, quibus certiora sunt vera corpora ista quae videmus visu carneo, sive coelestia sive terrestria: cum pecudibus et volatilibus videmus haec; et certiora sunt, quam cum imaginamur ea. Et rursus certius imaginamur ea, quam ex eis suspicamur alia grandiora, et infinita, quae omnino nulla sunt, qualibus ego tunc pascebar inanibus; et non pascebar. At tu, amor meus, in quem deficio ut fortis sim, nec ista corpora es quae videmus, quanquam in coelo; nec ea es quae non videmus ibi, quia tu ista condidisti, nec in summis tuis conditionibus habes. Quanto ergo longe es a phantasmatibus illis meis, phantasmatibus corporum quae omnino non sunt! quibus certiores sunt phantasiae corporum eorum quae sunt; et eis certiora corpora, quae tamen non es: sed nec anima es, quae vita est corporum. Ideo melior vita corporum certiorque quam corpora. Sed tu vita es animarum, vita vitarum, vivens te ipsa, et non mutaris, vita animae meae.
11. Ubi ergo mihi tunc eras, et quam longe? Et longe peregrinabar abs te, exclusus et a siliquis porcorum, quos de siliquis pascebam 2. Quanto enim meliores grammaticorum et poetarum fabellae, quam illa decipula? Nam versus et carmen et Medea volans utiliores certe, quam quinque elementa varie fucata, propter quinque antra tenebrarum, quae omnino nulla sunt, et occidunt credentem. Nam versum et carmen etiam ad vera pulmenta transfero. Volantem autem Medeam etsi cantabam, non asserebam; [Col. 0688] etsi cantari audiebam, non credebam: illa autem credidi. Vae, vae! quibus gradibus deductus sum in profunda inferi? Quippe laborans et aestuans inopia veri, cum te, Deus meus (tibi enim confiteor, qui me miseratus es et nondum confitentem), cum te non secundum intellectum mentis, quo me praestare voluisti belluis, sed secundum sensum carnis quaererem. Tu autem eras interior intimo meo, et superior summo meo. Offendi illam mulierem audacem, inopem prudentiae, aenigma Salomonis, sedentem super sellam in foribus, et dicentem: Panes occultos libenter edite, et aquam dulcem furtivam bibite 3. Quae me seduxit, quia invenit foris habitantem in oculo carnis meae, et talia ruminantem apud me, qualia per illum vorassem.